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Girlfriend in a Coma

Girlfriend in a Coma

Titel: Girlfriend in a Coma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Coupland
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mal«, sagt Karen, »ein alter Datsun B-210. So einen hatte Richard damals in der Schule.«
    »Davon gibt's heutzutage nicht mehr viele«, sagt Hamilton. Karen fragt: »Werden inzwischen auch in Vietnam Autos hergestellt?«
    Der Jeep hält an einem Stoppschild, und Karen rutscht die Sonnenbrille von der Nase. Hamilton setzt sie ihr wieder auf und fährt weiter. »Hey, Kare«, fragt er, »wie fühlst du dich jetzt, wo du wieder hier bist? Nach so langer Zeit, ich meine, nicht nur, weil alles neu und anders ist, sondern wie fühlt das Jetzt sich an?“
    » Ahm -«
    »Ist dir die Frage zu unangenehm? Ich meine, du bist jetzt schon seit einer ganzen Weile nicht mehr im Koma. Du mußt dich doch langsam daran gewöhnt haben, oder? Tritt mich, wenn ich dich zu hart rannehme.«
    »Nein. Ich meine ja. Ich meine, Moment, Ham - laß mich nachdenken.«
    Sie kommen an einer Clique von High-School-Schülern vorbei. Ihre Mode wirkt auf Karen fremdartig, aber attraktiv. Es hätte ihr Spaß gemacht, diesen neuen Stil zu tragen. »Pammie hat mich das auch gefragt. Ich hab' ihr gesagt, stell dir vor, du läufst eine Million Meilen ... auf hohen Absätzen, und sie hat's einigermaßen begriffen.«
    »Hey, Karen, verarsch mich nicht. Das ist doch Quatsch. Das hätte ich dir auch sagen können. Da ist noch mehr. Und das weißt du. Wie fühlt es sich an? Ich meine, siebzehn Jahre. Raus mit der Sprache. Wenn du nicht auspackst, erzähle ich dir die ganze nächste Stunde lang vom Fall der Berliner Mauer und AIDS.«
    Nur Hamilton darf so mit ihr reden. Dieser Flegel. Er konnte sich Karen gegenüber schon immer ganz schön was rausnehmen. Deshalb mag sie ihn. »Also gut, Hamilton. Von Quatschkopf zu Quatschkopf. Okay.« Der Jeep ist jetzt auf der Autobahn und fährt in Richtung Westen zur Horseshoe Bay. Der Tag wird langsam blaßblau, klar und kalt. Das Meer weit drunten unterhalb des Highways ist von einem matten Mittelblau.
    »Okay. Weißt du was, Hamilton? Ich stelle bei den Menschen von heute eine gewisse Härte fest. Die kleinen Momente der Albernheit, die uns durch den Tag geholfen haben, gibt es offenbar nicht mehr. Das Leben ist jetzt so ernst. Vielleicht liegt es bloß daran, daß ich jetzt mit älteren Leuten zusammen bin.« Sie hebt ihren mageren Arm und knabbert an ihrem Finger, was für sie mit einer großen Kraftanstrengung verbunden ist. »Ich meine, heutzutage hat noch nicht mal mehr jemand ein Hobby. Zumindest merke ich nichts davon. Sowohl die Ehemänner als auch die Frauen sind berufstätig. Die Kinder werden in Schulen und zu Videospielen abgeschoben. Es scheint auch niemand mehr ertragen zu können, einfach allein zu sein - aber gleichzeitig sind alle isoliert. Die Leute arbeiten viel mehr als früher, nur um danach nach Hause zu gehen, im Internet zu surfen und lieber E-Mails zu verschicken, als einander anzurufen, zu besuchen oder Briefe zu schreiben. Sie arbeiten, sehen fern und schlafen. So sieht es für mich aus. Die ganze Welt dreht sich nur um Arbeit: arbeiten arbeiten arbeiten abzocken abzocken abzocken Karriere machen gefeuert werden online gehen Computersprachen können Aufträge ergattern. Ich meine, so hätte ich mir die Welt einfach nicht vorgestellt, wenn du mich vor siebzehn Jahren gefragt hättest. Die Menschen sind ausgelaugt und wütend, geldgierig und der Zukunft gegenüber bestenfalls gleichgültig.«
    Sie   schnappt nach Luft. »Und da fragst du mich, wie ich mich fühle? Ich fühle mich faul. Und langsam. Und uralt. Und ich habe Angst vor all diesen Maschinen. Das ist idiotisch, aber ich kann es nicht ändern. Ich bin nicht sicher, daß mir die neue Welt hundertprozentig gefällt.« Karen sieht, wie Hamiltons Kiefer sich verkrampfen. »Ich weiß - du willst von mir hören, wie großartig alles jetzt ist, aber da muß ich passen. Mir ist ziemlich klar, daß das Leben heute nicht so ist, wie es hätte werden sollen.« Sie passieren die Ausfahrten Cypress, Westmount und Caulfield. Pam hustet auf der Rückbank, ein Husten wie zwei dicke Steaks, die aneinanderklatschen, und Hamilton platzt heraus: »Du lieber Himmel, Pam - spuck diese Dinger doch in eine Tüte, dann können wir sie uns vielleicht zum Abendessen braten.“
    »Ha.«
    Immer noch Berge und Meer. »Ich glaube, ich weiß, was du meinst«, sagt Hamilton. »Wenn man die Welt als Ganzes betrachtet, müssen wir zugeben, daß das Leben hier, wo wir sind, gut ist. Aber auf eine perfide, Twilight-Zone-artige Weise steht uns nichts anderes mehr zur

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