Gideon Crew 01 - Mission - Spiel auf Zeit
Und sagen Sie Ihre Gebete auf.«
»Tun Sie’s nicht.«
Dajkovic schob eine Patrone in die Kammer.
Gideon versuchte mit aller Kraft, klar zu denken, den Nebel in seinem Kopf zu vertreiben. »Was wissen Sie schon über mich, außer dem, was Tucker Ihnen gesagt hat? Herrgott noch mal, können Sie denn keinen eigenständigen Gedanken fassen?«
Dajkovic hob die Waffe und schaute ihm in die Augen. Gideon merkte, dass ihn Verzweiflung zu überwältigen drohte. Wenn er starb, würde seinem Vater niemals Gerechtigkeit widerfahren und Tucker niemals seine Quittung bekommen.
»Sie sind kein Mörder.«
»Für Sie mache ich da eine Ausnahme.« Dajkovic straffte den Finger am Abzug.
»Wenn Sie mich umbringen, dann tun Sie mir wenigstens einen Gefallen. Nehmen Sie das Kuvert an sich. Überprüfen Sie die Geschichte, die ich Ihnen erzählt habe.
Halten Sie sich an die Beweise
. Und tun Sie dann, was Sie für richtig halten.«
Dajkovic hielt inne.
»Suchen Sie jemanden, der achtundachtzig dabei war. Sie werden erkennen, dass mein Vater kaltblütig erschossen wurde, als er die Hände weit oben hatte. Und dieses Gutachten – es ist echt. Auch das werden Sie am Ende feststellen. Denn wenn Sie mein Leben beenden, müssen Sie auch die Verantwortung dafür übernehmen, dass die Wahrheit ans Licht kommt.«
Mit einem Mal betrachtete Dajkovic ihn auf seltsam eindringliche Weise. Aber er drückte nicht ab – noch nicht.
»Hört sich das glaubwürdig für Sie an? Nicht, dass jemand, der in Los Alamos den Status eines Geheimnisträgers genießt, keine Geheimnisse an al-Qaida verrät – das ist möglich. Nein, ich meine, würde General Tucker darüber Bescheid wissen? Und
Sie
darum bitten, sich um die Sache zu kümmern? Ergibt das wirklich Sinn?«
»Mr. Crew, Sie haben mächtige Freunde.«
»Mächtige Freunde? Wen denn?«
Langsam senkte Dajkovic die Schrotflinte. Sein Gesicht war schweißgebadet, und er war blass. Es sah fast so aus, als wäre ihm übel. Und dann griff er – während er jählings niederkniete – nach dem Messer in Gideons Schulter.
Gideon wandte sich ab. Er hatte versagt. Dajkovic würde ihm die Kehle durchschneiden und seine Leiche im Dreck liegen lassen.
Dajkovic packte das Messer und zog es aus der Wunde.
Gideon schrie auf. Es war ein Gefühl, als ob er soeben von einem glühenden Bügeleisen angesengt worden wäre.
Doch Dajkovic hob nicht das Messer, um nochmals zuzustechen. Stattdessen zog er sein Hemd aus und schnitt es mit Hilfe des Messers in Streifen. Gideon, in dessen Kopf sich vor Schmerz und Überraschung alles drehte, sah zu, wie Dajkovic ihm mit den Stoffstreifen die Schulter verband.
»Halten Sie mal fest.«
Gideon drückte die Stoffstreifen auf die Wunde.
»Am besten, ich fahre mit Ihnen in ein Krankenhaus.«
Gideon nickte. Schwer atmend griff er sich an die bandagierte Schulter. Das Blut sickerte schon durch. Er versuchte, den sengenden Schmerz zu überwinden, der jetzt, da das Messer herausgezogen war, heftiger wurde.
Dajkovic half ihm auf die Beine. »Können Sie gehen?«
»Von hier führt der Weg nur bergab.«
Halb trug, halb zog Dajkovic ihn den steilen Berghang hinunter. Nach einer Viertelstunde trafen sie an Dajkovics Wagen ein. Dajkovic half Gideon auf den Beifahrersitz, wodurch das Sitzleder mit Blut verschmiert wurde.
»Ist das ein Mietwagen?«, fragte Gideon. »Sie werden Ihre Kaution verlieren.«
Dajkovic schloss die Tür, ging um den Wagen herum, setzte sich hinters Steuer und drehte den Zündschlüssel. Sein Gesicht wirkte blass, verschlossen, grimmig.
»Dann glauben Sie mir also?«, fragte Gideon.
»Das könnte man so sagen.«
»Und wieso haben Sie Ihre Meinung geändert?«
»Das ist leicht zu beantworten«, sagte Dajkovic, während er rückwärts aus der Parklücke fuhr. Er legte den Vorwärtsgang ein. »Wenn einem Menschen klar ist, dass er stirbt, wird alles auf das Wesentliche reduziert. Gereinigt. Kein Bullshit mehr. Ich habe das in Gefechten selbst erlebt. Und ich habe es in Ihrem Blick gelesen, als Sie glaubten, ich würde Sie töten. Ich habe Ihren Hass gesehen, Ihre Verzweiflung – und Ihre Aufrichtigkeit. Da habe ich gewusst, dass Sie die Wahrheit sagen. Und das bedeutet …« Er zögerte, gab Vollgas, Reifengummi quietschte auf dem Asphalt, der Wagen schoss nach vorn. »Und das bedeutet«, sagte er abschließend, »dass Tucker mich angelogen hat. Und das macht mich wütend.«
11
»Was zum Teufel soll das?«
General Tucker erhob sich rasch, als
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