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Gier, Kerstin

Gier, Kerstin

Titel: Gier, Kerstin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Smaragdgruen (Liebe geht durch alle Zeiten Bd 3)
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Als ich - verspätet, weil ich noch ewig nach Mums
Concealer hatte suchen müssen, um meine Augenschatten wegzuschminken - zum
Frühstück in den ersten Stock hinunterwankte, fing sie mich im Flur ab und zog
mich in ihr Zimmer.
    »Stimmt
was nicht?«, fragte ich und wusste, dass ich mir die Frage hätte sparen können.
Wenn Tante Maddy um halb acht auf war, dann stimmte etwas ganz und gar nicht.
Sie war völlig zerzaust und einer ihrer beiden Lockenwickler, die ihr die
blonden Haare aus der Stirn halten sollten, hatte sich gelöst und hing nun halb
über dem Ohr.
    »Oh Gwendolyn,
mein Mädchen, das kann man wohl sagen.« Tante Maddy ließ sich auf ihr
ungemachtes Bett sinken und starrte mit dramatisch gerunzelter Stirn auf das
Streublümchenmuster der lavendelfarbenen Tapete. »Ich hatte eine Vision!«
    Nicht
schon wieder.
    »Lass mich
raten - jemand hat ein Herz aus Rubin unter den Absätzen seines Stiefels
zermalmt«, schlug ich vor. »Oder vielleicht war da auch ein Rabe, der gegen ein
Schaufenster voller ... äh ... Uhren geflogen ist?«
    Tante
Maddy schüttelte den Kopf, dass die Löckchen flogen und nun auch der zweite
Lockenwickler in gefährliche Schieflage kam. »Nein, Gwendolyn, damit darfst du
keine Scherze machen! Diese Visionen - manchmal weiß ich vielleicht nicht, was
sie bedeuten, aber im Nachhinein haben sie sich immer als richtig
herausgestellt.« Sie griff nach meiner Hand und zog mich zu sich heran. »Und
diesmal war es so eindeutig. Ich sah dich, in einer blauen Robe mit weit
schwingendem Rock, und überall waren Kerzenlicht und Geigenmusik.«
    Ich konnte
nicht verhindern, dass ich eine Gänsehaut bekam. Es reichte nicht, dass ich
sowieso schon ein ungutes Gefühl wegen dieses Balls hatte. Jetzt musste Tante
Maddy auch noch eine Vision haben. Ich hatte ihr weder von dem Ball erzählt
noch von der Farbe des Ballkleides.
    Tante
Maddy war zufrieden, dass sie endlich meine volle Aufmerksamkeit hatte. »Zuerst
wirkte alles ganz friedlich, alle tanzten, auch du, aber dann sah ich, dass
der Tanzsaal keine Decke hatte. Über dir am Himmel brauten sich fürchterliche
schwarze Wolken zusammen, aus denen sich ein riesiger Vogel löste, bereit, auf
dich niederzustoßen«, fuhr sie fort. »Und als du fliehen wolltest, ranntest du
direkt hinein ... ach, es war fürchterlich! Überall Blut, alles war rot vor
Blut, sogar der Himmel färbte sich rot und die Regentropfen waren auch nichts
weiter als Blut...«
    »Ähm,
Tante Maddy?«
    Sie rang
die Hände. »Ja, ich weiß, meine Liebe, es ist furchtbar grausam und ich hoffe
sehr, es bedeutet nicht das, was vielleicht am naheliegendsten wäre ...«
    »Du hast
etwas übersprungen, glaube ich«, unterbrach ich sie wieder. »Wohinein bin ich
... na ja, ist die Gwendolyn in deinem Traum denn nun gerannt?«
    »Kein
Traum! Es war eine Vision.« Tante Maddy riss die Augen, wenn überhaupt
möglich, noch weiter auf. »In ein Schwert. Du bist direkt hineingerannt.«
    »Ein
Schwert? Und wo kam das her?«
    »Das ...
hing da einfach in der Luft, glaube ich«, sagte Tante Maddy und fuchtelte mit
der Hand vor meinem Gesicht herum. »Aber darauf kommt es doch auch nicht an«,
fuhr sie leicht verärgert fort. »Sondern auf das viele Blut!«
    »Hm.« Ich
setzte mich neben sie auf die Bettkante. »Und was genau soll ich jetzt mit
diesen Informationen anfangen?«
    Tante
Maddy sah sich um, angelte vom Nachttisch die Dose mit ihren Zitronenbonbons
und steckte sich eins in den Mund.
    »Ach,
Liebes, das weiß ich doch auch nicht. Ich dachte nur, vielleicht hilft es dir .
.. als Warnung ...«
    »Ja. Ich
werde versuchen, nicht in ein Schwert zu rennen, das in der Luft hängt, ich
versprech's.« Ich gab Tante Maddy einen Kuss und stand wieder auf. »Und du
solltest vielleicht noch ein bisschen schlafen - es ist doch gar nicht deine
Zeit.«
    »Ja, das
sollte ich wohl.« Sie streckte sich lang aus und zog die Bettdecke über sich.
»Aber nimm das nicht auf die leichte Schulter«, sagte sie. »Bitte, pass auf
dich auf.«
    »Mach
ich.« An der Tür drehte ich mich noch einmal um. »Und ...«, ich räusperte mich,
»ein Löwe kam nicht zufällig in deiner Vision vor? Oder ein Diamant? Oder die
... Sonne vielleicht?«
    »Nein«,
sagte Tante Maddy, die Augen schon geschlossen. »Dachte ich es mir doch«,
murmelte ich und zog leise die Zimmertür hinter mir zu.
     
    Als ich an
den Frühstückstisch kam, fiel mir sofort auf, dass Charlotte fehlte.
    »Das arme
Mädchen ist krank«, sagte Tante Glenda.

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