GK0160 - Die Totenkopf-Gang
geklemmt.
Sein Hemd war durchgeschwitzt, und die Anzugsjacke sah aus wie ein verbeulter Hut.
Die beiden Beamten standen oben auf dem Kai, und John gab noch mal seine Erlebnisse zum Besten.
Spencer schüttelte immer wieder seinen eckigen Kopf. »Das haut doch dem Faß den Boden aus«, sagte er. »Sind Sie eigentlich ein Glückspilz oder ein Pechvogel, Sinclair?«
John grinste schmal. »Beides.«
»Ja, das glaube ich auch«, stöhnte Spencer. Er strich sich mit der Hand über den breiten Nasenrücken. »Tyler hat von vier Knochenmännern erzählt«, sagte er. »Zwei haben Sie erledigt. Frage: wo sind die anderen beiden?«
John hob die Schultern. »Keine Ahnung. Ich habe ja versucht, etwas aus dem Gerippe herauszubekommen, aber anscheinend konnte das Monster nicht sprechen, oder es wollte nicht. Ich muß Ihnen ehrlich sagen, Spencer, mich interessiert viel mehr, wer diesen Skeletten die Befehle gibt. Die tun das nicht aus eigenem Antrieb, da steckt doch ein denkender Kopf dahinter.«
»Haben Sie denn einen Verdacht?« fragte Spencer und blickte den blondhaarigen Oberinspektor schräg von unten her an.
»Eigentlich nicht«, erwiderte John gedankenverloren. »Nur ein Gefühl.«
Spencer winkte ab. »Danach kann man nicht gehen.«
»Im Prinzip haben Sie recht, Kollege. Aber ich habe im Laufe der Zeit gelernt, doch auf Gefühle zu achten. Es gibt Fälle, bei denen man mit reiner Logik nicht mehr weiterkommt. Man muß dann zwischen den Zeilen lesen, muß auf Stimmungen und Ahnungen achten und sie zu einem Mosaik zusammenfügen, um endlich ans Ziel zu gelangen.«
Spencer hatte John sprachlos und mit offenem Mund zugehört. Jetzt schüttelte er verständnislos den Kopf. »Also das ist zu hoch für mich, Sinclair. Nee, ich verlasse mich lieber auf meine Polizeierfahrung. Damit bin ich zwanzig Jahre lang gut gefahren.«
Einer von Spencers Leuten winkte von Bord der Yacht her. »Nichts, Inspektor«, rief er. »Wir haben nichts gefunden.«
Spencer stieß einen nicht druckreifen Fluch aus. Dann fragte er: »Habt ihr denn mittlerweile ermittelt, wem die Yacht gehört?«
»Ist nichts bei rausgekommen, Chef. Wir haben bei den zuständigen Stellen angerufen, aber es ist kein Besitzer gemeldet.«
»Mist, verdammter. Habe ich mir fast gedacht. Und nun?« Spencer blickte John Sinclair an, »nun sind wir mit unserem Latein am Ende.«
»Das würde ich nicht sagen.«
»Kommen Sie mir nur nicht wieder mit Ihren Gefühlen und Ahnungen.«
»Nein, nein. Gehen wir doch mal von rein logischen Gesichtspunkten aus. Henry Graf, ein Rauschgiftboß, wird erschossen. Auf einen anderen Supergangster wird ebenfalls ein Attentat verübt, das jedoch mißlingt. Folgerung: eine andere – dritte – Bande hat ihre Hände im Spiel.«
»Ja, soweit waren wir auch schon heute vormittag«, sagte Spencer giftig.
»Moment. Diese dritte Bande arbeitet mit magischen Tricks, das steht fest, obwohl Sie es ja noch nicht einsehen«, sagte John, als er Spencers zweifelndes Gesicht sah. »Aber die Bande hat recht irdische Ziele. Alles sieht danach aus, als wolle sie den Rauschgiftmarkt in die Hände bekommen.«
»Dann schwebt unser Freund Tyler weiterhin in großer Gefahr, wenn wir mal Ihre Theorie als die richtige gelten lassen.«
»Genauso ist es.«
»Hm!« Spencer dachte laut nach. »Aber Tyler ist gut bewacht, dem kann nichts passieren. Ich habe vorhin noch mit den beiden Beamten gesprochen, die wir vor dem Haus postiert haben. Jamie hat sich noch nicht aus seinem Loch gerührt.«
»Trotzdem sollten wir augenblicklich zu ihm fahren und uns die nächste Nacht in seiner Wohnung aufhalten. Die Skelette werden bestimmt zurückkommen, um Tyler umzubringen.«
Spencer verzog das Gesicht. »Wenn ich daran denke, daß ich solch eine miese Ratte…«
»Egal, das andere geht vor. Und vielleicht können wir Tyler im Zuge der Überwachung einiges nachweisen.«
»Okay«, stöhnte Spencer. »Sie haben mich überzeugt. Fahren wir mit meinem Wagen?«
»Nein, wir nehmen den Bentley.«
Inspektor Spencer informierte seinen Stellvertreter, wo er in den nächsten Stunden zu erreichen sei, und nickte dann anerkennend, als er vor Johns Bentley stand.
»Sie müssen doch ein Schweinegeld verdienen, Sinclair.«
»Halb so schlimm. Ich spare mir den Wagen vom Munde ab.«
»Wer’s glaubt, wird selig«, erwiderte Spencer.
Anschließend fühlte er sich wie ein König, als er in dem Wagen saß.
John grinste still vor sich hin. Irgendwie mochte er diesen bärbeißigen
Weitere Kostenlose Bücher