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Gift

Gift

Titel: Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gordon
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Den
Chatoians wurde von den Türken übel mitgespielt. Schon vor den ersten
Übergriffen auf die Hagopians wurden das Oberhaupt des Chatoian-Clans
und seine Frau auf dem Stadtplatz aufgehängt, und die Familie verlor
fast ihren gesamten Besitz, Soviel ich weiß, wurden auch einige ihrer
Kinder ermordet. Ein paar konnten aber fliehen und kamen wie wir mit
dem Leben davon. Allerdings habe ich die ganze Zeit nie mehr etwas von
ihnen gehört. Deshalb war ich so überrascht, als Sie den Namen erwähnt
haben.«
    Samuel lächelte. Jetzt hatte er, was er wollte. Er schaltete
mit der Fernbedienung das Tonbandgerät aus. Nachdem der alte Gabedian
und seine Begleiterin gegangen waren, erzählte ihm Lucine, dass sie
Almandine Hagopian am Dienstag zum Tee eingeladen hatte, ohne ihr
allerdings zu sagen, dass auch Samuel kommen würde.
    »Könnte sein, dass ich sie ziemlich hart rannehmen muss«,
sagte Samuel. »Fürchten Sie nicht, das könnte sich nachteilig auf Ihre
Beziehung auswirken?«
    »Sich darüber Gedanken zu machen, dafür ist es jetzt zu spät«,
antwortete die junge Frau. »Jedenfalls kann ich mir nicht vorstellen,
dass es Ihnen ohne sie gelingen wird, die wahren Hintergründe der Tat
aufzudecken.«
    Samuel nippte erst einmal an einer zweiten Tasse Tee, denn er
scheute sich, die Frage zu stellen, die ihm auf der Zunge brannte. Aber
Lucine ahnte, was ihn beschäftigte.
    »Janak hat mir einen Gedichtband geschickt«, sagte sie und
deutete auf ein kleines Buch mit einem blauen Einband, das auf dem
Tisch lang.
    »Einen Gedichtband? Soll das heißen, Janak liest Gedichte?«,
fragte Samuel.
    »Zwanzig Liebesgedichte von Pablo Neruda.
Ich kannte die Gedichte bereits. Sie sind sehr leidenschaftlich, und
ich muss gestehen, dass ich über dieses Geschenk Janaks nicht weniger
überrascht war als Sie, Samuel. Außerdem hat er mir versprochen, mich
besuchen zu kommen, sobald es seine Arbeit zulässt.«
    »Hoffentlich wird Ihr Wiedersehen genauso schön wie dieses
Geschenk, Lucine.«
    Samuel warf noch einmal einen Blick auf den Einband des blauen
Buches und prägte sich seinen Titel und den Namen des Autors ein. Er
nahm sich vor, den schmalen Band zu kaufen und einige der Gedichte
auswendig zu lernen, um sie der spröden Blanche ins Ohr zu flüstern.
    Almandine Hagopian traf pünktlich zum
verabredeten Zeitpunkt in Lucines Wohnung ein und nahm in einem der
niedrigen Sessel am Kohlebecken Platz. Aus dem angrenzenden Zimmer
beobachtete Samuel eine Zeitlang, wie sie sich mit Lucine unterhielt.
Hagopians junge Witwe sah anders aus als bei ihrer ersten Begegnung:
jünger, hübscher, weniger angespannt. Sie war nicht mehr so stark
geschminkt, und das modische blaue Kleid, das sie trug, verlieh ihr
eine jugendliche Frische, die ihr in San Francisco vollständig gefehlt
hatte. Das Lächeln auf Almandines Lippen gefror schlagartig, als Samuel
in das Zimmer kam. »Das ist eine Falle! Dieser Mann ist Reporter!«,
rief sieauf Englisch und stand auf. Doch Lucine
legte ihr behutsam die Hand auf den Arm und hielt sie zurück.
    »Bitte, Almandine«, beschwor sie Hagopians Witwe. »Hör dir
doch erst einmal an, was Mr. Hamilton zu sagen hat.«
    »Ich kann einfach nicht glauben, dass du mir so übel
mitspielst, Lucine. Du hast mich hereingelegt!«, schimpfte die junge
Frau. Aber sie blieb sitzen.
    »Ich bitte dich doch nur, mit ihm zu sprechen. Davon könnte
dein Leben abhängen.«
    Es dauerte eine Weile, bis Lucines Worte zu ihr durchdrangen.
»Wie soll ich das verstehen? Davon könnte mein Leben abhängen?«
    »Ganz richtig«, versicherte ihr Samuel und schaltete mit der
Fernbedienung das Aufnahmegerät ein. »In diesem Fall sind schon genug
Menschen aus Rache ermordet worden, und auch Sie könnten zu denen
gehören, die einem solchen brutalen Racheakt zum Opfer fallen.«
    »Soll das heißen, jemand ist hinter mir her?«, stieß sie
bestürzt hervor.
    »Die Polizei auf jeden Fall, wenn ich nicht endlich ein paar
Antworten von Ihnen erhalte, die Licht in das Dunkel dieses Falls
bringen. Ich hatte nach dem Tod Ihres Mannes nie eine Chance, mit Ihnen
zu sprechen, und außerdem stellt sich die Sache inzwischen in einem
gänzlich anderen Licht dar. Aber das haben Sie sicher bereits selbst
mitbekommen.«
    »Ich hatte nichts damit zu tun, dass der Mord den Mexikanern
angehängt werden sollte«, platzte die junge Frau heraus.
    »Genau das ist der Punkt, über den ich mit Ihnen sprechen
möchte. Erzählen Sie mir alles, was Sie über die Vorgänge im

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