GK283 - In den Katakomben von Wien
diese hänselnde Bemerkung. Er stellte sein Glas ab und fragte Bernd Katzler, ob er das Bad benützen dürfe. »Selbstverständlich«, antwortete dieser. »Fühlen Sie sich in meinem Haus wie daheim, Mr. Silver.«
»Vielen Dank«, sagte der Hüne.
»Hast du vor, dich angekleidet unter die Dusche zu stellen?« erkundigte sich Rodensky süffisant.
»Klar«, feixte der Ex-Dämon. »Möchtest du dabei zusehen?«
»Ich kann mir auch so vorstellen, wie das aussieht«, gab der Brillenfabrikant zurück, und Mr. Silver verließ das Wohnzimmer.
Einen Augenblick später sandte Arik Speer in der Garage seine lockenden Schwingungen aus. Sie waren für Bernd Katzler bestimmt und auf ihn gerichtet. Weder Mr. Silver noch Vladek Rodensky merkten etwas davon.
Katzler zuckte kaum merklich zusammen, als die Schwingungen ihn erreichten. Er warf Rodensky einen prüfenden Blick zu. Der Brillenfabrikant blätterte in einer Illustrierten. Den Bericht über einen Tankwagenunfall in Spanien las er interessiert.
Katzler erhob sich. Rodensky blickte von der Illustrierten auf.
»Ein bißchen die Füße vertreten«, sagte sein Freund. »Ich hab’ bereits Ameisen in den Beinen.«
Rodensky nickte und las weiter, während Bernd Katzler mehr und mehr in den Bann der lockenden Schwingungen geriet. Sie umschmeichelten ihn wie zarte Frauenhände, streichelten seine Seele, verhießen ihm Glück, versprachen ihm Wohlbefinden, nach dem er sich seit Tagen so sehr sehnte.
Gleichzeitig übermittelten die Schwingungen ihm aber, daß er zu niemandem darüber sprechen dürfe. Er müsse schweigen. Solle sich heimlich davonstehlen, ohne daß es auffiel.
Katzler spürte, daß diese Lockungen aus der Garage kamen. Dorthin mußte er sich begeben. Dort würden sich alle Versprechungen erfüllen. In der Garage. Bernd Katzlers Gesicht überzog sich mit einem verklärten Ausdruck.
Er hatte ausgelitten. Er brauchte nichts mehr zu fürchten. Es würde keine weiteren Alpträume mehr geben. Sein Leben würde in die gewohnten Bahnen zurückgleiten, sobald er die Garage aufgesucht hatte.
In die Garage! drängte es ihn. Ich muß in die Garage gehen!
Aber zunächst begab er sich zur Terrassentür. Vladek durfte die Lunte nicht riechen. Vor dem Haus herrschte die Dunkelheit des jungen Abends. Der Wind, der am Tag die Baumkronen zerzaust hatte, hatte sich gegen fünf Uhr gelegt. Der Himmel war sternenklar. Eine herrliche Nacht voll Glück und Frieden…
Katzler warf einen Blick über die Schulter. Vladek Rodensky blätterte soeben um. Er rückte sich die Brille zurecht, las weiter. Die lockenden Schwingungen wurden intensiver. Fordernder. Drängender. Komm! schienen sie zu raunen. Komm in die Garage!
Katzler schob die Hände in die Hosentaschen und schlenderte durch den großen Raum. Wie zufällig erreichte er die Tür, die in die Halle führte. Mr. Silver hatte sie nicht ganz geschlossen.
Behutsam machte Katzler sie so weit auf, daß er hindurchschlüpfen konnte. Die Schwingungen drängten sich mehr und mehr in seinen Körper, erfüllten seinen Geist.
Daß es für ihn in der Garage gefährlich werden konnte, daran verschwendete Katzler keinen einzigen Gedanken. Bis in seine Seele hinab stiegen die lockenden Schwingungen, deren unwiderstehlichem Einfluß er sich nicht widersetzen konnte. Er wollte das auch gar nicht.
Als er sich nach draußen stehlen wollte, legte Rodensky die Illustrierte beiseite. Verwundert entdeckte er Katzler bei der Tür. »He, Bernd. Wohin willst du?«
»In die Garage«, entschlüpfte es diesem.
»Was um alles in der Welt willst du denn in der Garage?«
Rodensky erhob sich.
»Ich…, ich muß dort nach dem Rechten sehen.«
»Das ist gewiß nicht nötig. Es ist da bestimmt alles in Ordnung. Komm, Bernd, bleib hier. Hast du Lust auf eine Partie Schach?«
»Ich muß in die Garage.«
Rodensky wurde stutzig. »Junge, was hast du denn auf einmal? Ist das mit der Garage etwa ein neuer Tick von dir?« Der Brillenfabrikant legte seinem Freund die Hand auf die Schulter.
Katzler schüttelte sie ab. »Laß mich.«
»Irgend etwas stimmt da doch nicht!« sagte Vladek Rodensky mißtrauisch.
Die Schwingungen ließen Katzler nicht mehr los. Er brannte darauf, ihren Lockungen nachzugeben. Sie zogen ihn an wie ein starker Magnet eine Stecknadel. Vladek Rodensky war für ihn mit einemmal zum Hindernis geworden, das er haßte.
Der Brillenfabrikant drückte die Tür zu. Er lehnte sich dagegen und verschränkte die Arme vor der Brust. »Jetzt sagst
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