GK307 - Der Ghoul von Mallorca
lassen.
Sie sah, daß ich ihr alles abgenommen hatte, was sie bei sich gehabt hatte. Die Dinge lagen neben mir auf dem Boden.
Das Licht meiner Lampe streifte die Gegenstände.
»Wie heißen Sie?« fragte ich die Zigeunerin auf spanisch. Ich beherrsche die Sprache leidlich.
»Maranga«, gab das Mädchen trotzig zurück.
»Was hatten Sie nachts auf dem Friedhof zu suchen?«
Maranga hob stolz ihren Kopf. Ihre schwarzen Augen funkelten mich an. »Dasselbe könnte ich Sie fragen!«
»Sie verstehen etwas von Magie, hab’ ich recht?«
»Ein bißchen.«
»Sie sind eine Hexe!« sagte ich ihr auf den Kopf zu.
Sie lächelte geheimnisvoll. »Vielleicht.«
»Wo sind Sie zu Hause?«
»In dem Zigeunerdorf hinter El Arenal. Und Sie?«
»Ich wohne in einem Hotel in El Arenal. Ich heiße Tony Ballard, bin Engländer, und wenn Sie wissen wollen, was ich um diese Zeit auf dem Friedhof wollte… Ich bin auf der Suche nach einem gefährlichen Mörder - einem Ghoul!«
»Ich auch«, sagte das Mädchen zu meiner Verblüffung. »Ghouls bevorzugen Friedhöfe als Versteck. Ich versuchte, mit Hilfe der Magie die Spur des Dämons zu finden…«
»Hatten Sie damit Erfolg, Maranga?« fragte ich. Ich war erfreut darüber, daß das Mädchen am selben Strang wie ich zog.
»Leider nein. Als ich mittendrin war, tauchten Sie und zwei weitere Männer auf. Ich ergriff sicherheitshalber die Flucht.«
»Tut mir leid, daß ich Sie niedergeschlagen habe. Ich wußte nicht,…«
»Sie sind sehr kräftig«, sagte Maranga.
Ich lächelte. »O ja. Meine Linke ist tödlich - und meine Rechte ist noch unerforscht.«
Auch Maranga lächelte. Sie schien mir wegen des Faustschlags nicht böse zu sein. Ich sagte ihr, daß der Ghoul die Freundin meines Freundes grausam ermordet hatte. Vor allem deshalb wolle ich nicht ruhen, ehe ich die Bestie zur Strecke gebracht hätte.
Maranga griff nach den Gegenständen, die ich ihr abgenommen hatte. Ich hatte nichts dagegen.
Als sie den Dolch ergriff, fragte ich: »Was hätten Sie getan, wenn Sie die Spur des Ghouls ausfindig gemacht hätten?«
»Ich wäre zu ihm gegangen und hätte ihn mit diesem Dolch getötet. Der Dämon war in unserem Dorf. Er wollte über Kinder herfallen. Einige Männer konnten ihn vertreiben und so das Schlimmste gerade noch verhindern. Der Ghoul muß sterben. Er stellt eine permanente Bedrohung für uns dar. Wir möchten nicht mit einer solchen Gefahr im Nacken leben. Mein Dolch wird ihn vernichten, denn in ihm befindet sich eine magische Zauberkraft, die das dämonische Wesen zerstören kann.«
Marangas Mut war erstaunlich. Sie schien den Ghoul nicht zu fürchten. Sie schien davon überzeugt zu sein, daß es ihr gelingen würde, den Dämon zu vernichten.
Ich war da nicht ganz so sicher. Die Zigeunerin unterschätzte den Ghoul. Manchmal kann zuviel Mut und Selbstvertrauen auch zum Verhängnis werden.
Es wäre schade um das hübsche, rassige Mädchen gewesen. Ich sagte ihr, sie dürfe nicht zuviel wagen.
»Soll ich etwa die Hände in den Schoß legen und darauf warten, bis der Ghoul ein zweitesmal in unser Dorf kommt?« fragte Maranga aggressiv. »Einmal konnten ihn die Männer verjagen. Aber könnte es beim zweitenmal nicht passieren, daß der Dämon tödlich zuschlägt?«
»Wie wär’s, wenn wir uns zusammentun würden?« fragte ich. »Ich habe Erfahrung im Kampf mit Geistern und Dämonen. Außerdem bin ich nicht allein.« Ich erzählte der Zigeunerin von Mr. Silver und seinen außergewöhnlichen Fähigkeiten.
Maranga war beeindruckt.
Ich riet ihr, weiterhin zu versuchen, die Spur des Dämons zu finden -allerdings nicht an so exponierten Stellen wie dem Friedhof -, und bat sie, sich umgehend mit mir in Verbindung zu setzen, wenn sie auch nur den geringsten Hinweis aufgestöbert hatte.
Ich nannte den Namen meines Hotels.
Sie erhob sich. Ich überragte sie fast um einen Kopf. Sie schaute zu mir auf, nickte und sagte: »Sie hören von mir.«
Ich lächelte. »Das hoffe ich.«
»Darf ich jetzt gehen?«
»Ich habe nichts dagegen.«
Sie ging, erreichte die Agaven und Kakteen und löste sich wenig später in der Dunkelheit buchstäblich auf.
Maranga - eines der ungewöhnlichsten Mädchen, das ich je kennengelernt hatte…
***
Ich kehrte auf den Friedhof zurück.
Mr. Silver hatte inzwischen alles mögliche angestellt, um dem Ghoul auf die Schliche zu kommen.
Nichts hatte gefruchtet. Wir trafen uns am Ende des Gottesackers, und Laijce Selby war enttäuscht, wpil seine
Weitere Kostenlose Bücher