GK311 - Die Todesengel
nach meinem Bett.
Zu Hause angekommen, warf ich einen Blick ins Gästezimmer. Ich hörte die tiefen, regelmäßigen Atemzüge von Norma Wheeler. Das beruhigte mich.
Mr. Silver war noch nicht im Haus. Ich begab mich in mein Zimmer und entkleidete mich. Die warme Dusche tat mir gut.
Als ich das Bad verließ, trug ich meinen bordeauxroten Pyjama. An der Brusttasche prangten meine Initialen: TB. Vicky, meine Freundin, hatte sie sticken lassen.
Gähnend griff ich nach der Bettdecke.
Doch plötzlich stellten sich meine Nackenhaare auf. Ich spürte mit jeder Faser meines Körpers, daß irgend etwas in meinem Haus nicht in Ordnung war, daß es ein großer Fehler gewesen wäre, wenn ich jetzt zu Bett gegangen wäre.
Gefahr!
Eine tödliche Bedrohung schien sich unter meinem Dach eingenistet zu haben. Meine rechte Hand durchlief ein kaltes Prickeln. Ein Zeichen dafür, daß schwarzmagische Kräfte im Spiel waren, auf die mich mein Ring aufmerksam machte.
Ärgerlich schlüpfte ich in meinen Morgenmantel.
Als ich auf die Schlafzimmertür zuging, wirkte mein Gesicht, als wäre es aus Granit gemeißelt. Hatte sich Octopus persönlich zu mir bemüht?
Ich öffnete die Tür.
Sofort traf mich die Strahlung des Bösen intensiver. Ich gelangte in den Living-room, denn hier schien sich das Unheil niedergelassen zu haben.
Vorsichtig griff ich nach dem Lichtschalter. Meine innere Spannung wurde rasch unerträglich.
Ich schaltete die Deckenleuchte ein, und im selben Augenblick sah ich ein bildschönes Mädchen, das mich geheimnisvoll anlächelte.
Sie hatte rabenschwarzes Haar, meergrüne, leicht schräggestellte Augen und eine aufregende Figur. Das Kleid, das sie trug, war weiß und schmiegte sich wie eine zweite Haut an ihren atemberaubenden Körper.
Ich sah sie nicht zum erstenmal.
Sie war Zazus Komplizin. Doch selbst wenn ich das nicht gewußt hätte, wäre mir sofort aufgefallen, daß sie ein Wesen war, das nicht von dieser Welt war, denn… sie warf keinen Schatten!
***
Sie bemerkte, daß ich sie wiedererkannt hatte. Mit einer Stimme, die mir unter die Haut ging, sagte sie: »Guten Abend, Tony Ballard. Ich bin Merle.«
»Wollen Sie, daß ich Sie frage, wie Sie hier hereinkommen?« sagte ich bissig.
Sie schaute mich sanft und gütig an. Aber sie konnte mich nicht täuschen. Ich wußte, wie gefährlich sie war.
»Ich kam durch die Tür«, sagte Merle.
»Es war abgeschlossen.«
Sie zuckte nur mit den Schultern, als wollte sie sagen: ›Schlösser. Was sind schon Schlösser?‹
»Was wollen Sie hier?« fragte ich das Todesgirl. Ich ließ sie nicht aus den Augen, denn ich wußte nicht, ob sie nicht auf eine günstige Gelegenheit wartete, um über mich herzufallen.
Ich dachte an Zazu und daran, in was für ein Scheusal sie sich verwandelt hatte. Merle war dazu gewiß auch fähig.
Ich konnte mir nicht vorstellen, daß Merle nur gekommen war, um sich nett mit mir zu unterhalten. Dazu war nicht die richtige Zeit. Es war auch nicht der richtige Ort dafür. Und es war bereits zu viel passiert.
Ich konnte dem Schattenwesen nicht das geringste Vertrauen entgegenbringen.
»Ich bin in friedlicher Mission hier, Tony«, sagte Merle.
Ich kniff ungläubig meine Augen zusammen. »Das glauben Sie doch selbst nicht. Ich weiß, wer Sie sind. Wir sind einander in dieser Nacht schon einmal begegnet. Vor Dr. Spaaks Haus. Erinnern Sie sich etwa nicht mehr daran? Sie waren in Begleitung von Zazu und zwei weiteren Mädchen - Dienerinnen von Octopus. Ihr wolltet mich mit allen Dingen erschlagen, die sich in Spaaks Haus befinden. Oder sollte es sich dabei nur um einen kleinen Scherz gehandelt haben?«
»Überlegen Sie doch, Tony. Wenn ich Ihnen hätte etwas antun wollen, hätte ich da nicht besser darauf gewartet, bis Sie zu Bett gegangen waren? Ich hätte Sie im Schlaf töten können.«
»Ich habe Ihre Nähe gespürt, deshalb hat das nicht geklappt.«
»Sie hätten nichts gespürt, wenn ich es nicht gewollt hätte. Ich wollte, daß Sie merken, daß ich hier bin.«
»So kann man es auch drehen«, sagte ich… immer noch ungläubig.
»Zazu, Eileen, Cybill und ich wollten Ihnen zeigen, wozu wir fähig sind«, sagte Merle offen.
Doch ich witterte hinter dieser befremdenden Ehrlichkeit einen gefährlichen Pferdefuß. Kein Schattenwesen ist aus tiefster Seele und ohne jeglichen Hintergedanken aufrichtig.
Merle bezweckte damit etwas. Sie versuchte, mein Vertrauen zu gewinnen, um hinterher um so unerwarteter über mich herfallen zu
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