GK334 - Im Tal der Vampire
hochgehobenen Schultern.
»Na, wie wär’s mit der Cocktailbar von Jacques. Er wird sich mächtig darüber freuen, dich wiederzusehen.«
»Der gute Jacques«, lächelte Vicky. »Den gibt’s noch?«
»Hör mal, Jacques ist ein Mann in den besten Jahren. Weshalb sollte es den nicht mehr geben?«
Sie liefen drei Straßen weiter. Dann stieß Allyn Doli die Tür auf, über der CHEZ JACQUES stand.
»Hallo, Jacques!« rief Allyn übermütig. »Sieh mal, wen ich dir da bringe!«
Jacques riß erfreut die Augen auf. Sein auf französisch getrimmtes Lokal war klein. Es gab im Moment nicht viele Gäste. Er hatte Zeit für die beiden Mädchen.
Jacques war einmal Revuetänzer im Pariser Moulin Rouge gewesen. Er hatte Centime auf Centime gelegt und war dann nach London gegangen. Hier hatte er sich von den Ersparnissen dieses nette Lokal gekauft.
»Vicky!« rief Jacques lachend aus. »Es geschehen noch Zeichen und Wunder.«
»Gib uns was zu trinken«, verlangte Allyn. »Wir sind durstig. Und trink einen mit.«
»Drei Cocktails?« fragte der vierzigjährige Jacques. Er konnte den Blick nicht von Vicky wenden. Sie hatte ihm immer schon gefallen. Und heute gefiel sie ihm mehr denn je.
»Drei«, nickte Allyn.
Er brachte die Drinks. »Lange nicht gesehen, Vicky«, sagte er schmunzelnd.
»Nun laß doch den Plüschblick weg!« kicherte Allyn. »Du weißt doch, daß Vicky nicht zu haben ist.«
Die beiden jungen Frauen setzten sich auf einen Hocker. Jacques lehnte auf der anderen Seite des Tresens. Hinter ihm lief ein bunter Portable-Fernseher.
Jacques hob sein Glas. »Auf das freudige Wiedersehen.«
Sie tranken.
»Was treibt ihr immer?« fragte Jacques.
»Im Augenblick versuchen wir London auf den Kopf zu stellen«, antwortete Allyn. »Tony hat sich nach Südafrika abgesetzt. Vicky gehört nach langer Zeit mal wieder mir ganz allein.«
»Die Drinks gehen selbstverständlich auf Kosten des Hauses«, sagte Jacques.
»Denkst du, wir können nicht selbst bezahlen?« fragte Allyn.
»Gönn mir doch die kleine Freude.«
»Na, meinetwegen.«
Hinter Jacques liefen die Nachrichten. Vicky wollte dem Flimmerkasten zuerst keine Beachtung schenken, aber dann fuhr sie plötzlich erschrocken zusammen. Es war ihr, als wäre sie unvermutet in den Stromkreis geraten.
Sie hörte die Worte des Nachrichtensprechers nur sehr undeutlich, und sie begriff den Sinn dieser Worte auch nicht sogleich.
Aber sie hatte sie immer noch im Ohr und rekapitulierte, was sie soeben vernommen hatte.
Eine BOAC-Maschine war auf dem Flug nach Johannesburg spurlos verschwunden. Die Suche nach dem Flugzeug habe noch keinen Erfolg gebracht, hatte der Sprecher gesagt.
»Vicky…!« Allyn rief ihre Freundin. »Hallo, Vicky! Wach auf! Du träumst ja mit offenen Augen!« Allyn schüttelte die Freundin.
Vicky blickte verstört um sich. Ihre Lider flatterten.
Allyn erschrak. »Mein Gott, Vicky. Wie siehst du denn aus? Ist dir nicht gut? Du bist ja ganz blaß.«
»Habt ihr es nicht gehört?« fragte Vicky gepreßt.
»Was gehört?«
»Was der Mann in den Nachrichten sagte.«
Jacques wandte sich um. Jetzt kam ihm erst zum Bewußtsein, daß der Fernseher lief.
Er zuckte die Achseln. »Ich höre niemals hin, wenn er quasselt.«
»Was ist passiert?« fragte Allyn besorgt.
»Er hat von einer verschwundenen BOAC-Maschine gesprochen.« sagte Vicky Bonney.
Allyn trank ihren Cocktail hastig aus. »Was heißt verschwunden? Seit wann verschwinden denn Maschinen?«
»Der Sprecher sagte, die Maschine wäre spurlos verschwunden.«
»Um welches Flugzeug handelt es sich?« fragte Allyn Doli. Ihre Stimme klang mit einemmal heiser.
»Um den Jet, der Johannesburg anflog.«
Allyn riß die Augen auf. »Du lieber Himmel, und jetzt nimmst du an, es handelt sich um die Maschine in der…«
»Ich muß mal telefonieren!« sagte Vicky und glitt vom Hocker. Sie lief zum Wandtelefon und rief das BOAC-Büro an. Drei Minuten später hatte sie Gewißheit. Es handelte sich um die Maschine, die mit 120 Passagieren besetzt gewesen war. Auf der Passagierliste stand auch der Name Tony Ballard.
Unwillkürlich krampfte sich Vickys Herz zusammen.
Sie dachte an einen Absturz.
Tony… tot! Sie war wie vor den Kopf geschlagen. Plötzlich war ihr übel. Ihre Gedanken rasten.
Dann erschienen zwei Gesichter vor ihrem geistigen Auge.
Was hatte sie zu Tony gesagt? »Mein Gott, Tony, sehen die beiden nicht wie waschechte Terroristen aus?« Tony Ballard hatte darüber geschmunzelt. Natürlich.
Weitere Kostenlose Bücher