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Gifthauch

Gifthauch

Titel: Gifthauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Terry
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gedacht hatte, handelte es sich um ein Gästezimmer.
    Das nächste Zimmer war ein Büro mit Sitzecke. Ein Computertisch stand darin, ein Aktenschrank, ein Schaukelstuhl, ein Fernseher und eine tragbare Stereoanlage. Neben dem Schaukelstuhl befand sich ein Korb mit Wolle, Stricknadeln und einem halb fertigen Pullover. Rebecca Harrington hat in ihrer Freizeit also gestrickt, dachte Jill. Sie fragte sich, weshalb sie es hier getan hatte und nicht im Wohnzimmer; der Gegensatz zwischen Büro- und Strickecke erschien ihr merkwürdig.
    Jill setzte sich vor den Computer, schaltete ihn ein und wartete, dass er hochfuhr. Währenddessen ging sie die CDs in den Gestellen durch. Rebecca Harrington war offenbar Forschungskoordinatorin am Barbara-Ann-Karmanos-Institut für Krebsforschung in der Detroiter Innenstadt gewesen. Alle CDs enthielten anscheinend Artikel über klinische Studien, die im Gange waren.
    Als der Windows-Desktop erschien, klickte Jill auf das Icon von Outlook. Interessanterweise hatte Rebecca geplant, an diesem Morgen zum Frühstücksklub zu erscheinen. Er war für acht Uhr eingetragen. Für den Rest des Tages hatten Besprechungen und Abgaben angestanden. Wie es aussah, hatte Rebecca sie alle nicht einhalten können.
    Jills Handy klingelte, und sie nahm das Gespräch an. Die Anruferin war Eleanor Mancuso, die FBI-Spurensicherungsspezialistin, die sie angefordert hatte. Eleanor klang gestresst.
    »Jill? Hier Eleanor. Ich muss umkehren. Ich komme nicht. Haben Sie es schon gehört?«
    »Was gehört?« Jill stockte der Atem. Hatte die Schlange erneut zugeschlagen?
    »An der Wayne State hat es eine große Schießerei gegeben. Man hat das Handy der Schlange angepeilt, und die Peilung wies auf Frank McMillan. Dann brach die Hölle los. Frank wurde erschossen, ein Detroiter Polizist getötet und zwei andere – Feuerwehrleute, glaube ich – im Schusswechsel verletzt. Ich muss dorthin.«
    »Frank? Wieso wurde Frank angepeilt?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Eleanor. »Ich weiß es wirklich nicht. Aber er ist tot. Es heißt, dass er vielleicht die Schlange gewesen ist. Ist das zu fassen?«
    Mit dem Telefon im Schoß saß Jill da und dachte darüber nach. Ist das zu fassen?
    Jill hatte mit Frank McMillan während der Terrorabwehrinitiativen in Michigan eng zusammengearbeitet, in letzter Zeit allerdings hatte sie nichts mehr mit ihm zu tun gehabt. Wegen ihrer im Sande verlaufenen Anzeige wegen sexueller Schikane gegen Matt Gray saß sie schon seit langem auf dem Abstellgleis. Kaltgestellt war sie, aber nicht auf irgendeine Weise, die man vor Gericht verwenden konnte, wie ihr Anwalt ihr gesagt hatte. Nicht offensichtlich. Sie wurde als Verbindungsbeamtin und in unterstützenden Rollen eingesetzt statt operativ oder ermittelnd. Sah man davon ab, stand mehr oder minder ihr Wort gegen Grays, hatte der Anwalt erklärt. Nach der Anzeige hatte Gray sie in Ruhe gelassen, aber ihre Karriere befördert hatte das Ganze nicht.
    McMillan hätte gewusst, wie die verschiedenen Polizeiorganisationen während einer derartigen Krise zusammenarbeiteten. Er wäre in der Lage gewesen, einen solch komplizierten Plan zu ersinnen.
    Aber sie bezweifelte, ob er Sarin herstellen konnte. Frank hatte Jura und Strafverfolgung studiert, nicht Chemie oder auch nur eine andere Naturwissenschaft.
    Selbst wenn sie voraussetzte, dass er durchgedreht war und Massenmord verübte, besaß McMillan ihrer Meinung nach nicht die technischen Voraussetzungen. Wie die meisten FBI-Agenten hasste Frank alle Terroristen. Wie die meisten FBI-Beamten hatte er viele Menschen gekannt, die bei Terroranschlägen getötet wurden – in Oklahoma City, im World Trade Center, im Pentagon, in einer Reihe von Botschaften auf der ganzen Welt. Er glaubte nicht, dass Terroristen edle Ziele verfolgten und nur fehlgeleitet handelten. Er nannte sie, was sie waren – Mörder, Erpresser, Verbrecher. Er hatte einmal einen Vortrag über Terrorismus gehalten – an der Wayne State, erinnerte sich Jill – und dabei herausgearbeitet, wie Terroristen ihre Aktionen mit moralischen Notwendigkeiten und Erklärungen bemäntelten, dass all das jedoch nichts weiter sei als eben ein Mantel, mit dem sie verhüllten, dass sie Gewalt befürworteten. Dass sie Chaos liebten.
    Er hatte Lenin zitiert: »Der Zweck des Terrors liegt im Terror.«
    »Ist das zu fassen?«, hatte Eleanor gefragt.
    Nein, war es nicht.
    Bezinski steckte den Kopf zur Tür hinein. »Etwas gefunden?«
    Jill starrte ins Leere.

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