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GK201 - Der Hexer von Colombo

GK201 - Der Hexer von Colombo

Titel: GK201 - Der Hexer von Colombo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A.F.Morland
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sein müsse.
    Es war nicht der Lord.
    Als seine großen, unruhigen Augen mich und meinen weißen Peugeot sahen, legte sich ein zutiefst enttäuschter Ausdruck auf sein Gesicht, und sein angespannter Körper erschlaffte sichtbar. Das hieß für mich: man erwartete hier etwas oder jemand anderen voll brennender Ungeduld. Ich war deswegen nicht beleidigt.
    »Verzeihen Sie die Störung«, sagte ich mit einem gewinnenden Lächeln. »Mein Name ist Anthony Ballard. Ich suche Mr. Lorne Waiss…«
    Ich schien irgend etwas Falsches gesagt zu haben, denn der Mann stöhnte auf und rang verzweifelt die Hände, und dann sprudelte so vieles aus ihm heraus, daß ich Mühe hatte, ihm zu folgen. Sein Name war Elias Nelson. Er war der Verwalter des riesigen Gutes, und Lord Alistair hatte ihm gestattet, an der Jagd teilzunehmen. Man war auf rassigen, hochbeinigen Pferden ausgeritten, und es wäre ein wundervoller Tag geworden, den Mr. Waiss noch lange in angenehmer Erinnerung behalten hätte…
    Nun, erinnern würde sich Waiss in jedem Fall an diesen Tag. Leider.
    Mich überlief es unwillkürlich kalt.
    »Was ist passiert, Mr. Nelson?« fragte ich erschrocken. »Wen haben Sie statt mir erwartet?«
    »Den Ambulanzwagen.«
    Das darf doch wohl nicht wahr sein! schrie es in mir. Zuerst treffe ich Waiss nicht in seinem Hotel an, ich mache deshalb die Fahrt hierher, und nun ist etwas passiert, das das Eintreffen eines Ambulanzwagens erforderlich macht.
    »Was ist mit Mr. Waiss?« fragte ich nervös.
    Nelson schaute immer wieder auf seine Uhr und nagte an der Unterlippe.
    »Mann, so reden Sie doch!« sagte ich scharf.
    »Vom Pferd ist er gefallen. Er ist kein besonders guter Reiter. Wir waren hinter einem Fuchs her. Plötzlich scheute Mr. Waiss’ Pferd. Wir wissen nicht, weswegen. Der Hengst stieg vorn hoch – und Waiss fiel hinten runter. Mit ein bißchen mehr Kraft in den Schenkeln wäre ihm das nicht passiert.«
    »Ist Waiss schwer verletzt?«
    »Er hat eine Platzwunde am Hinterkopf.«
    »Der Nackenwirbel…?«
    »Der scheint in Ordnung zu sein.«
    »Wer ist bei ihm?« fragte ich schnell.
    »Lord Alistair.«
    Ich schob den Verwalter beiseite.
    »Hören Sie, Mr. Ballard, da können Sie jetzt nicht rein!«
    »Wieso nicht?« fragte ich ärgerlich.
    »Weil… weil … Nun ja, Mr. Waiss ist nicht bei Bewußtsein. Und Lord Alistair ist jetzt nicht in der Verfassung, sich mit Ihnen zu unterhalten.«
    Ich hatte die Fahrt hierher nicht gemacht, um mich jetzt auf die schnelle Tour abwimmeln zu lassen. Ich wollte Lorne Waiss wenigstens endlich einmal gesehen haben, wenn ich mit ihm schon nicht sprechen konnte. Deshalb ließ ich Elisas Nelson einfach stehen und betrat das große Haus. Meine Schritte hallten durch das Gebäude. Ich ging über kalte Marmorplatten. Der Verwalter lief mir nach. »Mr. Ballard! Mr. Ballard, so seien Sie doch vernünftig. Machen Sie uns keinen Ärger.«
    »Lassen Sie mich in Ruhe!« schnauzte ich Nelson an.
    »Sehen Sie, Ballard, ich darf Sie nicht vorlassen!«
    »Darum kümmere ich mich nicht. Ich will Waiss sehen!« sagte ich hartnäckig, und ich blieb nicht stehen.
    »Zwingen Sie mich nicht, Gewalt anzuwenden, Sir!« warnte mich Nelson.
    Jetzt blieb ich stehen. Meine Augen durchbohrten den Mann, dem ich mich in jeder Hinsicht überlegen fühlte.
    »Das war jetzt wohl ein Witz, oder? Versuchen Sie’s lieber nicht, Nelson, denn wenn Sie mich anfassen, dann geht es Ihnen schlecht!« Er wurde noch käsiger. Ich ging weiter. Er wollte mir wieder folgen, da traf der Ambulanzwagen ein. Nelson fuhr wie von der Natter gebissen herum und rannte nach draußen. Eine Tür stand halb offen. Ich drückte sie ganz auf.
    Auf einem lederbezogenen Sofa lag ein Mann. Reglos. Mit geschlossenen Augen. Leichenblaß. Mit einem weißen Mullverband um den Kopf. Das mußte Lorne Waiss sein. Er war schlank, hatte eine dünne, schmale Nase und einen schmallippigen Mund.
    Links, beim offenen Kamin, stand Lord Alistair – zu Lebzeiten schon so etwas wie sein eigenes Denkmal. Sportlich gekleidet, etwa fünfzig Jahre alt, sehr gepflegt vom Scheitel bis zur Sohle. Die Unkorrektheit hatte bei ihm keine Chance.
    Er warf mir einen irritierten Blick zu, denn ich war ihm fremd, und im allgemeinen mußten ihm Fremde zunächst einmal gemeldet werden. Er behielt sich stets die Entscheidung vor, ob er sie empfangen oder wieder wegschicken lassen sollte.
    Er hielt ein Glas mit Scotch in der Hand. Es war wohl nicht der erste Drink, den er geschluckt hatte. Ich

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