Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition)

Titel: Gier (Ein Paul-Kalkbrenner-Thriller) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Krist
Vom Netzwerk:
Probleme, Auseinandersetzungen, Drohungen, Gewalt, nicht körperlich, eher verbal, seine Angst, Depressionen … Willst du noch mehr hören? Meinst du, das konnte er so einfach abschütteln?«
    Kalkbrenner entsann sich des Gesprächs mit Ellen beim Frühstück.
Tod, Gewalt, Brutalität. Es war schwer, davon loszulassen.
»Nein, du hast recht.«
    »Du sprichst aus eigener Erfahrung, oder?«
    Dass sie ihn so leicht durchschaute, hatte er damals schon an ihr bewundert – und gehasst.
    Sie schien seine Verunsicherung zu spüren. »Es war nicht einfach«, sagte sie. Er war sich nicht sicher, was sie damit meinte. Ihre Stimme zitterte ein wenig. »Aber was spielt das für eine Rolle?«
    »Keine«, sagte er. Nicht nach all dem, was er zwischenzeitlich über ihren Mann erfahren hatte. Besänftigend legte er seine Hand auf ihren Arm. Sie griff nach seiner Hand und umschloss sie dankbar mit ihren Fingern.
    Mit der freien Hand steuerte er den Wagen zum Alexanderplatz. Dort bog er auf die Prenzlauer Allee Richtung stadtauswärts ein. Nach einer Weile fragte Judith: »Wohin fahren wir überhaupt?«

69
    Von Hirschfeldt gähnte. Anton Heiland, Bürgermeister in spe, bedachte ihn mit einem tadelnden Blick. Wie immer erwiesen sich die Verhandlungen zur Koalitionsarbeit im Berliner Senat als zäh. Der Verhandlungsführer der FDP beanspruchte mindestens drei Senatorenposten für seine Partei, Heiland war jedoch nicht bereit, mehr als zwei der Ämter abzugeben.
    »Das ist inakzeptabel«, wehrte der Sprecher der Liberalen ab. Er verteilte Kopien mit den Wahlergebnissen. Die Papiere zierten eine Menge Tortendiagramme, dazu Prozentangaben und noch mehr Tabellen. »Die Auszählungen haben ergeben, dass wir unseren Anteil an Stimmen deutlich steigern konnten. Mindestens um zehn Prozent!«
    »Mag sein«, hielt Heiland entgegen, »aber gemessen an den Wählern, die wir für uns gewinnen konnten, geht es hier nur um …«
    Von Hirschfeldt schaltete für einige Minuten ab. Es war das übliche Geplänkel. Bis zum Erbrechen wurde um Ziffern hinter dem Komma gefeilscht, nur um den Leuten draußen auf der Straße im Anschluss feierlich erklären zu können, man habe das Beste für sie und alle Beteiligten herausgeholt.
    Von Hirschfeldt wollte nicht diskutieren, er wollte handeln. Er war froh, als sein Handy klingelte. Als er die Nummer auf dem Display erkannte, erklärte er: »Es tut mir leid, aber wir müssen die Sitzung unterbrechen.«
    Dem Verhandlungsführer der FDP, der gerade weitere Zahlenspielereien herunterbetete, war sein Missfallen anzusehen, doch es war Anton Heiland, der ihn anfuhr: »Frieder, das geht jetzt wirklich nicht.«
    »Es ist wichtig.«
    Heiland sprang auf. »Na gut. Entschuldigt!«, rief er in die Runde. »Kleine Pause.« Ärgerlich folgte er von Hirschfeldt auf den Flur. »Frieder, was soll das?«
    Von Hirschfeldt bedeutete ihm mit einer Handbewegung, kurz zu warten, und nahm das Gespräch entgegen. Aus dem Hörer erklang Harenstetts Stimme: »Ihre Glückssträhne hält an.«
    »Haben Sie ihn?«
    »Ja, schneller, als wir gedacht haben.«
    »Wo ist er?«
    »Wie vereinbart in der Vollzugsanstalt Moabit.« Von Hirschfeldt glaubte, ein zufriedenes Kichern zu hören. »Dort sitzt er unter höchster Sicherheitsstufe. Das heißt, 23 Stunden Zelle am Tag und mit viel Glück ein einstündiger Hofgang.«
    »Sehr schön. Kann ich zu ihm?«
    »Was sollte das bringen?«
    Seine Bitte entsprang einem einzigen Beweggrund: Von Hirschfeldt wollte sich die Genugtuung gönnen, dem Schurken ins Gesicht zu schauen, während er in der Zelle schmorte. Und wer konnte das besser nachempfinden als Harenstett, der selbst seit Jahren vergeblich gegen Dossantos ermittelt hatte? Deshalb gestand ihm von Hirschfeldt: »Genugtuung. Sonst nichts.«
    »Hm«, murmelte Harenstett, aber es erinnerte erneut an ein Kichern. »Ich weiß nicht, ob ich das für eine gute Idee halten soll.«
    »Kommen Sie, was soll schon passieren?«
    »Na gut«, willigte der LKA-Beamte endlich ein. »Nur eins noch: Es reicht, wenn Dossantos erst morgen früh beim Haftprüfungstermin erfährt, was wir gegen ihn in der Hand haben. Verraten Sie ihm also nichts.«
    »Was sollte er noch dagegen tun können?«
    »Sie wissen doch: Der Teufel ist ein Eichhörnchen.«
    Diesmal lachte von Hirschfeldt über den Witz. Erst Heilands zornige Stimme holte ihn zurück in den Preußischen Landtag: »Herrgott, Frieder, was denkst du dir dabei?«
    »Wie bitte?«
    »Du bist Fraktionsvorsitzender.

Weitere Kostenlose Bücher