Gilde der Jäger: Engelsblut (German Edition)
Ransom es gerne nannte. Ein einziges Mal hatte er das Wort »Diktatorinnen « benutzt – und war zur Jagd in irgendein Hinterwäldlerkaff mitten in die Wildnis geschickt worden, wo die Einheimischen ihm nach einem Blick auf seine Haare und die Lederjacke den Namen »Schönling « verpasst hatten.
Bei der Erinnerung daran, wie er nach dem Ende der Jagd von dort weglaufen musste – um den Dorfschönheiten und ihren Schrotflinten schwingenden Vätern zu entkommen –, zuckten ihre Mundwinkel, als sie fragte: »Ja ?«
»Ich weiß, du hattest gestern einen schweren Tag, aber du bist die Einzige, die heute keinen Auftrag hat, also schwing die Hufe .«
Elena hätte nur zu gerne wieder ihren Arbeitsrhythmus aufgenommen, aber … »Bin ich wirklich die Einzige, die du fragen kannst ?« Sara hatte Zugriff auf ein großes Netzwerk von Jägern, das alle fünf Bezirke umspannte.
»Ich möchte Ransom schonen, nachdem er so viel Blut verloren hat « , antwortete Sara. Unterdessen verabschiedete sich Vivek mit einem Flüstern. »Ein paar andere haben in dem Chaos gestern ähnliche Verletzungen davongetragen. Ashwini ist in der Nähe, aber sie hat sich heute Morgen um fünf in die Keller geschleppt und schläft jetzt wie ein Stein .«
Es gab mehrere Gründe, aus denen Jäger in den Kellern schliefen, aber der häufigste war, dass sie ein Versteck brauchten. »Will ich es wissen ?« Sie winkte Vivek zu, als er die Rampe hinunterfuhr.
»Es hat mit Janvier zu tun, mit einem handgezeichneten Symbol und mit großen Mengen Honig. Das ist alles, was ich dazu sagen darf .«
Bei der Erwähnung des Cajun-Vampirs, auf den Ashwini, wie es schien, schon ihr halbes Leben lang Jagd machte, stiegen vor Elenas geistigem Auge Bilder auf, die sie zum Kichern brachten. Sie sagte: »Also, wo brauchst du mich ?«
»Delancey Street, direkt unter der Williamsburg Bridge. Ein Todesopfer, möglicherweise mehrere Vampirbisse, aber die Polizei sagt, die Verletzungen sind so schwer, dass sie es nicht mit Sicherheit sagen können. Dürfte ein einfacher Auftrag werden .«
Ihr Rückgrat wurde zu einer Stahlstange. »Du brauchst mich nicht zu verhätscheln, Sara .«
»Keine Widerrede .« Schroffe Worte. »Du hast noch nicht wieder deine volle Jagdstärke, und ich hätte dich gestern auch nicht nach Boston geschickt, wenn ich jemand anderen gehabt hätte. Nutze die Auszeit, um wieder in Form zu kommen. Sonst werde ich dich bei Billigaufträgen einsetzten, bei denen du lauter Idioten einfangen darfst, die glauben, sie könnten ihre Verträge nach einem oder zwei lausigen Jahren brechen .«
Elena wand sich. »Gemein .«
»Deshalb mache ich auch das große Geld .«
AlssieeinenBlickzudenBüroshinüberwarf,stellteElenafest,dassGwendolynunddieMädchenzumEndezukommenschienen.»IchbinschätzungsweiseinfünfundzwanzigMinutenda .«
»Die Polizei hält so lange die Stellung .«
Die Polizisten hatten nicht nur die Stellung gehalten, sondern den Tatort mit so viel gelbem Plastikband abgesperrt, dass sie auch gleich einen Zaun hätten bauen können.
»Das gibt’s doch nicht .« Der Uniformierte, der Elena am nächsten stand, schob seine Mütze zurück und starrte sie an, als sie auf dem saftigen Grün der parkähnlichen Anlage unter der Brücke landete. »Sind die echt ?«
Sie konnte nicht anders. »Nee. Schnäppchen im Kostümverleih .«
Er kniff die Augen zusammen und starrte sie weiter an, bis sich ein breitschultriger Detective in Zivil zwischen ihn und Elena stellte. »Willkommen bei uns, Ms Deveraux .«
»Schön,wiederhierzusein,DetectiveSantiago .« SieschenktedemaltgedientenPolizisteneinechtesLächelnunddeutetemitdemKopfaufdasAbsperrband.»Leichtübertrieben,findenSienicht ?«
SantiagoriebsichdasKinn,daskräftigwiedaseinesBoxersundmitgraumeliertenBartstoppelnübersätwar,dieumsomehrauffielen,alsseineHautdieFarbevongetrocknetenTabakblätternhatte.»Frischling .« ErhobeinStückderAbsperrungan,dasgenügendSpielraumbot,damitsiesichmitihrenFlügelndarunterhindurchduckenkonnte.»Eristausgeflippt – seineersteLeiche.IchhabeallerdingsschonüblereFällegesehen .«
Elena kämpfte dagegen an, sich von den Worten des Detectives in eine Vergangenheit zurückkatapultieren zu lassen, die sich schlicht weigerte, begraben zu sein. Auch sie war bei ihrer ersten Leiche ausgeflippt. Der einzige Unterschied bestand darin, dass sie zehn Jahre alt gewesen und die Leiche ihre Schwester Mirabelle gewesen war. Die langbeinige Belle, die sich beim Ballspielen mit der
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