Gift
herauszubekommen wäre, und sich
deshalb nach einem eigenen Rechtsmediziner umgesehen.
Bevor er in die Kanzlei zurückkehrte, nutzte
Janak die Gelegenheit, dass Vanessa ihm ihr Auto geliehen hatte, und
fuhr zur Richmond Police Station. Er betrat den kleinen gelben Bau mit
der riesigen Funkantenne auf dem Dach und verlangte nach Detective
Lieutenant Bernardi. Wenige Minuten später kam der untersetzte
Detective, wie immer im braunen Anzug, aus einem Zimmer am Ende eines
langen Flurs und ging auf den Anwalt zu.
»Hallo, Mr. Marachak, ich bin Detective Bernardi. Schön, Sie
endlich persönlich kennenzulernen. Ich habe schon viel von Ihnen
gehört.« Mit einem breiten Grinsen reichte er Janak seine kräftige
Pranke.
»Das Vergnügen ist ganz meinerseits, Detective. Auch ich habe
schon viel von Ihnen gehört.«
»Kommen Sie doch mit in mein Büro.« Bernardi deutete den
langen Gang hinunter. »Dort können wir uns ungestört unterhalten.«
Er schob Janak in ein kleines Zimmer, in dem überall Akten
herumlagen. Bernardi nahm hinter einem alten Nussbaumschreibtisch
Platz. Das Sonnenlicht, das durch das große schmutzige Fenster fiel,
verbreitete eine freundliche Atmosphäre. An den Wänden hingen alte
Fotos des Detective, auf denen er als Footballspieler und Ringer zu
sehen war. Janak ließ sich auf einen der zwei Stühle vor dem
Schreibtisch fallen und stellte seine schwere Aktentasche neben sich
auf den Boden.
Auf dem Sideboard stand ein Foto einer Großfamilie, die sich
bei einem Picknick um einen auffallend alten Mann gruppiert hatte.
»Das ist mein Großvater an seinem hundertsten Geburtstag«,
erklärte Bernardi, als er Janaks neugierigen Blick bemerkte. »Also, wo
drückt der Schuh, Counselor?«
Janaks Miene war angespannter als sonst. »Das wissen Sie doch
ganz genau. Ich habe in einem Mordfall die Verteidigung der Angeklagten
übernommen, und daher steht es mir von Rechts wegen zu, alle
Beweismittel zu sehen. Doch einige dieser Beweismittel haben Sie!« Sein
Finger schoss auf den Detective vor.
»Immer schön mit der Ruhe, Mr. Marachak.« Bernardi griff nach
einem Stapel Papier und hob ihn kurz hoch. »Sie kriegen gleich eine
Kopie des Berichts, der eben von der Spurensicherung hereingekommen
ist.«
»Was steht drin?«
»Keine Ahnung. Ich habe ihn erst heute Morgen erhalten und
wollte ihn mir zusammen mit dem Obduktionsbefund ansehen. Haben Sie da
schon einen Blick reingeworfen?«
»Ja, ich komme gerade aus der Rechtsmedizin. Aber leider muss
ich sagen, dass die für den Fall zuständige Staatsanwaltschaft
keinerlei Informationen über den Fall herausrücken will. Das kann nicht
so weitergehen. Andernfalls sehe ich mich gezwungen, mein Recht vor
Gericht einzuklagen. Und wenn selbst das nicht hilft, werde ich mir
etwas anderes einfallen lassen.« Janaks Gesicht war inzwischen knallrot.
»Sie wissen, dass ich mich zu diesem Fall nicht äußern
darf – es sei denn, die Sache bleibt strikt unter uns.«
»Es bleibt selbstverständlich unter uns«, erklärte Janak.
»Zuallererst sollten Sie wissen, dass ich dieses Vorgehen der
Staatsanwaltschaft keineswegs gutheiße.«
»Okay. Dann sagen Sie mir, was Sie wissen.«
»Auch das darf ich nicht tun, wenn ich meinen Job behalten
will. Aber ich kann Ihnen geben, was Ihnen von Rechts wegen zusteht,
und vielleicht sogar ein bisschen mehr.«
»Ich weiß zwar nicht, was dieses bisschen Mehr sein soll, aber
gut. Zuerst möchte ich eine Liste aller Personen, die in dem Jahr vor
Mr. Hagopians Tod für ihn gearbeitet haben.«
»Haben Sie Stift und Papier zur Hand?«
Janak nahm einen Block aus seiner Aktenmappe und fischte einen
Stift aus seiner Hemdtasche. »Schießen Sie los.«
Bernardi las mehrere Namen, Adressen und zum Teil auch
Telefonnummern ab, und Janak notierte sie sich hastig.
Janak wusste, nach wem er zu suchen hatte. »Was ist zum
Beispiel mit diesem Kerl hier, Nashwan Asad Aram? Arbeitet er noch auf
der Deponie?«
»Nein, er scheint im Moment nicht auffindbar zu sein.«
»Heißt das, er ist untergetaucht?«
»Sagen wir mal, er ist verschwunden. Aber wir werden ihn
finden.«
»Das ist doch kein armenischer Name, oder?«, fragte Janak.
»Ich glaube nicht. Soviel ich gehört habe, ist er kurdischer
Abstammung.«
»Damit wäre bereits ein Teil des Rätsels gelöst.«
»Wie bitte?«
»Ach, nichts. Ich habe nur laut gedacht. Könnte ich bitte auch
den Bericht der Spurensicherung haben?«
»Sicher. Hier.«
Janak nahm eine Kopie des Dokuments an
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