GK0122 - Der Fluch aus dem Dschungel
gefangengehalten. Drei Killer sind dort. Sie haben es auf van Haarems Diamantensammlung abgesehen.«
Ransome lehnte sich aufseufzend in die weichen Polster des Mercedes 600 zurück. »Ich habe es kommen sehen. Wie oft habe ich van Haarem gesagt, er solle seine Sammlung einer Bank übergeben. Nein, er konnte oder wollte nicht hören. Jetzt hat er die Quittung. Und was sollen wir tun? Polizei?«
»Genau.«
»Aber gefährden wir damit nicht die Geiseln. Kein Diamant auf der Welt wiegt das Leben eines Menschen auf.«
»Sie haben völlig recht, Mister Ransome. Nur – der Mann, dem – ich Bescheid gebe, ist Oberinspektor bei Scotland Yard und unser bester Freund. Er wird schon die richtige Entscheidung treffen.«
»Gut, dann wollen Sie zum New-Scotland-Yard-Building.«
»Ja, das heißt nein. John ist ja gar nicht da.« Sheila wirkte plötzlich sehr aufgeregt. Dann sagte sie: »Fahren Sie doch am besten hin. Irgendein Kollege wird wissen, wo ich John erreichen kann.«
»Hoffentlich haben Sie Glück«, sagte William P. Ransome. »Aber sollten Sie sich nicht hinterher in ambulante Behandlung begeben, Mrs. Conolly?«
Sheila blickte an sich herab. Ihre Kleidung war zerfetzt. Die Knie waren aufgescheuert, und das Blut war an den Beinen hinabgelaufen. Jetzt war es eingetrocknet und mit einer Kruste überzogen. Mit Sheilas Händen sah es nicht besser aus.
»Vielleicht später«, sagte Sheila. »Ich muß erst meinen Mann da rauskriegen. Diese Killer sind zu allem fähig. Hoffentlich erschießen sie Bill nicht aus Rache, weil ich ihnen entkommen bin. Es wäre immerhin möglich.«
William P. Ransome konnte Sheilas Ängste verstehen. Er gab seinem Chauffeur die Anweisung, schneller zu fahren. »Möchten Sie noch einen Schluck trinken?« fragte er Sheila.
Bills Frau schüttelte den Kopf. Im gleichen Augenblick schlug sie sich gegen die Stirn. »Himmel, daß ich da nicht dran gedacht habe. Sie haben doch ein Autotelefon?«
»Natürlich.«
Ransome drückte auf einen Knopf. Aus der Lehne des Vordersitzes löste sich eine Klappe. In dem dahinter liegenden Hohlraum befand sich ein Telefon.
Die Nummer von Scotland Yard kannte Sheila auswendig. Wie sie sich schon gedacht hatte, war John Sinclair nicht anwesend.
»Und wo ist er denn?« fragte Sheila. Ihre Stimme klang drängend. »Der Herr Oberinspektor befindet sich auf einer Konferenz beim Vertreter des Herrn Innenministers.«
»Und wie kann ich ihn dort erreichen?«
»Überhaupt nicht. Oberinspektor Sinclair kann und darf nicht gestört werden. Sein Vertreter ist Inspektor…«
»Ach hören Sie mir doch damit auf«, rief Sheila ärgerlich. »Es geht schließlich…«
Sie brach ab und legte wütend den Hörer auf. »Mein Gott, was sind das sture Typen. Ich kann nicht den gesamten Fahndungsapparat in Bewegung setzen.«
William P. Ransome legte Sheila seine Hand beruhigend auf die Schulter. »Keine Angst, Mrs. Conolly. Sie werden Oberinspektor Sinclair heute noch sprechen. Dafür garantiere ich. Schließlich habe ich auch meine Beziehungen.«
Und diesmal griff William P. Ransome zum Telefon…
***
Es gab etwas, was Oberinspektor Sinclair haßte wie die Pest. Das waren die langweiligen Konferenzen im Innenministerium, die sich oft bis in die Nacht hinzogen.
Meistens ging es um die Statistik des Verbrechens. Neue Zahlen waren errechnet worden und wurden nun interpretiert. Trockene Beamte, die sich plötzlich für den Nabel der Welt hielten, blühten förmlich unter den Zahlen auf, und war die Verbrecherquote in einem bestimmten Bereich einmal gesunken, taten sie, als wäre es ihr Verdienst allein gewesen. Stieg sie aber, so suchten sie die Schuld bei den anderen. Es war ein ewiger Kreislauf.
Sicher, die Herren kamen vom Ministerium und wollten vor dem Minister glänzen. Bisher hatte ihnen auch niemand zu widersprechen gewagt, bis John Sinclair ihnen einmal einige Tatsachen ins Gesicht geschleudert hatte. Das war vor einigen Monaten gewesen und seitdem galt John Sinclair bei den Herren vom Innenministerium als schwarzes Schaf, und manchem tat jetzt noch die Beförderung zum Oberinspektor leid.
Aber sie hatten nun mal nicht an Johns Erfolgen vorbeigehen können. Denn was John Sinclair schon aufgeklärt hatte, kam in die Nähe der Hundert-Prozent-Quote. Und es waren immer die Fälle gewesen, wo andere Polizisten versagt oder gar nicht mal angefangen hatten.
John Sinclair führte praktisch einen Ein-Mann-Krieg gegen die Mächte der Finsternis. Er hatte nicht umsonst den
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