GK0208 - Im Haus des Schreckens
in einer Schublade.
Dann packte sie den Toten unter beiden Achselhöhlen, schleifte ihn in die Küche und steckte die Leiche dort in die leere Vorratskammer.
Genau der richtige Ort, fand die Frau.
Sie verschloß die Kammer wieder und lief zurück in den Living-room.
Die Couch war mit Blut besudelt. Auch auf dem Teppich waren die dunklen Flecke zu sehen.
Wenn Eve Gordon zurückkam, sollte sie nicht sofort mitbekommen, was vorgefallen war. Deshalb holte Mrs. Longford aus dem Schlafraum eine Decke und breitete sie über die beschmutzte Couch.
Die Flecken, die das Essen hinterlassen hatte, störten sie nicht. Die Pfanne hatte sie schon längst in die Küche gestellt.
Mrs. Longford trat ans Fenster und schob die Gardine zur Seite. Durch die Büsche des Vorgartens war der direkte Blick auf die Straße verwehrt. Sie konnte aber trotzdem erkennen, daß das Leben in der Charles Street normal weiterging. Sie sah die fahrenden Autos, die Menschen, die bei dem herrlichen Wetter spazieren gingen, und sie sah die Kinder, die auf den Bürgersteigen spielten.
Nichts, aber auch gar nichts deutete darauf hin welch schreckliches Drama sich in dieser Straße und hinter der renovierten Fassade des alten Hauses abgespielt hatte.
Die Menschen waren ahnungslos.
Dann kam Eve Gordon.
Das Mädchen trug eine Einkaufstüte. Eve ging ziemlich schnell, bog in den kleinen Vorgarten ein und stand wenig später schon vor der Haustür.
Ein böses Lächeln umspielte die Lippen der Frau, als sie ging, um Eve Gordon zu öffnen…
***
»So, alles klar«, sagte Eve und versuchte, ihrer Stimme einen normalen Klang zu geben. Sie deutete auf den aus der Tüte ragenden Flaschenhals. »Zu trinken habe ich auch etwas mitgebracht.«
Mrs. Longford nickte. »Gut, gut. Jetzt komm aber erst mal rein.«
Eve schob sich an ihrer Tante vorbei. Mißtrauisch blickte sie die Frau an. »Was ist los? Du bist so freundlich?«
Mrs. Longford schloß die Tür. »Ich bin nicht anders als sonst, mein Kind.« Dann kicherte sie plötzlich. »Du kennst mich nur noch nicht.«
Mit einer liebevollen Geste strich sie Eve über die Wange, doch das Girl zuckte vor der Berührung zurück.
»Irgend etwas stimmt doch hier nicht«, sagte Eve. Sie ging in den Living-room und blieb schon direkt hinter der Tür stehen.
»Wo ist Garry?«
»Du meinst deinen Freund?«
»Wen denn sonst.«
»Geh erst mal ins Zimmer. Ich muß dir nämlich etwas sagen.« Betty Longfords Stimme hatte einen besorgten, fürsorglichen Unterton.
Eve Gordon ließ sich in den Sessel fallen. Die Tüte hatte sie auf den Boden gestellt. Zigaretten und die Whiskyflasche stellte sie auf den Tisch.
»Ich will endlich wissen, wo Garry ist!«
Mrs. Longford setzte sich Eve Gordon gegenüber. Sie sagte: »Er ist nicht mehr hier!«
»Nicht mehr hier…?« Eves überraschtes Gesicht war wirklich sehenswert. »Aber – wo ist er dann?«
»Gegangen.« Betty Longford nickte. »Er ist fortgegangen«, log sie mit unbewegtem Gesicht.
»Nein!« Eve Gordon schüttelte den Kopf. »Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Es ist aber eine Tatsache.«
»Und aus welchem Grund ist Garry fortgelaufen? Er war nämlich froh, daß er sich hier verstecken konnte. Und jetzt kommst du an und erzählst, er wäre verschwunden. Das glaube ich dir nicht, Tante. Was hast du mit ihm angestellt?«
»Ich?« Betty Longford deutete auf sich selbst. »Was soll ich denn mit ihm angestellt haben? Ich war doch in der Küche und habe ihm dort ein Essen zubereitet. Und plötzlich war er auf einmal weg. Ich habe ihn noch zur Tür hinausgehen sehen. Er hat kein Wort des Abschieds gesagt. Ist einfach gegangen.«
Eve sprang auf. »Das glaube ich dir nicht, Tante.« Sie ging um den Tisch herum und blieb dicht vor Betty Longford stehen, die dem Blick ihrer Nichte gelassen standhielt. Doch plötzlich weiteten sich Eves Augen. Sie hatte die Konturen der Pistole entdeckt, die sich unter dem Kostümstoff der Tasche abzeichneten.
»Du trägst eine Waffe?« fragte sie lauernd.
Betty Longford schielte auf ihre Jackentasche. »Ja… ich…«
»Laß doch mal sehen.«
Ehe Betty Longford es verhindern konnte, hatte Eve die Tasche geöffnet. Ihre Hand fuhr hinein, und dann hielt sie schon die Astra-Pistole in den Fingern.
Wie unbeabsichtigt zeigte die Mündung auf die im Sessel sitzende Betty Longford. »Wem gehört die Waffe?« fragte Eve.
»Mir.«
»Seit wann läufst du mit einer Pistole herum?«
»Schon immer. Ich wohne allein hier. Ich bin eine
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