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Gib's mir

Gib's mir

Titel: Gib's mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristina Lloyd
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ich. Ich konnte nicht anders, als nervös zu sein, war aber entschlossen, es nicht zu zeigen. Bei diesem Kerl wollte ich wirklich die Oberhand behalten. «Ich weiß überhaupt nicht, wer du bist. Ich habe deine Nummer gar nicht. Und überhaupt, warum sollte –?»
    «Lügnerin», fiel er mir ins Wort. Seine Stimme verriet, dass er lächelte. «Du hast sehr wohl meine Nummer. Du hast in deiner Anruferliste nachgesehen. Versuch nicht, mir zu erzählen, das hättest du nicht getan.»
    «Woher weißt du das?» Ich hörte meine Frage, misstrauisch und unsicher, so als wollte ich ihn geheimnisvoller Weissagerei bezichtigen.
    «Weil du nicht blöd bist», sagte er. Seine Stimme war tief, und er sprach langsam, unglaublich erregend. «Also? Warum hast du mich nicht angerufen?»
    «Aber du warst doch gar nicht zu Hause seit –» Scheiße. Idiotin. Überleg dir doch vorher, was du sagst, Beth.
    «Ahhh», sagte er, wissend und süffisant.
    Also wusste er, dass ich beobachtet hatte, was er tat. Ich versuchte, mich irgendwie rauszureden. «Na egal, jedenfalls kenne ich dich nicht. Warum sollte ich dich anrufen? Du könntest irgendein Verrückter sein. Einer, der sich daran aufgeilt, Leute beim Ausziehen zu beobachten. Oder ein … Gardinenfetischist. Oder … Wer bist du? Was willst du?»
    Verdammt. Das Hollywood-Klischee. Behalt einen kühlen Kopf, Beth. Lass nicht zu, dass er dich einschüchtert.
    «Ilya», antwortete er. «Ilya Travis, wenn du auch meinen Nachnamen für wichtig hältst.»
    Ich war versucht, seinen Namen zu wiederholen. Ich mochte ihn. Also legte ich meine Hand über die Sprechmuschel und hielt den Hörer ein Stückchen von mir fort. «Ilya», sagte ich, ganz ruhig. «Ilya.» Ich mochte, wie meine Zunge dabei Wellen schlug, sich an meinen Gaumen presste und dann zum Schluss beim «ya» zurückzog, so als würde ich seinen Namen einsaugen.
    «Ist das ein ausländischer Name?», fragte ich. Natürlich ist er das, rief eine Stimme in meinem Innern.
    «Travis?», sagte er. «Nein, das ist ein ganz normaler eng …»
    «Du weißt genau, was ich meine», sagte ich, ein bisschen angepikt von seinem Sarkasmus.
    «Ja, natürlich weiß ich das.» Er machte eine Pause. Ich setzte mich aufs Sofa und lehnte mich zurück. Das Telefonkabel schlängelte sich über den Boden. Er war offenbar nicht besonders erpicht darauf, diese Frage zu beantworten. Sein Schweigen, seine Weigerung, sich zu öffnen, beunruhigten mich.
    «Woher weißt du, wer ich bin?», fragte ich.
    «Körpersprache», sagte er, und wieder lag dieses Lächeln in seiner Stimme.
    Hatte er das mit großen Anfangsbuchstaben gesagt? KörperSprache? Meinte er, dass er mich aus meinem Club kannte? Oder bezog er das auf mich persönlich, auf die Sprache meines Körpers? Vielleicht hatte ich ihn mal irgendwo getroffen, ein bisschen geflirtet, aber nicht genug, dass ich ihn nach seinem Namen gefragt hatte. War er eine Art Körperspracheexperte? Hatte er in meine Seele gesehen, nur weil ich meinen Kopf in einer bestimmten Art und Weise geneigt, meine Beine gekreuzt hatte? Herrje. War es das, was er meinte, wenn er von «kennen» sprach – so tiefgründiges Zeug, nicht bloß die Sachen, die auch in meinem Pass stehen?
    «Es gibt nicht sehr viele B. Bradshaws im Telefonbuch», erklärte er und unterbrach damit mein sorgenvolles Schweigen.
    «Aber ich stehe doch noch gar nicht drin», gab ich zurück.
    «Ich hab in deiner alten Wohnung angerufen. Jemand hat mir deine neue Nummer gegeben.»
    «Oh, verstehe», sagte ich und nahm mir vor, meine Freundinnen zu ermahnen, nicht so freizügig mit Informationen über mich umzugehen.
    «Woher kommt das ‹Beth›?», fragte er. «Du bist bestimmt keine ‹Elisabeth›. Heißt du einfach nur so Beth? Oder steht das für –»
    «Bethany», unterbrach ich ihn, erleichtert, mich auf sichererem Grund bewegen zu können. Ich schob ein Kissen beiseite, um mich der Länge nach auf dem Sofa ausstrecken zu können. «Aber ich finde die Kurzform schöner. Ich bin irgendwie keine Bethany. Ich bin Beth. Mein Vater wollte aber gern Bethany, weil –»
    «Keine Geschichten aus deiner Vergangenheit», sagte er bestimmt. «Ich möchte nichts über deine Eltern wissen oder über dein Zwergkaninchen. Ich will nicht erfahren, wo du geboren bist oder unter welchem Sternzeichen. Ich mag die Reinheit. Leute so zu nehmen, wie sie mir begegnen. Sehr viel interessanter.»
    «Vielleicht», antwortete ich und ließ mich damit auf eine Konversation

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