GK283 - In den Katakomben von Wien
war bereits beschlossene Sache. Dagegen war kein Einspruch mehr möglich.
***
Ich lutschte an meinem Lakritzbonbon, während ich mir anhörte, was Bernd Katzler erzählte. Wir hatten den Zentralfriedhof gegen ein Uhr früh verlassen, hatten um etwa halb zwei Vladeks Villa erreicht und waren kurz darauf zu Bett gegangen.
Jetzt war es elf, und wir saßen mit Katzler auf der Terrasse seines Hauses. Der Himmel war grau. Es roch nach Regen. Die Schabracke der Hollywoodschaukel knatterte im Wind.
Im Haus wäre es gemütlicher gewesen, doch Bernd Katzler fühlte sich neuerdings in seinen eigenen vier Wänden nicht mehr wohl. Er sprach von einem neuerlichen Alptraum, der schlimmer und realistischer als alle bisherigen gewesen sei.
»Zuerst war ich wieder in der Pestzeit. Als ich merkte, daß man mich dorthin entführen wollte, versuchte ich, es zu verhindern. Natürlich war mir das nicht möglich«, sagte Bernd Katzler heiser.
Er sah schlecht aus. Die Augenlider flatterten ununterbrochen, und seine Hände zitterten. Das Grau unter seinen Augen war sichtlich dunkler geworden. Seine nächtlichen Erlebnisse raubten ihm beängstigend viel von seiner immer weniger werdenden Substanz.
»Wieder war ich Bruno Katzler, und wieder stritt ich mich mit Arik Speer, der schließlich durch meine Hartherzigkeit an der Pest zugrunde ging. Und dann… Als Speer in das Massengrab geworfen worden war, merkte ich, wie ich in die Gegenwart zurückkehrte. Aber damit war mein Alptraum noch nicht zu Ende …«
Liselotte Katzler kam zu uns auf die Terrasse. Sie fragte uns, ob wir einen Wunsch hätten.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein Danke«, sagte ich.
Die anderen schlossen sich mir an, und Bernd Katzlers Frau verließ uns wieder, nachdem sie ihrem Mann einen besorgten Blick zugeworfen hatte. Ich hatte den Eindruck, daß sie mit ihm litt, und ich fand es schön, daß sie sich so sehr um ihn sorgte.
»Wir ging Ihr Traum weiter?« fragte ich den krank aussehenden Mann.
»Ich wußte, daß ich wieder in meinem Haus war«, erzählte Katzler. »Ich befand mich nicht mehr in der Pestzeit. Dennoch hatte ich den Eindruck, immer noch Bruno Katzler zu sein. Es war mir nicht möglich, wieder meine eigene Identität anzunehmen. Und plötzlich war Arik Speer da. Er stand mitten in meinem Schlafzimmer. Ein leuchtendes Skelett…«
Ich horchte auf. Sofort war wieder mein Abenteuer von der vergangenen Nacht vor meinem geistigen Auge präsent.
»Ein Skelett nur«, stieß Katzler mit krächzender Stimme hervor. »Dennoch wußte ich sofort, daß ich Arik Speer vor mir hatte. Verstehen Sie? Mir war das augenblicklich klar. Ich war im Bett hochgeschreckt. Traum? Realität? Ich weiß es nicht. Ich glaube, ich hatte die Augen offen und sah den Knochenmann wirklich. Mein Verstand versucht mir jedoch einzureden, daß so etwas unmöglich ist. Ich weiß nicht, wie ich darüber denken soll…« Bernd Katzler unterbrach sich. Er schüttelte den Kopf. Seine Miene war verzweifelt. Im Moment war es ihm nicht möglich weiterzusprechen.
Ich ließ ihm Zeit, sich zu erholen. Dann fragte ich: »Hat der Spuk Sie attackiert?«
»Nein«, antwortete Katzler. »Er weidete sich lediglich an meiner Todesangst. Er…, er muß wirklich dagewesen sein, Mr. Ballard. Ich konnte den Modergeruch riechen, den er verströmte.«
»Er stand nur in Ihrem Schlafzimmer und starrte Sie an?« fragte ich. »Ja.«
»Hat er nichts gesagt?«
»Doch«, antwortete Katzler. »Zunächst starrte er mich nur an. Dann aber sagte er, ich solle mich auf den Tod vorbereiten. Es würde nicht mehr lange dauern, bis er mich in die Hölle holen würde, und auch meine Schwester Olga würde diesen Weg einschlagen müssen. Ich fragte, warum auch Olga. Ich konnte zur Not noch verstehen, daß er mich haben wollte. Schließlich fühlte ich mich zu diesem Zeitpunkt als Bruno Katzler.«
»Was sagte Speer darauf?« wollte ich wissen.
»Er sagte, Olga müsse sterben, weil sie gleichfalls eine geborene Katzler sei.«
»Er will sich an Bruno Katzlers Nachkommen für das rächen, was ihm in der Pestzeit von diesem angetan worden war«, sagte Mr. Silver.
»Was kann ich denn für das, was Bruno Katzler ihm angetan hat?« schrie der verzweifelte Mann gequält auf. »Hatte ich denn irgendeinen Einfluß darauf?«
»In Ihren Adern fließt Brunos Blut«, sagte ich ernst. »Es ist das Blut jenes Mannes, den Arik Speer über den Tod hinaus haßt.«
»Aber ich kann doch nichts für die Taten meines Vorfahren.«
»Das ist
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