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Gier

Gier

Titel: Gier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arne Dahl
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Voreingenommenheit bestätigt und schlug vor: »Lass uns deinen Gedankengang doch einmal weiterführen. Der Direktor von Endymion , Carl-Henric Stiernmarck, hat sich deiner Auffassung nach also an die Ökomafia gewandt, um seine bromierten Flammschutzmittel loszuwerden. Die italienische Mafia hat sich daraufhin der Gifte angenommen und sie nach Lettland transportiert, um sie dort zu entsorgen. Klingt das nicht unnötig kompliziert? Und unnötig teuer?«
    Â»Umweltgifte zu entsorgen, ohne dass es jemand merkt, ist durchaus nicht so leicht«, wandte Beyer ein. »Wir haben diesbezüglich immerhin eine ziemlich umfassende Gesetzgebung und scharfe Kontrollen innerhalb der EU. Die Posten müssen mit irgendwelchen Tricks aus der Buchführung gestrichen werden.«
    Â»Erahne ich hier eine Fortsetzung?«, fragte Söderstedt.
    Â»Lass mich den Gedanken doch noch weiterverfolgen«, antwortete Jutta Beyer mit einer Dynamik und Entschlossenheit, die Söderstedt niemals erwartet hätte. Er hatte sich schon gefragt, was seinem alten Kumpel, der auf so unergründlichen Wegen zu einem hochrangigen EU-Bürokraten geworden war, an diversen Mitgliedern der Opcop-Gruppe nur ins Auge gefallen sein mochte. Aber erst in diesem Moment ging ihm auf, dass Paul Hjelm bedeutend tiefer geblickt hatte als er selbst.
    Â»Sprich nur weiter«, forderte er die Deutsche auf und lehnte sich erneut zurück.
    Jutta Beyer beugte sich über ihren Schreibtisch vor und sagte: »Es ist teuer und kompliziert, sowohl bromierte Flammschutzmittel als auch perfluorierte Tenside umweltgerecht zu entsorgen. In wirtschaftlich schweren Zeiten ist der Umweltschutz oftmals das Erste, worauf man verzichtet. Wenn das bei Endymion der Fall sein sollte, müsste ein regelmäßig wiederkehrender Posten mit der Bezeichnung ›Giftentsorgung‹ oder Ähnliches aus der Buchführung getilgt worden sein. Ich habe den vergangenen Jahresabschluss der Firma genauer unter die Lupe genommen und festgestellt, dass irgendetwas nicht stimmt. Die Posten werden Monat für Monat anders betitelt und verifiziert, aber jeweils zur Monatsmitte taucht eine konstante Summe auf. Allerdings nur bis September. Im Oktober erscheint dann der unbekannte Finanzier auf der Bildfläche und rettet das Unternehmen.«
    Â»Die Posten werden unterschiedlich betitelt?«, hakte Söderstedt nach. »Die Summe ist gleich hoch und wird jeden Monat am selben Tag angewiesen – aber die Posten werden unterschiedlich betitelt?«
    Â»Mit allem Möglichen, angefangen von ›Fachliteratur‹ über ›Repräsentation‹ bis hin zu ›Materialkosten‹. Hauptsächlich ›Materialkosten‹. Mit ziemlich diffusen Verifikationen.«
    Söderstedt ließ seinen Blick nach draußen über das regnerische Den Haag schweifen und fragte: »Meinst du, dass jemand die Buchführung manipuliert hat? Wie sieht es denn in den vorherigen Jahren aus?«
    Â»Genauso. Ich bin die letzten drei Jahre durchgegangen, und es ist immer dasselbe Muster.«
    Â»Aber den Jahresabschluss im Nachhinein zu fälschen ist doch bestimmt ein komplizierter Prozess? Handelt es sich nicht um öffentlich zugängliche Dokumente? Die beim Finanzamt mit einem Eingangsvermerk versehen werden?«
    Â»Wenn ich das schwedische System richtig verstanden habe, ja.«
    Â»Andererseits läuft inzwischen alles auf elektronischem Weg«, merkte Söderstedt an. »Meine Frau arbeitet beim Finanzamt. Dort gibt es überhaupt keine Papierdokumente mehr, keine unterschriebenen Originale, die in irgendwelchen Schubladen vergilben oder in den Archiven verstauben. Dabei hat all das früher vermutlich Betrügereien erschwert, im Gegensatz zum heutigen Cyberspace.«
    Â»Vermutlich reicht es jedoch nicht aus, ein versierter Hacker zu sein«, meinte Jutta Beyer. »Man benötigt einen Insider als Kontaktperson. Der Prozess an sich ist dann ein Leichtes. Man tauscht beispielsweise den Terminus ›Giftentsorgung‹ gegen ›Fachliteratur‹ oder ›Materialkosten‹ aus. Das dürfte innerhalb von ein paar Minuten erledigt sein, glaube ich. Das Problem besteht eher darin, zu verschleiern, dass man im System gewesen ist.«
    Â»Also ein Insider beim Finanzamt? Ich weiß nicht, ist das nicht ziemlich weit hergeholt?«
    Â»Wie gesagt, es handelt sich ja lediglich um Spekulationen«, entgegnete

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