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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Dort ist man bemüht hervorzuheben, wie schlecht es läuft. Man möchte, dass das Gerücht an die Öffentlichkeit dringt, allerdings auf indirektem Weg.
    Aber weshalb tut man so etwas? Warum gibt man vor, es liefe schlechter, als es tatsächlich läuft?
    Natürlich, weil man dafür Geld bekommt. Oder besser gesagt: weil man dafür in Kürze Geld bekommen wird. Warum? Und wann?
    Ich glaube, dass ich etwas Klarheit in diese Sache bringen konnte. Denn jetzt beginnt sich langsam ein Muster abzuzeichnen. In gut einer Woche werden in London die zwanzig reichsten Nationen zusammenkommen, um über die Finanzkrise und mögliche Abwehrinstrumente zu diskutieren. Bei diesem Treffen werden eine ganze Menge Gelder freigesetzt – wahnwitzige Summen, um genau zu sein: Billionen von Dollar. Der ungeheuerlichste Betrag, den die Welt je gesehen hat, wird von den Staatskassen der einzelnen Nationen an Geschäftsbanken, Investmentbanker und Schattenbanken über die ganze Welt verteilt. Global. Das ist das Ziel des London Summit, des G20-Gipfels in London.
    In den USA werden Unterstützungen, die der Höhe des Bruttonationaleinkommens kleinerer Länder entsprechen, an schlecht geführte Banken und verantwortungslose Bankiers transferiert, die nie auf den Gedanken kommen würden, auf ihre Bonifikationen zu verzichten, unabhängig davon, wie es um ihre Bank steht.
    Aber das war es nicht, was ich auf Bs Computer entdeckt habe. Ich habe keine arme Bank gesehen, sondern eine reiche Bank – in kreativer Zusammenarbeit mit einem Minotaurus.
    Aber ich nehme die Dinge vorweg, meine Liebe. Unser Gedächtnistraining damals in Harvard ist mir da zugutegekommen. Wir waren ja am Ende Spitze darin, uns Zahlenkombinationen zu merken. Das hat uns in einer männerdominierten Welt den notwendigen Vorsprung verschafft, den wir brauchten. Und in der Bank war es uns ebenfalls von Nutzen. Wie viele Kontonummern konnten wir eigentlich auswendig? Wie unabkömmlich haben wir uns damit nur gemacht?
    Es war eine Kontonummer aus dieser Zeit, die ich gesehen habe. Ich habe sie auf Bs Bildschirm unmittelbar wiedererkannt. Aber sie hätte dort nicht stehen dürfen. Das Konto hätte längst aufgelöst sein müssen. Seit dem 11. September 2001.
    Die Nummer des Monsters.
    Die Kontonummer stand in Verbindung mit einer anderen, die ich noch nie zuvor gesehen hatte, doch allein auf diesem einen Konto war Geld genug, um die Bank zu retten, so viel kann ich Dir sagen, allerdings finde ich die Gelder nirgendwo anders wieder. In keinem Bericht. Und dennoch handelt es sich – ohne jeden Zweifel – um ein Konto bei unserer Bank.
    Ich habe die beiden Nummern zwar nur für den Bruchteil einer Sekunde gesehen. Aber ich weiß genau, dass ich sie gesehen habe.
    Als ich aber danach zu suchen begann, existierten sie nicht. Weder die von Minotaurus noch die des Unbekannten.
    Die unbekannte Kontonummer hat es laut Bankdaten nie gegeben, und das Konto von Minotaurus wurde im September 2001 komplett aufgelöst.
    Und dennoch gab es sie.
    Ich werde Dir meine Schlussfolgerungen erst in der nächsten Mail schreiben. Vielleicht kannst Du mir helfen, die Zusammenhänge zu verstehen. Ich will nicht allein darüber nachdenken müssen. Es würde mich wahrscheinlich verrückt machen.
    Aber ich muss noch tiefer hinein. Tiefer in das Labyrinth.
    Weil ich weiß, dass Du dort draußen stehst und das Knäuel in der Hand hältst, auch wenn es Dir nicht gerade leichtfällt, kann ich mich weitertrauen.
    Meine Liebe, denk an mich.
    Küsschen von Deiner
    Ariadne

Kontakt
Den Haag, 7. April
    Obwohl sie immer noch recht viele waren, machte die Bürolandschaft einen merkwürdig verlassenen Eindruck. Doch dass Jutta Beyer schlicht und einfach ihren Chef vermisste, ging über die Grenzen ihrer Selbsterkenntnis hinaus. Über die ihres neuen Arbeitspartners jedoch nicht. Er hatte schließlich auch einige Jahre mehr auf dem Buckel als sie.
    Arto Söderstedt konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen, als er sah, wie sich ihr Blick zum vierten Mal innerhalb der letzten Viertelstunde auf die dunklen Glasscheiben des Chefbüros richtete. Er gestattete sich, seinen Oberkörper zu strecken, seine neu erstandene holländische Lesebrille zur Seite zu legen, sich eine Weile mit gefalteten Händen im Nacken zurückzulehnen und über sein Leben nachzudenken.
    Er hatte fünf Kinder, von denen

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