GK0129 - Das Phantom von Soho
Monty Parker den Kopf. Seine Augen stierten direkt das kleine Guckloch an. John Sinclair hatte das Gefühl, von Monty Parkers stechendem Blick durchbohrt zu werden. Und der Oberinspektor war sicher, daß das Phantom von Soho genau wußte, wer hinter der Tür lauerte.
Demonstrativ hob Monty Parker den Arm mit dem Messer, hielt die blutverschmierte Klinge dicht vor sein Gesicht, und aus dem offenen Mund drang ein satanisches Hohngelächter, das auf John Sinclairs Rücken einen kalten Schauer erzeugte.
Der Oberinspektor gab sich einen Ruck, löste seinen Blick von dem Guckloch und wandte sich um.
Schreckensbleich starrte Direktor Conrad den Geisterjäger an. Auch ihm war das fürchterliche Gelächter unter die Haut gefahren.
»Schließen Sie die Zelle auf!« herrschte John Sinclair den Mann an. »Denn dort sitzt der Killer! Er hält das blutverschmierte Messer noch in der Hand. Von wegen ausbruchsicher.«
Der Direktor hob die Schultern. »Ich besitze keinen Schlüssel«, sagte er mit leiser Stimme.
»Dann besorgen Sie einen!«
Der Anstaltsdirektor war völlig durcheinander. Zum Glück kamen einige Wärter den Gang entlanggelaufen. Sie waren durch das Gelächter alarmiert worden. Der Wärter mit der Glatze, der John hergeführt hatte, war ebenfalls dabei. Fragend sahen die Männer den Direktor an.
»Schließen Sie die Zelle auf, Miles«, sagte der Direktor.
Der Glatzkopf griff in die Hosentasche. Seine Hand kam mit einem Schlüsselbund wieder zum Vorschein.
»Nun beeilen Sie sich«, drängte John.
Das Gelächter war verstummt. Die folgende Stille war bedrückend.
Der Wärter fummelte am Schloß herum, seine Finger zitterten. Doch schließlich hatte er es geschafft.
Die Tür schwang auf.
John betrat als erster die Zelle. Die entsicherte Pistole lag schußbereit in seiner Rechten.
Monty Parker hockte auf dem Rand seines Bettes. Lächelnd blickte er den Männern entgegen.
John Sinclair starrte auf Parkers Hände. Sie waren leer.
»Wo ist das Messer?« John Sinclairs Augen funkelten, als er Monty Parker anblickte.
Parker breitete beide Arme aus. »Wovon sprechen Sie?«
»Das wissen Sie ganz genau. Ich rede von der Waffe, die sie vorhin in der Hand gehalten haben.« John trat einen Schritt vor. »Los, stehen Sie auf, und dann an die Wand!«
Monty Parker erhob sich langsam. Vorschriftsmäßig ließ er sich mit beiden Händen voran gegen die Wand fallen.
Schnell und geschickt tastete John den Mörder ab. Doch das Messer fand er nicht.
»Bleib so stehen«, sagte John, steckte die Waffe weg und begann, das Zimmer zu durchsuchen.
Die Einrichtung war kärglich. Ein Bett, ein Stuhl, ein Waschbecken und eine Toilette. Über dem Bett befand sich das Fenster. Ein kleines, vergittertes Rechteck.
John sah überall nach. Sogar in der Toilette, doch von dem Messer fehlte weiterhin jede Spur.
Langsam stieg in John Sinclair die Wut hoch. Dieser Kerl hatte es tatsächlich geschafft, ihn zum Narren zu halten. Zuletzt hob der Geisterjäger die Matratze hoch.
Außer verrosteten Bettfedern befand sich nichts darunter. Der Boden der Zelle war glatt und fugenlos. Eine Falltür gab es demnach auch nicht.
Doch plötzlich stutzte der Oberinspektor. Direkt neben dem Fenster hatte jemand etwas auf die Wand gekritzelt. John trat näher heran und betrachtete die ungelenken Buchstaben.
Es waren fünf Namen!
Fünf Namen auf der Todesliste.
Als erster stand dort Hugh Crayton, der ehemalige Richter. Und durch seinen Namen war ein Strich gezogen worden. Hugh Crayton war tot…
Eine Gänsehaut lief über Johns Rücken. Er las den zweiten Namen. William Mansing, Staatsanwalt. Dann folgten Paula Adderly und Ronald Warren, die beiden Schöffen. Und als letzter Name stand dort John Sinclair.
Tief atmete der Geisterjäger ein. Er drehte sich um.
Monty Parker hatte den Kopf gewandt und ihn aus schmalen Augenschlitzen beobachtet.
»Kann ich mich wieder hinsetzen?« fragte er.
»Ja.«
Monty Parker ging zu seinem Bett und nahm auf der Kante Platz.
Der Anstaltsdirektor und die Wärter hatten Johns Tun bisher schweigend beobachtet. Jetzt aber wandte sich Direktor Conrad an den Geisterjäger.
»Könnte es sein, daß Sie sich geirrt haben, Herr Oberinspektor? Ich meine, ich will Ihnen nicht zu nahe treten. Aber Sie haben sich da in eine Sache verrannt, die Sie bestimmt sehr beschäftigt. Und da ist es leicht möglich, daß Sie Halluzinationen haben. Sie wären nicht der erste. Wir haben da so unsere Erfahrungen.«
John lächelte knapp.
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