GK409 - Der Herr der Ghouls
Caristro. Ich kann es immer noch nicht fassen. Wie ist so etwas möglich?«
»Dem Bösen ist so gut wie nichts unmöglich«, sagte ich und verlangte von Hardwick, daß er uns genau erzählte, was sich abgespielt hatte.
Er sprach von den drei Polizisten, die sich urplötzlich in Ghouls verwandelt hatten, erzählte von seiner Auseinandersetzung mit Brown, der zuviel Geld für den Dolch haben wollte und schilderte das Grauen so, wie es sich ihm geoffenbart hatte.
Er zitterte wie Espenlaub, weinte, war total fertig und gab sich selbst auf. Er sagte, eine Gefängnisstrafe sei zu milde für ihn, denn er habe durch seine Habgier einem gefährlichen Monster die Rückkehr ermöglicht.
»Das werden Sie nicht nur vor Gericht, sondern vor allem vor Ihrem Gewissen zu verantworten haben«, sagte ich.
Hardwick blickte mich zum erstenmal an. »Wer sind Sie?«
»Mein Name ist Tony Ballard. Ich bin Privatdetektiv.«
»Wer hat Sie engagiert?«
»Niemand. Ich habe mich des Falles einfach angenommen.«
»Sie haben mir das Leben gerettet, Mr. Ballard.«
»Das weiß ich, und ich hoffe, Sie werden sich dafür erkenntlich zeigen.«
»Was verlangen Sie?«
»Kein Geld«, erwiderte ich.
»Sondern?«
»Den Silberdolch.«
»Er liegt im Safe. Nehmen Sie ihn an sich. Ich will ihn nicht mehr haben. Er bringt Unglück. Sie können Hec Caristro damit vernichten.«
»Das ist schon einmal nicht ganz gelungen. Der Dolch ist nicht stark genug, um Caristro für immer unschädlich zu machen. Aber es gibt andere Waffen, mit denen man dem Hexer den Garaus machen kann.«
»Besitzen Sie die?«
»Ja.«
Lance Selby begab sich zum Safe. Er fand den Dolch. Ein Prachtstück. Wir hatten kein Recht, die Waffe an uns zu nehmen. Sie gehörte der Polizei. Als Beweismittel. Aber ich hatte Pläne damit, und ich wollte mich mit Scotland Yard arrangieren.
»Möchten Sie etwas trinken?« fragte ich den Sammler.
»Nein. Rufen Sie Scotland Yard an, Mr. Ballard. Tun Sie Ihre Pflicht.«
Ich begab mich zum Telefon und wählte die Yard-Nummer.
Fünfzehn Minuten später waren die Beamten zur Stelle. Wir übergaben ihnen Henry Hardwick - aber nicht den Dolch und versprachen, so bald wie möglich ins Yard-Building zu kommen, um unsere Aussagen zu Protokoll zu geben.
***
Vicky Bonney saß in ihrem Arbeitszimmer und sortierte die vielen Zettel, auf die sie für gewöhnlich ihre Ideen kritzelte. In Stunden, in denen sie nichts zu tun hatte, sortierte sie die festgehaltenen Geistesblitze dann aus. Was sie vor einer Woche noch für gut gehalten hatte, wanderte jetzt in den Papierkorb. Was übrig blieb, war wirklich wert, später einmal zu Papier gebracht zu werden.
Ihre Gedanken schweiften zu Tony Ballard ab. Er war mit Lance weggefahren, und seither hatte sie nichts mehr von ihm gehört. Sie befürchtete, daß Tony bereits wieder mitten in einem neuen Fall steckte, und sie hatte keine Ahnung davon. Das war ihr nicht recht. Sie wußte gern, was lief.
»Wenigstens anrufen hätte er können«, brummte das hübsche blonde Mädchen.
Im selben Moment schlug das Telefon an.
»Telepathie nennt man das«, sagte die junge Schriftstellerin schmunzelnd und hob ab. »Du hättest dich wirklich früher entschließen können, mich zu informieren, Tony«, sagte sie vorwurfsvoll.
Es knisterte und knackte in der Leitung.
Vicky glaubte schon, Hollywood wäre dran, aber dann stellte sich heraus, daß der Anruf aus Wien kam. Vladek Rodensky war am anderen Ende der Strippe.
»Hallo, Vladek. Lange nicht gesehen.«
»Hallo, Vicky. Wie geht’s immer?«
»Oh, ich kann nicht klagen. Und dir?«
»Ich bin zufrieden.«
»Das freut mich. Wann kommst du mal wieder nach London?«
»Weiß ich noch nicht. Vielleicht im nächsten Monat. Das hängt von meinen Terminen ab. Was macht die Schreiberei?«
»Es läuft zufriedenstellend.«
»Und die Kasse klingelt?«
»Oja, das tut sie.«
»Ich wollte eigentlich nur wissen, ob Roxane, Tony und Silver gut in London angekommen sind.«
»Natürlich. Tony wird sich sicherlich freuen, daß du danach gefragt hast.«
»Kann ich ihn sprechen?«
»Leider nein. Ich vermute, er hat schon wieder einen neuen Fall am Hals.«
»Tatsächlich?« staunte Vladek Rodensky. »Das reißt ja nicht mehr ab. Was ist es denn diesmal?«
Vicky Bonney erzählte von der Zeitungsmeldung, mit der Lance Selby herübergekommen war. Sie sagte, mehr wisse sie im Moment nicht. Seufzend fügte sie hinzu: »Manchmal befürchte ich, es könnte zuviel für Tony
Weitere Kostenlose Bücher