GK0141 - Irrfahrt ins Jenseits
wehrlos in ihren Klauen.
Die Hälfte des Weges hatte John schon hinter sich. Vergeblich bemühte er sich, aus der Umklammerung zu kommen. Bäuchlings wurde er über den Steinboden gezogen und kam den Höllenboten immer näher.
Nur noch Sekunden, dann war es aus.
Und dann sah John Sinclair die brennende Fackel. Vielleicht zum erstenmal bewußt.
Augenblicklich kam ihm die Idee.
Den linken Arm hatte der Geister-Jäger frei, der rechte war ihm durch die Schnur an den Körper gepreßt worden.
John streckte den Arm aus, spreizte die Finger – und bekam die Fackel zu fassen.
Hart packte er zu.
Im Liegen noch hob er den Arm, sah die unheimliche Gestalt des Gesichtslosen dicht vor sich und auch das Skelettgesicht des Kelems, der wohl ahnte, was geschehen würde und sich plötzlich in Sicherheit brachte.
Der Gesichtslose schaffte es nicht.
John Sinclair schleuderte den Arm vor.
Die Kutte fing Feuer. Von einer Sekunde zur anderen leckten die Flammen hoch.
FEUER! Das war es, was die Dämonen am meisten fürchteten. Denn dagegen hatten sie noch kein Mittel gefunden.
Der Gesichtslose brüllte infernalisch auf. Die Flammen hatten jetzt die gesamte Kutte erfaßt, ringelten hoch bis zur Kapuze.
Die Hand des Gesichtslosen, die den Peitschenstiel hielt, öffnete sich.
Der kurze Stiel klatschte zu Boden.
Rasch packte John ihn und rollte sich aus der gefährlichen Fesselung.
Er war für einige Sekunden abgelenkt und bekam deshalb nicht mit, was sich hinter ihm abspielte.
Der Gesichtlose war in das Verlies hineingerannt. Schreiend und als lebende Fackel jagte er durch das Gewölbe. Er schlug die Arme hin und her, versuchte vergeblich die Flammen zu löschen.
Aber auch der Kelem schrie. Der Gesichtslose war ein Teil von ihm, und wenn er Schmerzen spürte, fühlte sie auch der Kelem.
Doch der Gesichtslose wollte nicht allein sterben. Nein, er wollte die andere Hälfte seines Seins mit in die finstere Dämonenhölle nehmen.
Aus dem Paar waren plötzlich tödliche Gegner geworden. Der Gesichtslose jagte den Kelem durch das Verlies, und John Sinclair, der sich der Schnur entledigt hatte, nutzte die Gelegenheit, sprang auf, packte Alice Paine, jagte mit ihr einige Stufen hoch und legte das Mädchen dann nieder.
Dann hetzte John wieder zurück.
Er kam gerade zurecht, um den Todeskampf des Gesichtslosen mit zu erleben.
Die Kutte war jetzt völlig verbrannt. Ein letztes Aufflackern der Flammen noch, dann war es vorbei. Grüne Asche lag auf dem Boden. Mehr war von dem Gesichtslosen nicht übrig geblieben.
Aber noch lebte der Kelem.
Obwohl er um die Hälfte seiner Kraft beraubt worden war, dachte er nicht daran aufzugeben.
Doch auch John Sinclair war kein Waisenknabe.
Er beobachtete den Kelem genau, bückte sich in einem günstigen Augenblick und hielt dann wieder die Fackel in der Hand.
Der Lichtschein zuckte über John Sinclairs hartes angespanntes Gesicht, ließ seine Züge aussehen wie aus Granit gemeißelt.
Das Skelett heulte auf. Der Schädel wischte hin und her, der Kelem suchte nach einem Ausweg.
Und fand ihn plötzlich.
Blitzschnell jagte er auf die Tür zu, die zu seinem eigenen Verlies führte. Ehe John reagieren konnte, hatte er sie aufgerissen.
Sinclair flog durch die Luft, prallte gegen das Holz, stieß die Tür auf und fiel in das dahinterliegende Verlies.
John prallte hart auf die Erde, wälzte sich auf den Rücken, wollte wieder hochschnellen, doch im gleichen Atemzug blieb ihm fast das Herz stehen.
Der Kelem hielt einen schweren Sarkophagdeckel mit beiden Händen umklammert und war bereit, ihn John Sinclair in der nächsten Sekunde auf den Schädel zu schmettern…
***
John Sinclair sah den schweren Sarkophagdeckel herabsausen und rollte sich im allerletzten Augenblick zur Seite.
Er drehte sich ein paarmal um die eigene Achse, wußte für Sekunden nicht wo links und rechts oder oben und unten war – dann knallte der schwere Deckel neben ihm zu Boden.
Es gab einen mörderischen Krach.
Singend sprang der Deckel in tausend Stücke. Die Brocken flogen wie Geschosse durch das Verlies, klatschten gegen die dicken Steinwände und wurden nochmals zertrümmert.
John Sinclair hatte die Fackel fallen gelassen. Er lag auf dem Boden und deckte mit beiden Armen seinen Kopf. Ein Splitter fetzte ihm den Jackenärmel auf und riß eine blutige Furche in seinen Oberarm.
Jetzt hatte der Kelem die Chance, seinen Todfeind zu erledigen, doch das Gegenteil war der Fall.
Der wütende Schrei des Kelems jagte
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