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Gib mir deine Seele

Gib mir deine Seele

Titel: Gib mir deine Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeanine Krock
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Enthaltsamkeit ein Ende zu bereiten, doch nun wusste er, das Warten würde sich endlich gelohnt haben.
    Der Weg vom Place Alphonse Déville bis zur Rue des Beaux Arts, in der sich sein Hotel mit dem einprägsamen Namen L’Hôtel befand, führte ihn vorbei an Restaurants und Galerien. Der erste warme Abend in diesem Jahr hatte ihn dazu verleitet, zu Fuß zu gehen. Die Bäume am Boulevard Saint-Germain zeigten ein zaghaftes Grün, Touristen und Nachtschwärmer saßen noch in Cafés, flanierten oder bewiesen, dass mit dem Frühling tatsächlich die Liebe in Paris Einzug gehalten hatte.
    Constantin genoss den Spaziergang und empfand beinahe so etwas wie Wehmut, dass seine Wohnung seit mehreren Jahren vermietet war. Zumindest hatte er sie nicht verkauft, wie einige andere im Laufe der letzten Monate, und spätestens in drei Jahren würde er wieder einziehen können, sofern er es wollte.
    An Tagen wie diesen sehnte er sich nach einem städtischen Zuhause. Das Haus, in dem sich die großzügige Etagenwohnung befand, gehörte ihm ganz, und insgeheim dankte er seinem Finanzberater für dessen Weitsicht. Hier in Paris hatten Preise für luxuriöse Immobilien in alten Adelswohnsitzen schwindelerregende Höhen erreicht. Und so hatte es genügt, nur eines der zwei Gebäude, die er an den Champs-Élysées besaß, zu verkaufen. Vor wenigen Tagen hatte er dafür fünfhundert Millionen Euro von einem Unternehmen aus Quatar erhalten.
    Er benötigte das Geld für seine Projekte. Die Wirtschaft in Frankreich taumelte auf den Abgrund zu, und Gelder für die Kunst wurden knapp. Constantin wollte einen Teil des Erlöses in die Förderung junger Künstler investieren, außerdem finanzierte er eine Sonderausstellung, die bedeutende Stücke seiner Kunstsammlung präsentierte. Die Ausstellungseröffnung würde am kommenden Donnerstag unter dem Titel »Maîtres anonymes« im Grand Palais stattfinden.
    Natürlich hatte er nicht vor, seine eigene Anonymität als Besitzer eines Großteils der Gemälde aufzugeben. Selbst die Kuratorin kannte ihn nur als Mittler zwischen dem Museum und einem geheimnisvollen Sammler. Würde sich Pauline für ihn entscheiden, so wäre dies eine ideale Gelegenheit zu zeigen, dass sie ihm gehörte. Aller Welt, aber ganz besonders einer gewissen Gruppe von Connaisseurs, die immer auf der Jagd nach jungem Wild waren und früher oder später auf sie aufmerksam werden würden.
    Kurz bevor er in die Straße einbog, in der sein Hotel war, rief er Nicholas an, um ihn zu bitten, Paulines Reise zu arrangieren.
    »Die Fluglotsen wollen morgen streiken. Sie könnte Probleme bekommen.«
    Das brachte Constantin auf eine Idee. Sie wollte mit der U-Bahn fahren? Den Wunsch konnte er ihr erfüllen, und noch ein bisschen mehr.
    »Dann buchst du sie auf den Eurostar. Business Class. Wann fährt der?«
    Nachdem Nicholas ihm alle Verbindungen durchgegeben hat, gab er ihm die Anweisung, am Londoner Bahnhof auf Pauline zu warten, ihr das Ticket zu übergeben und sie zu informieren, dass sie am Gare du Nord abgeholt werden würde.
    »Soll ich einen Wagen schicken?«
    »Nein, ich fahre selbst.«
    »Du tust was?« Nicholas klang fassungslos.
    »Glaubst du, ich kann das nicht?«
    »Doch, natürlich«, beeilte sich Nicholas zu sagen. »Aber wann bist du das letzte Mal … ähm, eigenhändig durch Paris gefahren? Das dürfte ewig her sein.«
    »Du sagst es. Mach dir keine Gedanken, mich hinter das Steuer zu setzen, fiele mir im Traum nicht ein. Ich habe Lust, sie vom Bahnsteig abzuholen. Schick mir bitte rechtzeitig ein Taxi zum Hotel, vorher muss ich noch eine Besorgung erledigen.«
    »Ein Taxi. Wird gemacht.« Nicholas räusperte sich. »Ist alles in Ordnung mit dir?«
    »Hüte deine Zunge!«
    »Aye, Sire!«
    Wenig später betrat Constantin das elegante Hotelfoyer. Nach weiteren Telefonaten beendete er den Tag mit einem Glas seines Lieblingsdrinks, einem wertvollen Cognac, den ihm die Hotelleitung stets zu besorgen verstand.
    Das Gespräch mit Nicholas kam ihm während seiner kuriosen Taxifahrt am folgenden Tag erneut in den Sinn. Er hätte sich vielleicht doch für die dezente Limousine entscheiden sollen, die ihm hier in Paris zur Verfügung stand.
    Der Fahrer nannte sich Tataouine, nach einem Ort in Tunesien, den er nach eigenem Bekunden aber selbst noch nie gesehen hatte. Man müsse multikulturell sein, behauptete Tataouine. Er war vor zwei Jahren von der Karibikinsel Guadeloupe in die Metropole gekommen, redete ununterbrochen oder sang

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