GK053 - Frisches Blut für den Vampir
nun den Pfahl. Tony packte ihn hastig am Arm.
Newman schaute ihn erstaunt an.
»Was ist, Tony? Können Sie nicht mit ansehen, wie ich diese Bestie vernichte?«
Ballard fuhr sich aufgeregt über die Augen.
»Das Verfluchte daran ist, dass er nicht wie eine Bestie aussieht.«
»Heute Nacht kann er sich schon in diese Bestie verwandeln, Tony. Er ist ein Vampir. Er wird gnadenlos töten, wenn seine Gier nach Blut erwacht. Männer, Frauen, ja sogar Kinder werden vor ihm nicht sicher sein. Es muss geschehen, Tony. Lassen Sie meinen Arm los.«
Tony Ballard sagte mit funkelnden Augen: »Ich möchte sehen, wie er zum Leben erwacht.«
Rob Newman erschrak; »Man, wissen Sie, was Sie da sagen?«
»Ich will es sehen, Rob.«
Newman schüttelte besorgt den Kopf.
»Wissen Sie, was man mir im Allgemeinen nachsagt? Ich hätte so gut wie gar keine Nerven. Aber mit Ihnen scheint es noch viel schlimmer zu stehen, Tony.«
»Wir können ihn später immer noch mit dem Pfahl töten.«
Newman lachte bitter.
»Gebe Gott, dass wir dann noch die Zeit und die Kraft dazu haben.«
***
Der Theaterbesuch fiel ins Wasser. Das gab Tränen bei Vicky, Wutausbrüche und für Tony Ballard einen glatten Hinauswurf. Sie schrie ihm noch nach, er solle sich bei ihr ja nicht mehr blicken lassen, und er konnte ihren Zorn sogar verstehen. Den ganzen Tag hatte sie sich auf diesen Abend gefreut. Sie hatte beim Friseur davon gesprochen, sie hatte sich eigens für diesen Abend ein neues Kleid gekauft. Und dann war Tony zu ihr gekommen, um ihr zu eröffnen, er könne mit ihr unmöglich nach London fahren, er hätte hier, im Leichenschauhaus, etwas Wichtiges zu erledigen.
Ausgerechnet an diesem Abend, auf den sich Vicky Bonney ganz besonders gefreut hatte. Tony hatte ihr vorgeschlagen, mit einer Freundin nach London zu fahren, und er hatte die Theaterkarten auf den Tisch gelegt. Dann hatte ihn Vicky tränenüberströmt hinausgeworfen. So sind Mädchen eben. Sie können nicht verstehen, dass einem Mann die Pflicht wichtiger sein kann als das Vergnügen.
Übel gelaunt kam Tony Ballard ins Leichenschauhaus, wo er von Rob Newman erwartet wurde.
»Ist Ihnen eine Laus über die Leber gelaufen, Tony?«, erkundigte sich Newman.
»Ja. Aber das hat nichts mit dem zu tun, was wir vorhaben.«
»Sie wollen nicht darüber reden, eh?«
»Nein, verdammt noch mal.«
»Okay, okay. Ich bin ja schon still.«
»Was macht Doohan?«
»Vorhin regte er sich noch nicht.«
Sie durchschritten hastig den Gang und betraten die Leichenhalle. Rob Newman prallte entsetzt zurück.
»O mein Gott!«, stieß er bestürzt hervor. »Doohan ist nicht mehr da!«
Tony stieß ihn aufgeregt beiseite und rannte auf das offen stehende Fenster zu.
Der Untote lief über ein weites Feld.
»Dort läuft er!«, keuchte Ballard aufgeregt. »Woher hat er die Kleider?«
»Sie werden in diesem Schrank aufbewahrt«, sagte Rob Newman nervös. »Ich schließe die Tür immer ab und trage den Schlüssel bei mir.«
Die Schranktür war offen. Doohan hatte sie aufgebrochen.
Tony sprang aus dem Fenster. Rob Newman holte den Holzpfahl und folgte ihm. Nebeneinander liefen sie hinter dem Vampir her, der inzwischen ein kleines Wäldchen erreicht hatte und darin verschwunden war.
»Ich übernehme keine Verantwortung für das, was jetzt alles passieren wird, Tony!«, stellte Rob Newman keuchend klar.
»Schon gut, es geht auf meine Kappe!«, fauchte Tony Ballard ärgerlich. Erst der Streit mit Vicky und nun dieser Misserfolg. Der Abend hatte es in sich.
Sie hörten Doohan durch das Unterholz streifen und folgten den Geräuschen, die er verursachte. Bald verließen sie das kleine Wäldchen. Doohan hatte sie erspäht, aber er griff sie nicht an, sondern floh vor ihnen.
Natürlich konnte das eine Finte sein. Vielleicht wollte er sie mit seiner Flucht in eine Falle locken. Egal, was Doohan mit ihnen vorhatte, sie folgten ihm.
Er lief zum Moor. Der Nebel umwallte ihn wie ein weiter Mantel. Seine Augen glühten böse. Mordlust glotzte darin.
Als er das Moor erreicht hatte, blieb er stehen. Er lief nicht mehr weiter, wandte sich um und starrte den Verfolgern mit einem grausamen Grinsen um die blutleeren Lippen entgegen.
Rob Newman umklammerte den Holzpfahl. Mit zaghaften Schritten näherte er sich dem Vampir. Eine eisige Kälte ging von Doohan aus. Im fahlen Licht des Mondes blitzten und schimmerten die langen gefährlichen Eckzähne.
Tony Ballard zog seine Dienstwaffe.
William Doohan stieß ein heiseres,
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