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Gift

Gift

Titel: Gift Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gordon
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solche Dinge.«
    »Na schön, bei wem können wir uns nach diesen Leuten
erkundigen?«
    »Darüber habe ich mir bereits Gedanken gemacht«, sagte Samuel.
»Den Anfang sollten wir mit dem Pfarrer machen, finde ich. Er kennt die
Mitglieder seiner Gemeinde besser als jeder andere.«
    »Sehr gute Idee, Samuel. Während du diesem Punkt nachgehst,
rede ich mit dem Entomologen. Wir treffen uns am Freitag im Camelot.«
    Janak nahm die Linie F, um von San Francisco
über die Bay Bridge nach Berkeley zu fahren. Während der
Straßenbahnfahrt auf der unteren Etage der Brücke beobachtete Janak die
Segelboote in der Bucht. Als sie schließlich die East Bay erreichten,
konnte er die Frachter sehen, die im Hafen von Oakland entladen wurden.
Dann fuhr die Straßenbahn nach Norden und durch Emeryville und hielt
schließlich in der Shattuck Street in Berkeley. Janak stieg aus und
ging den Hügel hinauf zur Wheeler Hall auf dem Campus der Universität.
Während er dort nach dem Büro des Entomologen suchte, hörte er vom
Sather Tower, der dem venezianischen Markusturm nachempfunden war, das
Glockenspiel, das zu jeder vollen Stunde ertönte. Er fand das Büro im
ersten Stock des altehrwürdigen Baus und klopfte an die Glastür.
    Ein typischer Gelehrter mit dichtem weißem Haar und randloser
Brille öffnete ihm. In seinem alten, aber tadellosen Jackett mit den
Lederflicken an den Ellbogen sah der Mann aus wie ein Schüler Charles
Darwins. Das Zimmer war voll mit Pinnwänden, an denen Insekten
aufgespießt waren, Regalen voller Gläser mit Insektenteilen und
Nachschlagewerken, die der Professor zum Teil selbst verfasst hatte.
Außerdem schlug Janak beim Eintreten der modrige Geruch der
Vergangenheit entgegen. Der Mann stellte sich als Jonathan Higginbotham
vor, Professor für Entomologie an der University of California.
    Janak erklärte Higginbotham den Grund seines Besuchs und
schilderte ihm kurz die näheren Umstände des Verbrechens. Dann holte er
die Fotos von dem blauen Insekt aus seiner Aktentasche und legte sie
auf den Tisch. Der Professor griff nach einem Vergrößerungsglas und
studierte die Aufnahmen.
    »Um Ihnen mehr über dieses Insekt sagen zu können, müsste ich
erst einige Nachforschungen anstellen«, erklärte er schließlich, »und
das kostet Geld.«
    »Falls Sie nachweisen können, dass es nicht aus Richmond
kommt, sondern von woanders her, müssten Sie bei einem Strafprozess als
Gutachter auftreten.«
    »Ich verstehe. Und wann wäre das?«
    »Das kann ich jetzt noch nicht sagen. Aber ich würde Ihnen
Bescheid geben, sobald der Termin steht.«
    »Und wo soll dieser Prozess stattfinden?«
    »In Martínez.«
    »Ihnen ist doch hoffentlich klar, dass Sie mich dann genauso
wie heute für meinen Zeitaufwand entschädigen müssen«, sagte der
Professor, der in Janaks Augen plötzlich gar nichts mehr von dem
schrulligen alten Gelehrten hatte, den er ursprünglich in ihm gesehen
hatte.
    »Ja, das ist mir durchaus bewusst«, antwortete Janak.
    Daraufhin stand der Professor langsam auf und gab Janak so zu
verstehen, dass die Besprechung beendet war. »Anwälte stellen einem
sofort jede Minute, die man mit ihnen spricht, in Rechnung, aber sie
selbst gehen wie selbstverständlich davon aus, dass man ihnen jederzeit
kostenlos zur Verfügung steht«, sagte Higginbotham und reichte Janak
die Hand. »Sie machen allerdings einen anständigen Eindruck, und
deshalb bin ich gern bereit, Ihnen zu helfen. Aber ich wollte trotzdem
vorher klarstellen, nach welchen Regeln das Ganze abläuft.«
    »Von Ihrer Aussage hängt das Leben meiner Mandanten ab,
Professor. Deshalb ist diese Angelegenheit für mich keine Frage des
Geldes.«
    Währenddessen fuhr Samuel zur Saint Vartan's
Armenian Church in Oakland. Die Bushaltestelle des AC Transit war nicht
weit von der Spring Street entfernt, in der sich die Kirche befand. Er
war um vierzehn Uhr mit Father Agajanian verabredet, aber weil er bis
dahin noch Zeit hatte, machte er einen Spaziergang und sah sich die in
verblichenen Pastelltönen gestrichenen Holzhäuser aus den zwanziger
Jahren an.
    Als er an einem chinesischen Restaurant vorbeikam, ging er
kurz entschlossen hinein. Das große Aquarium voller Goldfische
erinnerte ihn an das Chop Suey Louie's, sein Stammrestaurant in
Chinatown. Aus der Küche kam der vertraute Geruch von gebratenem Reis.
Er bestellte Chow Mien, und weil er nicht sehr geschickt im Umgang mit
Stäbchen war, tropfte etwas von dem fettigen Gericht auf sein Hemd.
    Ihm wurde wieder

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