GK0113 - Doktor Tods Höllenfahrt
John.
Konstabler Bedford blickte erst den Sergeanten an und dann den Inspektor. »Die Geräusche kamen aus dem Sarg. Erst war es nur ein Klopfen, und hinterher, als wir den Sarg dann transportierten, haben wir sogar ein Ächzen gehört. Wenn Sie meinen Kollegen fragen, Inspektor, der kann es bestätigen.«
»Warum haben Sie mir denn nichts davon gesagt?« blaffte der Sergeant.
Bedford hob die Schultern. »Hätten Sie mir denn geglaubt, Sergeant?«
»Hm. Wahrscheinlich nicht.«
»Das spielt ja auch keine Rolle«, mischte sich John Sinclair ein. »Tatsache ist, daß Ihr Kollege und Sie die Geräusche vernommen haben.«
»Ja.«
Der Sergeant hatte sich noch immer nicht beruhigt. »Sie waren doch nicht betrunken?«
»Auf keinen Fall, Sir.«
John hielt sich noch einige Minuten in dem Revier auf und bedankte sich dann bei dem Konstabler. Der Inspektor vergatterte die Beamten, über diesen Fall Stillschweigen zu bewahren. Anschließend fuhr John Sinclair wieder zum Yard zurück. Er ahnte nicht, daß Dr. Tod schon längst seine Fäden gezogen hatte. Daß er es mit List und Tücke geschafft hatte, John Sinclair ständig unter Beobachtung zu halten. Er würde zuschlagen. Aber zu einem Zeitpunkt, wenn der Inspektor nicht damit rechnete…
***
Knarrend öffnete sich der Sargdeckel. Die beiden Kerzenflammen zu beiden Seiten des Podestes begannen zu flackern. Mit schreckgeweiteten Augen starrte die junge, blonde Frau auf den Sarg.
Die Gestalt schraubte sich langsam aus der Totenkiste. Die junge Frau konnte nicht schreien. Sie war unfähig, überhaupt ein Glied zu rühren.
Der Unheimliche aus dem Sarg war ein Vampir. Überdeutlich traten die spitzen Zähne zu beiden Seiten des Kiefers hervor. Die Hände waren zu Krallen gekrümmt, die Augen verrieten eine namenlose Gier.
Lautlos näherte er sich seinem Opfer. Nadine Berger krampfte ihre Hände um die Sitzlehnen. Ihr Atem ging flach und schnell. Ein Schweißfilm hatte sich auf ihre Stirn gelegt.
Das Geschehen auf der Leinwand hielt sie gefesselt. Denn die junge Frau, die die schreckliche Angst vor dem Vampir hatte, war sie selbst.
Nadine Berger, Schauspielerin in diesem gräßlichen Horrorfilm, durchlebte noch einmal die Angst, die sie auch schon bei den Aufnahmen gespürt hatte, obwohl bald alles vorbei war. Der Vampir kam nicht mehr dazu, die blonde Frau zu seiner Sklavin zu machen.
Sekunden vorher tauchte der Retter auf und erledigte den Untaten auf die klassische Art und Weise. Genüßlich wurde der Todeskampf des Vampirs gezeigt, um den Film dann anschließend mit einer Liebesszene enden zu lassen. Alles hatte wieder seine Ordnung.
Stufenlos ging in dem großen Saal das Licht an. Und dann brach ein Beifallssturm los, wie Nadine Berger ihn selten erlebt hatte.
»Das wird ein Erfolg«, sagte neben ihr ein Mann. »Los, Nadine, Sie müssen aufstehen.«
Nadine erhob sich. Sie war noch immer etwas benommen. Auch die anderen Hauptdarsteller waren aufgestanden. Gemeinsam gingen sie zu der provisorisch aufgebauten Bühne.
Als letzter kam der Regisseur des Horror-Streifens. Sein Zahnpastalächeln war reklamereif. Er hatte die Hände über dem Kopf verschränkt und stand da wie Muhammed Ali in seinen besten Tagen.
Ein geringschätziges Lächeln umspielte Nadines Lippen. Sie mochte Mike Callahan nicht. Er erinnerte sie immer an einen aufgeblasenen Geier.
Trotzdem, dieser Mann hatte Einfälle. Schon allein der heutige Abend war eine Bombe.
Premiere eines Horror-Streifens an den Originalschauplätzen. Wenn das kein Reklamegag war! Gedreht hatten sie auf Darwood Castle, einem garantiert ›echten‹ Spukschloß. Es waren zwei aufregende Monate gewesen. Geschlafen wurde oben in den Gästezimmern. Das gesamte Filmteam war in den zwei Monaten zu einer Familie geworden. Beleuchter, Kameramänner, Schauspieler – jeder war für den anderen da.
Und dann die Premiere. Mike Callahan, Regisseur und gleichzeitig Produzent, hatte seine Beziehungen spielen lassen. Die Presse war geladen, Vertreter der Filmindustrie und die Repräsentanten der großen Illustrierten. Mike Callahan hatte eine Horror-Nacht arrangiert. Eine Horror-Nacht mit kaltem Büfett, Champagner, Musik und einigen engagierten Statisten, die die Gruselatmosphäre bringen sollten. Die Leute sollten gegen Mitternacht auftreten. Als Werwölfe oder Vampire verkleidet. Auch waren einige Monsterrollen vorgesehen. Man versprach sich von diesem Gag eine tolle Wirkung. Eingeweiht waren nur wenige. Die Gäste sollten
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