Gift
dass gegen Rupert Chatoian sowohl in
Contra Costa als auch in Fresno County Anklage erhoben wird und die
District Attorneys lediglich darauf warten, dass Mr. Marachak einen
Antrag stellt, die Verfahren gegen seine mexikanischen Mandanten
endgültig einzustellen.«
»Weiß Janak das?«, fragte Samuel.
»Ihn darauf aufmerksam zu machen, überlasse ich Ihnen. Sie
sagten eben, Sie hätten die Witwe festgenagelt. Soll das heißen, Sie
haben ihre Aussagen schriftlich festgehalten?«
»Nicht nur das. Ich habe das ganze Gespräch mit ihr auf Band
aufgezeichnet. Möchten Sie die Aufnahme hören?«
»Unbedingt«, sagte Bernardi. »Aber dazu sollten wir besser ins
Besprechungszimmer gehen.«
Bevor Samuel auf die Starttaste des Tonbandgerätes drückte,
erklärte er dem Detective: »Die erste Stimme, die Sie auf der Aufnahme
hören, ist die von Almandine Hagopian.«
»Sie haben recht. Ich bin eine Chatoian. Die Familien
Chatoian und Hagopian sind seit Generationen miteinander bekannt. Sie
waren schon lange, bevor es zu dem Völkermord kam, in Erzurum ansässig
und freundschaftlich und geschäftlich miteinander verbunden. Doch als
das brutale Morden begann, änderte sich das. Die Hagopians versuchten,
ihre Freiheit und ihr Leben zu erkaufen, indem sie die Chatoians an die
Türken verrieten und ihnen enthüllten, wo sie ihren Besitz versteckt
hatten. Das sollte ihnen allerdings nicht viel nützen. Hagopians Frau,
seine Kinder und seinen Bruder verschonten die Türken zwar, aber
Hagopian selbst ermordeten sie zusammen mit allen Chatoians, deren sie
habhaft werden konnten; und am Ende konfiszierten sie auch den gesamten
Besitz der Hagopians.«
»Wurden im Zuge dieser Massaker auch die Gabedians
getötet?«, fragte Samuel.
»Woher kennen Sie diesen Namen?«
»So hießen doch die Diener der Familie Hagopian.«
»Ja, aber sie wurden nicht von den Türken getötet,
sondern von den Chatoians, die sich an allen, die mit den Hagopians zu
tun gehabt hatten, grausam rächten. Das alles geschah, als die
Überlebenden aus beiden Familien noch in Erzurum waren – bevor
sie also nach Frankreich entkommen konnten.«
»Und danach sind die Chatoians in die Vereinigten
Staaten geflohen?«
»Das wissen Sie doch bereits, Mr. Hamilton.«
»Und welche Rolle haben Sie bei diesen tragischen
Ereignissen gespielt?«
»Wie der Rest meiner Familie war ich von klein auf
voller Hass auf die Hagopians, die geschäftlich sehr erfolgreich waren
und sich bald ein enormes Vermögen erworben hatten. Meine Familie ging
davon aus, dass die Hagopians dieses Vermögen allein ihrem Verrat an
den Chatoians zu verdanken hatten. Deshalb wollte sich Rupert Chatoian
an ihnen rächen.«
»Aber das lag doch alles schon eine Ewigkeit zurück!«
»Auge um Auge, Zahn um Zahn, Mr. Hamilton'.«
»Ich verstehe, Ma'am.«
»Wir hörten, dass Armand sich von seiner ersten Frau
scheiden lassen wollte. Außerdem war schon länger bekannt, dass er eine
ausgeprägte Schwäche für junge attraktive Frauen hatte. Das ließ
unseren Plan reifen.
Als Erstes wurde ich aufs Standesamt geschickt, um
meinen Namen ändern zu lassen. Gleichzeitig begann ich, mich überall
dort aufzuhalten, wo er, wie wir wussten, regelmäßig verkehrte. Er biss
tatsächlich an und machte mir schon nach wenigen Verabredungen einen
Heiratsantrag.
Nun bestand meine Aufgabe darin, Armand auszuhorchen.
Allerdings muss ich gestehen, dass mir das zunächst nicht leichtfiel,
weil Armand etwas sehr Einnehmendes hatte. Obwohl nicht mehr der
Jüngste, sah er noch gut aus, und er war ein exzellenter Liebhaber. Er
hat mich schlicht und einfach fasziniert. Darauf war ich nicht
vorbereitet. Letztlich waren es wohl meine Jugend und meine Naivität,
die er an mir anziehend fand.«
»Wussten Sie, dass seine erste Frau ihn verließ, weil
er sie schlug?«
»Ja, und es dauerte auch nicht lange, bis Armand sein
wahres Gesicht zeigte. Es begann zunächst eher harmlos. Er machte immer
öfter beißende Bemerkungen und konnte sehr verletzend sein. Damit hätte
ich noch leben können, aber nach einer Weile begann er, mich auch zu
schlagen. Zuerst nur, wenn er wie aus heiterem Himmel einen Wutausbruch
bekam, aber im Lauf der Zeit schlug er mich regelmäßig zwei-, dreimal
die Woche. Zunächst bat er mich hinterher noch um Verzeihung und
überhäufte mich mit teuren Geschenken. Aber zugleich versuchte er, mir
einzureden, dass er nur wegen meines schlechten Benehmens die
Beherrschung verloren hätte. Irgendwann machte es
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