GK072 - Die Feuerbestien
mit steinharter Miene.
»Was ist morgen?«, fragte ich.
»Morgen werden wir beide versuchen, Sarah zu vernichten, Tony.«
»Warum erst morgen?«, fragte ich voll Ungeduld. »Warum tun wir es nicht schon heute?«
»Es sind noch Vorbereitungen zu treffen. Wir müssen gut gewappnet sein, wenn wir gegen Sarah losziehen. Sie ist nahezu allmächtig. Wer ihre dämonischen Kräfte unterschätzt, bezahlt diesen Leichtsinn mit seinem Leben.«
Ich nickte seufzend.
»Okay. Also morgen.«
Ich konnte die Stunde der Wahrheit kaum noch erwarten.
Als ich ging, bemerkte ich durch Zufall, dass auch Lance Selby ein ledernes Amulett um den Hals trug. Die Sache schien sich allmählich zuzuspitzen.
***
Der Abend kam, und mit ihm kam ein langweiliges Fernsehprogramm. Ich hätte den Flimmerkasten nicht aufgedreht, wenn ich etwas anderes zu tun gehabt hätte.
Aber ich hielt dieses Nichtstun und Abwarten nicht aus.
Morgen! Morgen würden wir gegen diese verdammte Hexe in den Krieg ziehen. Bis morgen war es noch so verflixt lang.
Inzwischen verlangte man von mir, ruhig herumzusitzen und die Hände in den Schoß zu legen. Das ging mir gegen den Strich. Ich bin ein Mann der Tat. Still sitzen hatte ich als Junge nicht gekonnt, und daran hat sich bis zum heutigen Tag nichts geändert.
Wenn Lance Selby aber sagte, wir würden die Sache morgen in Angriff nehmen, dann hatte er dafür sicherlich seine Gründe.
Er war mit der Materie besser vertraut als ich. Es wäre unvernünftig gewesen, nicht auf ihn zu hören.
Deshalb saß ich mit Vicky vor dem Farbfernseher und ließ einen öden Film an mir vorüberziehen. Dabei musste ich pausenlos gähnen.
Auch Vicky war nicht bei der Sache.
Allerdings aus einem anderen Grund, von dem ich aber keine Ahnung hatte.
Sie saß neben mir halb schräg im Sessel. Ihr eleganter Hausanzug schillerte wie pures Silber.
Während ich auf den Bildschirm schaute, blickte sie mich heimlich an.
Mir fiel es nicht auf.
Wenn ich sie ansah, schaute sie jedes Mal schnell weg.
In ihren Augen war Feindseligkeit. Ich deutete es falscherweise als Ärger über das Programm. Sie war seltsam nervös. Ich dachte, das käme von den vielen Aufregungen, die wir schon hinter uns hatten.
Schließlich vermochte sie nicht länger sitzen zu bleiben.
Sie stand schnell auf; sagte, sie hätte Durst, verließ das Wohnzimmer und ging in die Küche.
Da zog sie die Schublade auf und fasste nach dem Griff jenes Messers, das die längste und schärfste Klinge hatte…
***
Dr. Robert Hall, der Arzt mit der roten Narbe, die schräg über sein Gesicht verlief, hatte versprochen, am Abend noch einmal nach Angie Scott zu sehen. Das rothaarige Mädchen lag erschöpft in ihrem Bett, schlief aber nicht.
Angie unterbrach ihren Gedankenfluss und lauschte.
Draußen auf dem Gang waren Schritte zu hören.
Dr. Hall, dachte das Mädchen.
Die Schritte erreichten die Tür, die gleich darauf aufschwang.
Es war tatsächlich Dr. Hall. Er trat mit einem freundlichen Lächeln ein.
»Wie geht’s, Miss Scott?«
»Wann darf ich nach Hause gehen, Doktor?«
Dr. Hall lächelte verständnisvoll.
»Es gefällt Ihnen nicht besonders bei uns, nicht wahr?«
»Wem gefällt es schon in einem Krankenhaus.«
»Mir zum Beispiel.«
»Sie sind nicht krank. Wenn Sie krank wären, würden Sie das nicht sagen.«
Dr. Hall kam näher an das Bett heran.
»Nach Hause gehen möchten Sie also.«
»Ja, Doktor.«
»Lieber heute als morgen?«
»Mhm.«
Robert Hall lachte.
»Was würden Sie sagen, wenn ich Ihnen erlaubte, jetzt aufzustehen und nach Hause zu gehen, Miss Scott?«
»Ich würde denken, dass Sie scherzen.«
»Es ist mein Ernst.«
»Seit wann werden Patienten denn abends nach Hause geschickt?«
»Üblicherweise werden die Patienten vormittags entlassen, das ist richtig, Miss Scott. Aber in Ihrem Fall will ich eine Ausnahme machen!«
Die letzten Worte kamen wie ein Bellen aus dem Mund des Arztes. Angie erschrak. Sie schaute Dr. Hall mit geweiteten Augen an – und jetzt erst sah sie, dass sie gar nicht Dr. Robert Hall vor sich hatte…
***
Vicky atmete aufgeregt durch. Ein seltsames Lächeln glitt über ihr Gesicht und verschwand gleich darauf wieder, um einem eiskalten, hasserfüllten Ausdruck Platz zu machen.
Sie war nicht mehr sie selbst.
Sie war zu Sarahs willigem Werkzeug geworden. Mit böse funkelnden Augen blickte sie auf die lange Klinge des Tranchiermessers.
Ihre Finger umschlossen den Griff hart und fest. Die Knöchel traten weiß durch
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