Gib mir meinen Stern zurück (German Edition)
Er benötigte dringend eine Waage und etwas leicht Verdauliches für Tristan, denn er hatte ja keine Ahnung, wie lange das Bärchen noch auf der Erde verweilen würde. Außerdem musste er massenhaft Alufolie besorgen, da Roger ihm auferlegt hatte, Tristan einen Schutzanzug zu basteln.
Natürlich – nichts leichter als das! Origami war schon immer eines seiner Steckenpferde gewesen. Was ein Glück, dass er nicht noch einen Umhang knüpfen musste. Roger sollte ihm mal verraten, mit welcher Armee er den unleidlichen Zappelphilipp dazu bewegen sollte, sich in Folie wickeln zu lassen.
Nach anfänglichen Beschwerden atmete der kleine Kerl zumindest wieder regelmäßig, und als Rafael auf Zehenspitzen aus der Wohnung geschlichen war, hatte das anhängliche Fellknäuel glücklich auf dem Sofa geschlummert. Doch er wollte sich gar nicht ausmalen, was passierte, wenn Tristan aufwachte und ob der fremden Umgebung Amok lief.
Dass der Kleine das Beamen ohne den Schutz eines Helmes und Raumanzugs unbeschadet überstanden hatte, grenzte laut Rogers Einschätzung an ein Wunder. Doch auf das Zurückbeamen wollte Roger sich erst einlassen, sobald er Tristans genaues Gewicht kannte und die Maschine justiert war. Rafael betete inständig, dass das Problem im Laufe des Tages behoben werden konnte, denn lange konnte er Tristan sicherlich nicht vor Valerie verbergen.
Mit quietschenden Reifen hielt er vor dem Einkaufszentrum und rauschte hinein. Aber nicht nur Tristans Anwesenheit war besorgniserregend, nein, auch Valerie hatte ihm heute Morgen einen gehörigen Schrecken eingejagt. Noch um neun hatte sie sich in den Federn herumgedrückt und einen apathischen, geradezu verwirrten Eindruck vermittelt. Ohne Zweifel hatte sie das Wiedersehen mit ihrem Ex-Mann völlig aus der Bahn geworfen. Und auf keinen Fall wollte er sie in diesem Zustand noch länger sich selbst überlassen. Sobald Tristan wieder zu Hause war, würde er sie ins Auto packen und mit ihr nach Zürich fahren. Sie benötigte dringend ein wenig Zerstreuung.
Er musste sich eingestehen, dass er die junge Frau mochte. Der Abend mit ihr war wunderschön gewesen, bis dieser Vollpfosten von Exmann aufgetaucht war. Rafael hatte Valerie zum ersten Mal herzhaft lachen gehört, und ihm war dabei richtiggehend das Herz aufgegangen. Nur was sollte aus ihr werden, falls er irgendwann mit Angelina die Erde verließe? Dann wäre sie gänzlich auf sich gestellt. Vor seinem geistigen Auge stiegen Bilder von David auf, und er atmete erleichtert auf.
Genau, das war es! David könnte ihr mit seinen Beziehungen einen Job besorgen und sie unter seine Fittiche nehmen. Bei der Vorstellung jedoch, dass David das auf seine ganz spezielle Art und Weise interpretieren würde, verdüsterte sich Rafaels Laune wieder. Und obwohl er David schätzte, irritierte ihn die Tatsache, dass der Magier ein Auge auf Valerie geworfen hatte. Vermutlich, weil dieser einfach zu viele Eisen im Feuer hatte .
Schon als er das Auto vor der Garage zum Stillstand brachte, hörte er ein lautes Jaulen.
O nein, Tristan!
Was sollte er Valerie nun wieder für ein Ammenmärchen auftischen? Denn dass sie das Gequietsche gehört hatte, stand außer Frage. Dass er das Tier in Pflege hatte? Er es verängstigt und ausgehungert auf einem Rastplatz gefunden hatte? Oder das, was der Wahrheit am nächsten kam: es einfach so vom Himmel gepurzelt war?
Erschwerend kam hinzu, dass Mondbären auf der Erde keine gängige Tierart darstellten. Außer Chamäleons, Fröschen, Geckos und ein paar exotischen Fischarten, wechselte – seines Wissens nach – kein Geschöpf ständig die Farbe. Und da Valerie viel in der Welt herumgekommen war, würde sie sicherlich auch einen südostasiatischen oder polynesischen Ursprung infrage stellen.
Panisch stürmte er die Wohnung – und blieb gleich darauf wie angewurzelt stehen. Valerie klebte verängstigt in der hintersten Ecke seines Wohnzimmers an der Wand. Vor ihr auf dem Boden hockte Tristan, grell orange gefärbt, und wedelte beschwingt mit dem kleinen Stummelschwänzchen. An der Farbe seines Fells war unschwer zu erkennen, dass er außer sich vor Freude über die unerwartete Besucherin war. Doch da diese das nicht zu kapieren schien und ihm jegliche Streicheleinheiten vorenthielt, jaulte er sie vorwurfsvoll an.
„Rafael, hilf mir! Was ist das für ein Monster?“, schrie sie entsetzt.
„Tristan, hierher!“
Und tatsächlich, seine Erziehungsmaßnahmen hatten gefruchtet. Der kleine Bär ließ
Weitere Kostenlose Bücher