GK311 - Die Todesengel

richtig, aber diesmal arbeitet er doch in Ihrem Sinne. Ich habe Ihnen doch gesagt, was für eine Aufgabe er hat.«
    »Ich glaube Ihnen nicht, Merle. Ich bin davon überzeugt, daß Octopus etwas ganz anderes vorhat, als Sie mir weismachen wollen.«
    Merle erhob sich. Ihre Bewegungen erinnerten mich an eine Schlange. Sie stellte das Glas weg und kam langsam auf mich zu.
    Sieh dich vor! rief eine warnende Stimme in mir.
    Und ich nahm mich in acht.
    »Was hat Zazu mit Dr. Spaak gemacht?« wollte ich wissen.
    »Nichts«, erwiderte Merle. »Ihr Anblick muß ihn vorübergehend geschockt haben. Er ist zur Zeit ein wenig verwirrt, aber er wird sich bestimmt wieder erholen. Sie brauchen sich um ihn keine Sorgen zu machen.«
    »Wo befindet sich Octopus?«
    »Hier in London«, sagte Merle ausweichend.
    »London ist groß. Versteckt er sich auf dem Areal der aufgelassenen Werft?«
    »Warum möchten Sie das wissen?« fragte Merle zurück.
    »Weil das, was Sie mir erzählen, für mich nicht verbindlich sein kann. Ich möchte es aus Octopus’ Mund hören. Warum ist er nicht selbst zu mir gekommen, um mit mir zu verhandeln? Warum hat er Sie geschickt?«
    »Er hat mich ermächtigt, in seinem Namen zu sprechen.«
    »Das genügt mir nicht!« erwiderte ich störrisch. »Ich möchte Octopus sehen und mit ihm persönlich reden!«
    Ich verlangte das aus gutem Grund, denn wenn ich dem Dämon erst einmal gegenüberstand, würde ich nichts unversucht lassen, um ihn fertigzumachen, Merle hob die Schultern. »Na schön, wenn Sie das wollen, bringe ich Sie zu ihm, Tony«, sagte sie - und im selben Moment begann sie sich zu verwandeln.
    Ein bleiches Totengesicht grinste mich an!
    Und mir schoß durch den Kopf: Jetzt wird’s gefährlich!
    ***
    Melvyn Spaak wußte, was zu tun war, damit er mit keiner Belästigung von seiten der Polizei zu rechnen brauchte.
    Gleich nachdem er die Unfallklinik verlassen hatte, bestieg er ein Taxi. Er ließ sich nach Hause fahren.
    Das Chaos, das in seinem Haus herrschte, störte ihn nicht. Zazu, Eileen, Merle und Cybill hatten ihn davon auf telepathischem Wege in Kenntnis gesetzt, und sie hatten ihm eine Formel übermittelt, die es ihm ermöglichen würde, den alten Zustand in den Räumen wiederherzustellen.
    Doch bevor Melvyn Spaak daranging, diese Formel auszusprechen, hob er das Telefon vom Boden auf und wählte die Nummer der Polizei.
    Sobald sich am anderen Ende der Leitung jemand meldete, sagte Octopus’ Knecht: »Hier spricht Dr. Melvyn Spaak. Ich habe einen Diebstahl zu melden, Officer. Mein Wagen wurde gestohlen.«
    »Darf ich Sie um das polizeiliche Kennzeichen des Fahrzeugs bitten, Dr. Spaak…«
    Der Arzt nannte es, und er fuhr fort: »Es handelt sich um einen 79er Morris. Schwarz…« Er gab weitere Details bekannt.
    »Und wann wurde Ihr Wagen gestohlen, Sir?« fragte der Officer.
    »Das weiß ich nicht. Ich war bei Freunden, kam eben erst nach Hause und stellte fest, daß der Morris weg ist.«
    Spaak mußte dem Polizisten noch einige Fragen beantworten.
    Dann sagte der Beamte: »Ihr Wagen wird von uns in die Fahndungsliste aufgenommen, Dr. Spaak. Sollten wir ihn finden, werden wir Sie morgen früh verständigen…«
    »Ich danke Ihnen«, sagte Spaak.
    Der Polizist legte ihm nahe, am kommenden Vormittag das nächstgelegene Revier aufzusuchen und dort schriftlich Anzeige zu erstatten.
    Dr. Spaak versprach, dies zu tun und legte auf.
    Er grinste.
    Was sich auch immer für Folgen aus dem verschuldeten Unfall ergeben würden, sein Rücken war nun gedeckt.
    Er hatte nicht in dem Fahrzeug gesessen. Er würde dies entschieden abstreiten, und Octopus würde dafür sorgen, daß ihm eine angesehene Persönlichkeit zu einem unerschütterlichen Alibi verhalf.
    Spaak blickte sich um.
    In seinem Haus sah es aus wie nach einem Bombenangriff. Er besann sich der Formel, die ihm die Dienerinnen des Krakendämons übermittelt hatten, und sprach sie.
    Doch nichts geschah.
    Das Chaos blieb.
    Da fiel dem Dämonenknecht ein, daß er die Formel rückwärts sprechen mußte, und als er dies tat, schien in seinem Haus plötzlich ein Film zurückzulaufen. Alles, was Eileen, Zazu, Merle und Cybill durcheinandergewirbelt hatten, kehrte an seinen Platz zurück.
    Die Teile zerbrochener Gegenstände fügten sich in Sekundenschnelle wieder zusammen. Innerhalb weniger Augenblicke herrschte wieder peinlichste Ordnung in sämtlichen Räumen.
    Spaak setzte sich zufrieden.
    Er zündete sich eine Zigarette an und dachte an den kommenden