GK0122 - Der Fluch aus dem Dschungel
aus dem Büro.
»Endlich, John«, hörte er Sheilas aufgeregte Stimme. »John hör jetzt genau zu. Bill befindet sich in den Händen von Mördern. Ich konnte gerade noch fliehen. Mister Ransome hat mich gerettet, und jetzt weiß ich nicht, was…«
»Erst einmal Ruhe bewahren«, sagte John. »Wo bist du im Augenblick?«
»Ganz in der Nähe. Auf dem kleinen Parkplatz an der Westminster Hall. Ich rufe aus Mister Ransomes Wagen an. Es ist ein Mercedes 600. Bitte, John, komm sofort. Ich bin verzweifelt, ich weiß nicht, was ich noch machen soll. Bill diese Leute sind gefährliche Killer. Sie würden Bill ohne mit der Wimper zu zucken erschießen.« Sheila begann zu weinen.
John sprach noch ein paar tröstende Worte und legte auf. Wie weggewischt war das jugendliche Grinsen aus seinen Mundwinkeln. Auch die stahlblauen Augen hatten den spöttischen Ausdruck verloren. John wirkte ernst und konzentriert.
Als Sinclair das Büro verließ, stand der Saaldiener draußen und sah gegen die Decke. Der Oberinspektor war fast sicher, daß der Knabe gelauscht hatte. Aber das spielte im Augenblick keine Rolle.
Johns Mantel hing in einem Garderobenschrank. Der Oberinspektor warf sich den Trench über und wollte gerade loseilen, als ihn Superintendent Powells Stimme zurückhielt.
»Einen Moment noch, Oberinspektor!«
Wütend drehte sich John um. Powell kam wieder im schlechtesten Augenblick.
Der Superintendent schnaufte. Die Augen hinter seinen dicken Brillengläsern blitzten böse. »Also wenn das wieder einer von ihren verdammten Tricks war, Oberinspektor, dann war es ein schlechter.«
John atmete tief ein. Gewaltsam zwang er sich zur Ruhe. »Okay, Sir«, sagte er. »Es ist keiner von meinen Tricks. In diesem Fall geht es um Leben und Tod. Man hat Bill Conolly gekidnappt, soviel ich bisher weiß. Sheila Conolly ist den Gangstern im letzten Augenblick entkommen.«
Powells Mund klappte zu. Von einem Augenblick zum anderen wurde der Mann wieder der kühle Stratege. »Was gedenken Sie zu unternehmen, Oberinspektor?«
»Ich muß erst mal mit Sheila reden. Dann kann ich weitersehen.«
»Sie halten mich auf dem Laufenden!«
»Ja, Sir.«
John drehte sich um und verschwand. Er nahm nicht den Aufzug, sondern lief mit Riesenschritten die Treppe hinunter. Es hatte wieder angefangen zu nieseln, und John stellte den Kragen seines Burberrys hoch.
Überall patrouillierten Sicherheitsbeamte. Nach den Terroranschlägen wurde das gesamte Regierungsviertel doppelt gut bewacht.
Auf der Betonfläche des Parkplatzes standen nur wenige Wagen. John entdeckte den Mercedes sofort.
Ein Mann stieg aus, als er den Oberinspektor heranlaufen sah. Der Unbekannte mußte dieser Ransome sein. Er trug einen dunklen Hut und einen Mantel von ebensolcher Farbe. Ransome hatte ein gutmütiges, leicht rosiges Gesicht mit scharf blickenden Augen. Sein Händedruck war kräftig.
»Sie sind Oberinspektor Sinclair?«
»Ja.« John zeigte seine Legitimation.
»Bitte. Mrs. Conolly sitzt im Wagen.«
John Sinclair stieg ein. Augenblicklich fiel ihm Sheila weinend um den Hals. »John«, flüsterte sie unter Schluchzen, »es war so schrecklich.«
Was Sheila durchgemacht hatte, konnte man ihr ansehen. Und langsam stieg in Oberinspektor Sinclair die Wut hoch.
William P. Ransome hatte neben seinem Chauffeur Platz genommen. »Sie muß viel durchgemacht haben«, sagte er, und es klang Mitleid in seiner Stimme mit.
Dann begann Sheila zu erzählen. Von Anfang an. Sie ließ nichts aus und beschönte nichts.
John hörte konzentriert zu. Sein sechster Sinn witterte förmlich den Fall des Übersinnlichen, Okkulten.
Sheila sprach über zehn Minuten, in denen sie John nicht ein einziges Mal unterbrochen hatte. Dann trocknete sie sich die Tränen ab und fragte: »Was sollen wir jetzt tun?«
»Auf keinen Fall eine Großaktion starten«, sagte John Sinclair. »Das ist ein Ein-Mann-Job. Ich werde mich um die Sache kümmern.« Die Stimme des Oberinspektors klang entschlossen, und wer John kannte, wußte, daß er nicht nur leere Worte machte.
»Entschuldigen Sie, daß ich mich einmische«, meinte William P. Ransome, »aber ist Ihr Vorhaben nicht zu gefährlich? Ich meine für Sie, und auch für Mister Conolly.«
»Das stimmt«, gab John zu. »Aber ich sehe keine bessere Möglichkeit. Wenn wir mit einem großen Polizeiaufgebot antanzen, sind die Gangster gewarnt, und das kann für die beiden Geiseln – man muß Mister van Haarem ja schließlich auch dazu rechnen – sehr üble
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