Gifthauch
»Sie haben einen Plan?«
»Mir wäre es recht, heute nicht noch mal in die Luft gesprengt zu werden.«
»Das nenne ich ein Ziel. Nun zum Plan?«
Derek streckte die Hand aus und klopfte an die Tür. Er wartete. Jill hatte die Hand an der Waffe. Derek ebenfalls. Nichts geschah.
»Okay«, sagte Derek. »Niemand ist zu Hause. Zumindest niemand, der noch lebt.« Er deutete auf die Tür. »Ich habe Probleme mit dem Knie. Würden Sie die Taschenlampe nehmen und an den Kanten entlangleuchten, ob Sie irgendetwas Ungewöhnliches sehen?«
Sie suchte die Tür ab, dann schaltete sie die Taschenlampe schulterzuckend ab. »Nichts Auffälliges. Machen wir einen Gang ums Haus, wie Sie vorgeschlagen haben.«
Langsam folgten sie der Grundstücksgrenze, betrachteten den Boden, das Fundament, die Fenster. Wann immer sie an ein Fenster kamen, ging Derek näher, ohne etwas zu berühren, schaltete die Taschenlampe ein und versuchte, in das dunkle Haus hineinzuspähen. Sobald er fertig war, übergab er Jill die Taschenlampe, die seinen Befund überprüfte. Das Haus schien leer zu stehen. Nichts fiel ins Auge.
Schließlich hatten sie sich um das ganze Gebäude herumgearbeitet und gelangten wieder an die Haustür. Derek blickte zu Michael, der im Honda saß. »Er ist ein netter Junge.«
»Normalerweise schon. Er ist eben in diesem gewissen Alter.«
»Was interessiert ihn?«
»Mädchen. Videospiele. Mädchen. Karate. Mädchen. Rap und Heavy Metal und Hip-Hop.«
»Und Mädchen«, ergänzte Derek.
»Wahrscheinlich waren Sie genauso, als Sie sechzehn waren.«
»Kein Rap, kein Heavy Metal, kein Hip-Hop. Und Karate kam erst später. Ich stand auf Leichtathletik und Cross-Country. Hatte gute Noten. Nur Einsen. Ich war ein Streber. Ganz groß in Chemie und Biologie. Mit den Mädchen allerdings …« Er seufzte und wandte sich der Tür zu. »Nichts als Ärger. Einiges ändert sich nie. Also los. Haben Sie Ihre Gebete gesprochen?«
»Wir werden uns albern vorkommen, wenn wir diese ganzen Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, und dann ist hier nichts.«
»Nicht annähernd so albern, wie wir uns vorkämen, wenn unsere Körperteile über die Birminghamer Innenstadt verteilt würden.« Derek streckte die Hand aus und öffnete die Fliegengittertür. Er seufzte. »Eine geschafft.« Er nahm den elektronischen Dietrich aus der Tasche und bedeutete Jill, die innere Tür zu prüfen.
Sie gehorchte und sagte schließlich: »Nichts Offensichtliches.«
Derek schob den Dietrich vorsichtig ins Schloss und drückte auf den Knopf. In der nächsten Sekunde ergriff er den Knauf und fragte: »Fertig?«
»Fertig.«
Er öffnete die Tür. Wieder geschah nichts. Derek machte die Tür weit auf, aber er trat nicht ein. Er ließ den Taschenlampenstrahl umherwandern. Vor ihnen lag ein Flur mit Plankenboden. Ein Navajo-Teppich bedeckte ihn zum Großteil mit gedämpften Rot-, Orange- und Gelbtönen. Gemeinsam musterten sie den Bodenbelag.
»Soll ich ihn hochheben?«, fragte Jill.
»Ich sehe nichts, was nach Stolperdraht aussieht. Heben Sie nur eine Ecke.«
Sie tat es, dann hob sie ihn ganz. Nichts.
»Also gehen wir hinein.« Derek wandte sich um und winkte Michael zu. Er hob eine offene Hand und zeigte alle fünf Finger. Fünf Minuten. Dann betraten Jill und er das Haus.
Es war sauber und aufgeräumt und schien leer zu sein. Dicht beieinander durchquerten sie das Haus, hielten nach Stolperdrähten und anderen Dingen Ausschau, die auch nur ansatzweise verdächtig aussahen.
Schließlich sagte Derek: »Sagen Sie Michael, dass er wieder zur Schule fahren kann. Und richten Sie ihm meinen Dank aus.«
Jill nickte und verließ das Haus. Einige Minuten später kehrte sie wieder, in der Hand den Atropin-Pen.
»Also«, begann Derek, »wonach suchen wir?«
»Nach Beweisen, dass William Harrington die Schlange ist.«
»Sie glauben, er hat vielleicht ein unterschriebenes Geständnis hier gelassen?«
»Natürlich nicht.«
»Nach oben?«
Sie stiegen die Treppe hoch ins Obergeschoss. Wie in Rebecca Harringtons Haus war ein Zimmer als Gästeraum eingerichtet, ein anderes als Büro. Vor diesem blieb Derek stehen. Er sah einen Schreibtisch mit Computer, einen kleinen Tisch mit einem Drucker, einen Bürostuhl, Aktenschränke und zwei Regale voller Lehrbücher. In einer Ecke stand ein großer Sessel mit einer Leselampe. Neben dem Sessel lag ein kniehoher Stapel aus Fachzeitschriften.
Derek nahm den Raum genauer in Augenschein. »Können Sie mir bitte mal helfen?«
Jill trat
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