Gib mir meinen Stern zurück (German Edition)
einsetzte; so war die Gefahr am geringsten, entdeckt zu werden. Gesetzt den Fall, sie ließen ihn überhaupt zurück.
Er konnte es selbst kaum fassen, nach dem jahrelangen Junggesellendasein hatte er Blut geleckt. Er sehnte sich geradezu nach einer Partnerin, und vor allem lechzte er nach hemmungslosem Sex. Und bis er endlich Angelina in die Finger bekäme, konnte er unmöglich warten. Die Reizüberflutung auf der Erde war zu übermächtig. Er musste sich Erleichterung verschaffen.
Und so wie ihn die holde Weiblichkeit durch die Bank weg anstarrte, schien dies ein relativ einfaches Unterfangen zu sein. Da brauchte er nur an Clarissa zu denken. Die Frau hatte ihn zwar mit ihren unverblümten Avancen im ersten Moment aus der Bahn geworfen, doch er war überzeugt davon, dass sie ihm binnen kürzester Zeit aus der Hand fressen würde, sollte er den richtigen Schalter bei ihr umlegen. Aber vorerst war vor allem eines vonnöten: nämlich Zeit – und die musste er sich auf Teufel komm raus beschaffen.
Lügen entsprach mitnichten seinem Naturell, dazu war er viel zu kerzengerade erzogen worden. Er und sein zwei Jahre jüngerer Bruder Simon waren wohlbehütet, teilweise sogar ein bisschen verwöhnt, aufgewachsen. Ihr Vater, als wichtiges Mitglied des Regierungsrates, arbeitete zwar häufig rund um die Uhr, dafür las ihre Mutter ihnen jeden Wunsch von den Augen ab. Unter der Woche pflegten sie viel Zeit in den Schluchten zu verbringen, wo sie sich den kleinen Mondbären widmeten. Und am Wochenende betätigten sie sich sportlich, ob beim Weltraumfußball, Asteroidentennis oder dem jährlichen Planetenmarathon.
Zu seinem sechzehnten Geburtstag überraschte sein Vater ihn mit einem Orion Hochgeschwindigkeitsgleiter, und Rafael konnte endlich den spektakulären Rennsportveranstaltungen beiwohnen. Sehr zum Leidwesen seines kleinen Bruders, der zwangsläufig ab und an als Sozius mitfahren musste und ihm dann meistens nach der ersten Kurve in den Nacken kotzte. Denn im Gegensatz zu Rafael war Simon ein fürchterliches Weichei. Bei allem, was schneller Fahrt aufnahm als ein Dreirad, rebellierte sein Magen. Bei jedem harmlosen Flug durch die Krater wurde er seekrank und litt dann tagelang wie ein Hund. In dieser Beziehung waren sie definitiv nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt.
Bei dem Gedanken an Simon musste Rafael lächeln. Der Kleine war empfindlich wie eine Mimose und unselbstständig wie ein Rudel Mondbären, aber der gewiefteste Programmierer, den Siria je hervorgebracht hatte. Und er liebte ihn, wie man einen Bruder nur lieben konnte.
Liebe … Wie immer wenn er an Siria dachte, wanderten seine Gedanken zu Cara. Er hatte sie angebetet wie keine andere je zuvor. Kennengelernt hatten sie sich in einem Tierheim, in dem verletzte Mondbären, die ältesten Bewohner des kleinen Planeten, behandelt wurden. Genau wie er vergötterte Cara die verkuschelten Geschöpfe mit den großen, dunklen Knopfaugen und stattete den Heimen einen Besuch ab, wann immer ihr straffer Zeitplan es zuließ.
Als er Cara zum allerersten Mal erblickte, kniete sie auf dem Boden und kitzelte eins der Bärchen, das sich vor Lachen nahezu kringelte. Dieses Bild würde er in seinem ganzen Leben nicht vergessen. Es war unwiderruflich in sein Gedächtnis eingeprägt. Ihre langen dunklen Locken wippten dabei um ihren Kopf, ihre gleichmäßigen weißen Zähne blitzten im Licht der Ionenlampen, und selbst mit dem langweiligen pinkfarbenen Overall, der ihren Singlestatus anzeigte, war sie die erregendste Erscheinung, die ihm jemals vor Augen gekommen war. Ohne zu zögern, hatte er sich zu ihr hinuntergebeugt und sich vorgestellt.
Und als sie ihn voller Verwunderung anlächelte, war es um ihn geschehen. Erst Tage später war er zu der Erkenntnis gelangt, dass dies die Frau war, um die einige seiner Freunde seit Ewigkeiten buhlten. Was seinen Ehrgeiz, dieses rehäugige Geschöpf sein Eigen zu nennen, nur umso mehr angespornt hatte.
Von diesem Tag an trafen sie sich regelmäßig und unternahmen stundenlange Ausflüge, meistens begleitet von kleinen, brummeligen Mondbärchen, die irgendwann des Laufens müde waren und ihre Unlust mit klagenden Lauten kundtaten. Kein Jahr später machte er Cara am Rande eines verlassenen Kraters bei Sonnenuntergang einen Heiratsantrag, den sie ohne zu zögern annahm.
Sein Leben glich einem lebendig gewordenen Traum. Cara entwarf ihnen ein wunderschönes Haus, und sie zogen ohne weiteren Aufschub zusammen. Der Sex mit dieser
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