Gilde der Jäger 01 - Engelskuss
mir?«
»Ich habe es Ihnen doch gesagt– Sie machen eine Sache erst interessant.« Seine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, doch die blutigen Zacken in seinen Augen erinnerten sie daran, dass er im Moment nicht gerade gut auf sie zu sprechen war. »Wissen Sie, Sie werden am Leben bleiben.«
»Ach ja?«
»So lange, bis Sie den Auftrag erfüllt haben.« Er starrte sie an.
Sie starrte unverwandt zurück. Sehr wahrscheinlich kannte Dmitri die Einzelheiten des Auftrags, doch wenn nicht, würde sie selbst jedenfalls die Katze nicht aus dem Sack lassen und sich noch tiefer hineinreiten. »Sie können sich kaum vorstellen, welche Freude mir das bereitet.«
»Was wissen Sie schon von den wahren Freuden, Gildenjägerin!« Auf einmal wurde seine Stimme rasiermesserscharf, und seine Haut schien von innen zu glühen.
Es schnürte ihr die Kehle zu, wieder hatte sie sich geirrt. Dmitri war nicht bloß mächtig, er war mächtig. Und so alt und erfahren, dass ihr, nun da er es offen zeigte, der ganze Körper wehtat. »Ich weiß schon: Was Sie als Freuden anpreisen, wird unerbittlich in Schmerzen enden.«
Er klimperte mit seinen unsinnig langen Wimpern. »Doch mit jemandem, der die Kunst beherrscht, wird jeder Schmerz lustvoll.«
Schauder liefen ihr den Rücken hinunter, streiften ihre Brustwarzen. »Nein danke.«
»Die Entscheidung liegt nicht mehr bei Ihnen.« Er richtete sich zu seiner vollen Größe auf. »Sind Sie hungrig?«
Überrascht von dieser praktischen Frage, versuchte sie die Nachwirkungen seines betörenden Dufts abzuschütteln und zu einer Antwort zu finden. »Ich komme fast um vor Hunger.«
»Dann werden Sie jetzt gefüttert.«
Sie bedachte seine Formulierung mit einem finsteren Blick, sagte aber nichts, als er durch die Tür verschwand, durch die er nur wenige Minuten später mit einem abgedeckten Teller wieder erschien. Als er den Deckel hob, blickte sie auf ein Abendessen aus gegrilltem Fisch in einer weißen Soße, gedünstetem Gemüse und kleinen Kartoffeln. Ihr lief das Wasser im Mund zusammen. »Danke.«
»Gern geschehen.« Er griff sich einen zweiten Stuhl und schob ihn mühelos vor ihren, obwohl es haargenau der gleiche Stuhl war, auf dem sie saß, der sich jedoch von ihr nicht einmal kippen ließ. »Womit wollen Sie anfangen?«
»Ich lasse mich nicht von Ihnen füttern.« Entschlossen presste sie die Lippen aufeinander.
Er spießte ein Stück Möhre auf. »Die Männer, die mich in Ihre Wohnung begleitet haben– kennen Sie sie?«
Elena hielt den Mund fest geschlossen, aus Angst, er würde ihr ineinem unbemerktem Augenblick Essen in den Mund schieben.
»Mitglieder der Sieben«, sagte er und beantwortete damit seine eigene Frage. »Vampire und Engel, die sich ungeachtet ihres eigenen Fortkommens dem Schutz Raphaels verschrieben haben.«
Von Neugier gepackt fragte sie: »Warum?«
»Das geht nur uns etwas an.« Allem Anschein nach schmeckte ihm die Möhre. Wenngleich Vampire durch diese Art Kost ihre Lebenskraft nicht mehren konnten, konnten sie sie in Maßen verdauen. Aus diesem Grund kamen auch viele der einfachen Vampire unerkannt als Menschen durch. »Das Einzige, was Sie wissen müssen, ist, dass wir alles und jeden aus dem Weg räumen, der eine Gefahr für Raphael darstellt, selbst wenn wir dabei unser eigenes Leben riskieren.«
»Und ich soll mich hier entspannen, wenn Sie mit einer Gabel vor meinen Augen herumfuchteln?«
Er schob ein Stück Fisch auf die Gabel, achtete darauf, dass es hinreichend mit der verführerisch aussehenden Soße bedeckt war. »Bis Raphael erwacht, ist es mir verboten, Ihnen wehzutun. Er hat mir persönlich den Befehl dazu gegeben. Die anderen unterstehen diesem Befehl allerdings nicht; wenn ich ihnen diese Gabel in die Hand drücke, dann wird das Wort ›Schmerz‹ eine ganz neue Bedeutung für Sie bekommen.«
Sie stieß die Luft aus, die sie angehalten hatte. »Binden Sie mir wenigstens die Hände los– Sie wissen doch, dass ich ohne Waffen nichts gegen Sie ausrichten kann.«
»Wenn ich das tue, sind Sie tot.« Er führte die Gabel zu ihrem Mund. »Sie sind nur am Leben, weil ich die anderen von Ihnen fernhalte. Wenn sie annähmen, Sie könnten mich beeinflussen…«
Sie traute ihm kein bisschen. Aber sie war am Verhungern, und sie war eine Jägerin– ein Hungerstreik würde ihr gar nichts bringen, sondern sie bloß schwächen. Also öffnete sie den Mund. Der Fisch war genauso köstlich, wie er aussah. Doch sie behielt ihn beinahe eine Minute im
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