Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)
über eine Welle blutrünstiger Vampire war anscheinend schon in den Medien, und jeder, der über einen gesunden Verstand verfügte, war in Deckung gegangen, um das Ende der Gewaltwelle abzuwarten.
Zu ihrer Überraschung setzte sich Venom neben sie, wobei er genug Abstand hielt, um nicht versehentlich ihre Flügel zu berühren. Sie war sicher, dass es nicht aus Höflichkeit ihr gegenüber geschah, sondern aus Gewohnheit, da er schon so viel Zeit mit Engeln verbracht hatte. Trotzdem war sie dankbar dafür.
Bei Ransom hätte ihr eine solche Berührung nichts ausgemacht, aber bei Venom? Sie konnten zusammenarbeiten, und er hatte unter Beweis gestellt, dass er hinter seiner Fassade mit diesen verstörenden Augen ein Herz hatte, als er vor nicht langer Zeit sein Leben riskiert hatte, um die Kinder im Medica zu beschützen. Doch wenn es um sie ging, hegte er wesentlich weniger wohlwollende Ansichten. »Schade um Ihren Anzug « , sagte sie mit einem Blick auf die hochgekrempelten Ärmel seines blutbefleckten Hemdes.
»Er war einer meiner besten .« Er sah sie aus grünen Augen mit schlitzförmigen Pupillen direkt an.
Aber sie hatte ihre Lektion gelernt. Sie richtete ihren Blick auf Ransom. Venoms Lachen war sanft und spöttisch, doch sie würde diesen Köder nicht schlucken. Wenn sie sich auf ihn einließ, würde sie leichte Beute sein. Und die Kreatur in Venoms Innerem würde der Versuchung, diese Gelegenheit auszunutzen, nicht widerstehen können, dessen war sie sicher. »Kann ich Sie etwas fragen ?«
»Fragen können Sie .« Er lehnte sich zurück, die Ellbogen auf die Stufe hinter ihm gestützt, während sie zusahen, wie Ransom das Opfer und den Mörder nach Ausweisen durchsuchte.
»Diese Augen « , sagte sie, »wie lang hat es nach Ihrer Erschaffung gedauert, bis sie sich entwickelt haben ?« Jeder Vampir war einmal ein Mensch gewesen, selbst Venom.
Ein leichtes Schulterzucken, bei dem sie sich bewusst wurde, welch geschmeidige, muskulöse Anmut sich unter diesen modischen Anzügen verbarg, die er so gerne trug. »Das steht noch immer nicht ganz fest. Neha behauptet, sie habe schon im Augenblick meiner Erschaffung gesehen, dass meine Pupillen anfingen, ihre Form zu verändern .«
Beim Klang dieses Namens sträubte sich jedes einzelne Haar an Elenas Körper. Der Erzengel von Indien war noch nie ein Ausbund an Kollegialität gewesen, doch wie die Morde an Celia und Betsy zeigten, war sie inzwischen ein einziger furchteinflößender Albtraum und nur noch darauf aus, den Tod ihrer Tochter zu rächen. »Sie glauben nicht, dass das stimmt ?« , fragte sie, während sie versuchte, die körperliche Reaktion abzuschütteln.
Venom sah zu dem bewölkten Nachthimmel hinauf, winzige Regentropfen schimmerten in seinen Wimpern. »Ich habe etwa ein Jahr nach meiner Erschaffung eine Veränderung bemerkt. Es fiel kaum auf, doch ich konnte sehen, dass meine Iris an den Rändern nicht mehr richtig braun waren, sondern sich in ein sehr, sehr dunkles Grün verwandelten .«
Elena fragte sich, welche Wirkung das auf den jungen Mann gehabt hatte, der Venom damals gewesen sein musste – sie wollte ihn fragen, ob er Angst gehabt hatte, wusste jedoch, dass er darauf nicht antworten würde. »Wie viele Jahre hat denn die vollständige Umwandlung gedauert ?« , fragte sie stattdessen, weil sie annahm, dass er diese Frage schon eher beantworten würde.
»Zehn « , sagte er, wobei er weiter in den Himmel sah. Der Regen hatte fast aufgehört. »Ich bin immer noch der einzige von Nehas Erschaffenen, bei dem eine solche Veränderung eingetreten ist – ich glaube, sie war enttäuscht, dass es bei den Augen aufgehört hat .«
Sie dachte daran, wie er sich bei ihrem einzigen gemeinsamen Trainingskampf bewegt hatte, und schüttelte den Kopf. »Doch das hat es nicht, oder ?«
Aus den Augenwinkeln sah sie, dass er den Mund langsam zu einem Lächeln verzog.
»Ellie « , sagte Ransom, der in diesem Moment zu ihnen kam und sich an das verschnörkelte Metallgeländer der Treppe lehnte. »Brauchst du eine Schlafgelegenheit für heute Nacht ?«
»Nein. Venom wird uns nach New York zurückfliegen .« Zu ihrem Erzengel. Streit oder nicht, sie konnte nicht leugnen, dass er ihr fehlte. Zum ersten Mal in ihrem Leben hatte sie jemanden, der ihr gehörte, und mit einer gewissen Überraschung stellte sie fest, dass sie ganz schön besitzergreifend war.
In Ransoms Gesicht leuchtete hinterhältige Freude auf. »Du verkehrst jetzt in der feinen Gesellschaft,
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