Gib mir meinen Stern zurück (German Edition)
aus dem Häuschen. Die Wohnung war die pure Gemütlichkeit. Jauchzend warf er sich auf das breite Bett, das entsetzt quietschte, und rollte sich über die weichen Teppiche. David lehnte sich grinsend an eine Wand und erklärte ihm, dass das Schlafbedürfnis der Menschen auf der Erde viel höher sei, weswegen sie in kuscheligen, weichen Betten nächtigten und nicht auf schlichten Pritschen.
Nachdem Rafael mit seinem kleinen Computer völlig problemlos Kontakt zu Roger aufgenommen hatte, schälte er sich aus dem störrischen Raumanzug. Er schlüpfte in die fremdartigen Klamotten, die David für ihn bereitgelegt hatte, und scheuchte seinen neuen Verbündeten ungeduldig zur Wohnungstür hinaus. Seine anfängliche Nervosität war verpufft und hatte brennender Neugier Platz gemacht. Er wollte jetzt endlich Hollywood erobern!
Die nächsten zwei Wochen zogen an Rafael mit der Wucht eines Sonnensturms vorbei. Der Versuch, sich möglichst viel von dem einzuprägen, was David ihm vermittelte, bereitete ihm immer wieder heftige Kopfschmerzen. Er paukte Verkehrsregeln, lernte Redewendungen auswendig und zog sich beim Einkaufen mehrfach Davids Spott zu, da er ständig Hugo Boss und Giorgio Armani durcheinanderwarf. Aber wieso waren auch schwarze Anzüge, die einander glichen wie ein Ei dem anderen, mit einem Namen versehen? Rafael fand das mehr als suspekt. Und sogar Handtaschen und Socken erhoben auf diesem verrückten Planeten Anspruch auf eine Kennung!
Wie krank war das denn?
Zu Davids großer Freude war Rafael zum allerersten Mal buchstäblich sprachlos, als er einen Blick auf den endlosen grünblauen Pazifik und die kilometerlangen weißen Sandstrände erhaschte. Die winzigen roten Seen auf Siria erschienen ihm plötzlich wie Pfützen.
Doch nicht alle Begegnungen lösten ein solches Glücksgefühl aus. Geradezu am Boden zerstört war er, als er erfuhr, dass es auf der Erde weder Hobbits noch einen liebenswerten Vampir namens Edward und erst recht keinen Piraten namens Jack Sparrow gab. David stellte ihm zwar in Aussicht, ihn mit Johnny Depp bekannt zu machen, was ihn zunächst besänftigte – bis er erfuhr, dass die Titanic tatsächlich gesunken war. Und selbst Davids Beteuerungen, dass sich weder Kate noch Leonardo an Bord befunden hatten, stellten Rafaels emotionales Gleichgewicht nicht wieder her.
David machte ihn mit Los Angeles und der Umgebung vertraut und präsentierte ihm eines Abends Las Vegas. Und als sich Rafael in dem breiten weißen Ledersessel von Davids Privatjet lümmelte, strahlte er wie ein Honigkuchenpferd, denn die Reisegeschwindigkeit weckte die Erinnerung an seinen Gleiter – ohne Hinzunahme des Protonenschubs, versteht sich.
Las Vegas bei Nacht mit seinen gigantischen Hotels und Millionen Lichtern berauschte ihn im Nu. Doch schon, als er das erste Kasino betrat, brachten ihn das Rattern der Slotmaschinen und die flackernden Lichter beinahe um. Davids magische Show hingegen erschien ihm unspektakulär und durchschaubar, auch wenn das Publikum den Zauberer vom anderen Stern zu lieben schien. Der riesige Saal war bis zum letzten Platz ausverkauft, und die Menge tobte. Gigantische Plakate mit Davids Gesicht zierten das NGN-Hotel. Und zum ersten Mal las Rafael Davids Nachnamen: Chesterfield. Wirklich beeindruckend!
David musste den Nachnamen selbst gewählt haben, denn auf Siria herrschte aufgrund der geringen Bevölkerungszahl dafür kein Bedarf. Sofort ging Rafael im Kopf verschiedene Konstellationen durch: Rafael Bond vielleicht oder Rafael Mclane. Auch Rafael Sparrow war nicht von schlechten Eltern. Glücklich sah er seiner neuen Identität entgegen.
Doch die Show forderte ihren Tribut. Ihm schmerzte höllisch der Kopf, und er kam aus dem Husten kaum heraus. Das Stroboskoplicht, die dröhnende Musik sowie der künstliche Nebel hatten ihm so heftig zugesetzt, dass er an diesem Abend drei Kreuze machte, als er sich endlich in sein weiches Bett rollen konnte.
Manche Dinge flogen Rafael geradeso zu. Wie zum Beispiel das Autofahren. David behauptete zwar, noch nie so viel Knete für Geschwindigkeitsübertretungen berappt zu haben, aber nach zwei Wochen bretterte Rafael durch die Straßen der verschachtelten Metropole wie ein Profi, und hatte letztendlich auch kapiert, wie man mit mentaler Kraft Radargeräte außer Gefecht setzte. Obendrein war ihm klar geworden, dass man nicht wirklich einen Tiger in den Tank packen musste. Genau wie David ihn davon überzeugt hatte, dass es selbst mit einem
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