GK446 - Der Geisterhenker
öffnen. Und hinter sich vernahm der Junge im selben Augenblick ein tierhaftes Knurren.
Himmel, er war vom Regen in die Traufe gekommen…
***
Oliver Kirste fühlte sich etwas erleichtert, seit er bei Kriminalinspektor Fuchert gewesen war.. Er hatte sich endlich einmal alles, was ihn bedrückte, von der Seele geredet. Nun mußte sich die Polizei etwas einfallen lassen. Vielleicht schaffte sie es, Torsten Klenke wiederzufinden. Oliver konnte sich das zwar nicht vorstellen, aber man durfte die Polizei nicht unterschätzen. Ihr standen viele Möglichkeiten zur Verfügung…
Zwei Straßen von seinem Wohnhaus entfernt, traf Oliver seinen Freund Carsten Merz, der schon bei Torsten Klenke gewesen war und diesen anschließend bei Oliver gesucht hatte.
»Weißt du, wo Torsten ist?« fragte Carsten.
Oliver antwortete nicht, zuckte nur mit den Schultern.
»Ich hätte prima Stereokopfhörer für ihn. Ein Bekannter will sie verkaufen. Sieben Lautsprecher auf jeder Seite. Ganz was Besonderes. Ein traumhaftes Klangerlebnis. Und dazu beinahe geschenkt. Da Torsten schon seit einem halben Jahr nach einem solchen Gelegenheitskauf sucht, dachte ich, ich lasse es ihn wissen. Ich würde mir die Hörer am liebsten selbst nehmen, aber ich habe bereits drei.«
Oliver blickte Carsten ernst an. Was für banale Dinge es doch gab.
Kopfhörer. Und dabei war Torsten Klenke spurlos verschwunden.
»Ich weiß nicht, wo Torsten ist«, sagte Oliver.
»Ihr seid doch sonst immer ein Herz und eine Seele. Habt ihr euch gestritten? Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Torsten ist… Er ist verschwunden, Carsten.«
Merz riß die Augen verblüfft auf. »Einfach verschwunden? Wie gibt’s denn das? Du meinst, er hat dir nicht gesagt, was er sich für heute vorgenommen hat?«
»Ich hatte nach unserem gemeinsamen Kinobesuch noch ein schreckliches Erlebnis«, berichtete Oliver Kirste dem Freund. »Hast du von dieser Mordserie gelesen, die in unserer Stadt begonnen hat?«
»Ja, ein wahnsinniger Henker soll sein Unwesen treiben.«
»Ich habe ihm bei der Arbeit zugesehen, Carsten.«
»Ist nicht wahr!«
»Leider doch«, sagte Oliver Karste heiser und erzählte, was sich ereignet hatte.
Carsten Merz kam aus dem Staunen nicht heraus. Er musterte Oliver Kirste mißtrauisch. Band ihm der Freund keinen Bären auf? Aber Olivers Miene verriet ihm, daß alles stimmte, was er sagte.
»Das passierte in der ersten Nacht«, sagte Oliver und fuhr sich mit der Hand über die Augen.
»Mann, das ist das Furchtbarste, was ich je gehört habe«, sagte Carsten Merz mit vibrierender Stimme.
Oliver winkte ab. »Es kommt noch schlimmer. In der vergangenen Nacht legten Torsten und ich uns im Park auf die Lauer, und wir wurden Zeuge einer weiteren Hinrichtung.«
»Ach, du Schreck.«
»Wir wollten den Geisterhenker daran hindern, doch das hätten wir nicht versuchen sollen. Möglicherweise wurde das Torsten zum Verhängnis. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist. Diese durchscheinenden Gestalten jagten hinter mir her. Sie wollten mich einfangen. Ich sage dir, so gerannt bin ich in mèinem ganzen Leben noch nicht. Ich hoffte, Torsten würde sich auch in Sicherheit bringen, aber je länger ich nicht weiß, was mit ihm ist, desto mehr nehme ich an, daß er’s nicht geschafft hat.«
Carsten fuhr sich mit den Fingern durch das Haar. »Und was kann man denn da tun?«
»Ich habe schon etwas getan.«
»Was?«
»Ich war bei der Polizei.«
»Und?«
»Ich habe Inspektor Fuchert reinen Wein eingeschenkt, habe ihm gesagt, daß er hinter keinem wahnsinnigen Mörder herjagt, sondern hinter einem Geisterhenker.«
»Das hat er dir abgekauft?«
»Ist mir egal, ob er mir glaubt oder nicht. Er weiß jetzt jedenfalls Bescheid, wer hinter den beiden Morden steckt, und wenn er gegen den Geisterhenker nichts unternimmt, wird es bald viele Tote mehr in Hannover geben.«
»Furchtbar. Hast du keine Angst, daß der Geisterhenker auch dich holen könnte, Oliver?«
Kirste erschrak. »Daran habe ich eigentlich noch nicht gedacht.«
»Du weißt zuviel. Vielleicht ist das dem Henker nicht recht.«
Oliver Kirste winkte nervös ab. »Hör auf, Carsten. Ich habe sowieso schon alle Zustände. Mach mich nicht ganz fertig damit.«
Merz sagte nichts mehr, aber der Widerhaken saß im Fleisch und quälte Oliver Kirste von diesem Augenblick an.
***
Ich nahm den gleichen Weg wie Oliver Kirste zum Kriminalinspektor, ohne es zu wissen. Fucherts Assistent musterte mich eingehend, nachdem ich
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