GK460 - Das Geisterdorf
ist Student, wohnt hier im Haus, hilft aus, wenn viel zu tun ist. Tom wird sich um Ihr Gepäck kümmern.« Sie hob den Kopf, als wollte sie durch die Decke schreien. »T-o-m!«
»J-a!«?
»Kommst du mal r-u-n-t-e-r?«
»Sofort.«
Gepolter auf der Treppe. Dann erschien Tom Jessop - und bei ihm und Mags Avery schlug in diesem Moment der Blitz ein. Liebe auf den ersten Blick nennt man so etwas. Mags senkte sofort den Blick und wurde rot. Sie war wütend auf sich, weil sie dagegen nichts tun konnte. Dumme Pute! schalt sie sich im Geist. Muß denn immer gleich jeder merken, was du empfindest?
Ein Glück, daß ihr Onkel davon nichts mitbekam.
Tom Jessop erging es ähnlich. Wie vor den Kopf geschlagen stand er da. So etwas Schönes habe ich in meinem Leben noch nicht gesehen, dachte er überwältigt. Bis zu dieser Stunde hatte er sich nicht vorstellen können, mit einer Frau ein ganzes Leben zu verbringen - aber mit dieser wäre es ihm möglich, das fühlte er.
»Ich bin Bischof Avery«, sagte Mags’ Onkel. »Und das ist meine Nichte Mags Avery, die Tochter meines Bruders.«
»Zwei Einzelzimmer, Tom«, sagte Debbie, der nicht entging, wie angenehm überrascht Tom Jessop von Mags’ Anblick war. »He, Tom! Träumst du?«
Seine Lider flatterten. »Zwei Einzelzimmer«, sagte er verwirrt. »Ja. Und das Gepäck?«
»Befindet sich noch im Wagen«, sagte Bischof Avery.
»Ich hole es, Exzellenz.«
»Wenn Sie mir bitte folgen wollen«, sagte Debbie amüsiert. Sie hatte Tom noch nie so fassungslos erlebt. Meine Güte, dachte sie, den hat’s aber ordentlich erwischt. Na ja, es ist ihm zu gönnen. Die Kleine ist ja auch wirklich zuckersüß. Ich würde keinen Vergleich mit ihr aushalten. Sie wirkt so rein, so züchtig, so unschuldig…
Während Debbie Messey mit dem Bischof und dessen Nichte die Treppe hochstieg, holte Tom Jessop das Gepäck herein. Es war nicht viel: ein kleiner Koffer und zwei Reisetaschen.
Mags heißt sie, dachte er. Wahrscheinlich ist das die Abkürzung von Maggie. Mags Avery. O mein Gott, laß mich nichts falsch machen, sie ist immerhin die Nichte eines Bischofs.
Die Zimmer gefielen dem Bischof; einfache Räume, die nebeneinander lagen und mit einem Schrank, zwei Stühlen, einem Tisch und einem Bett ausgestattet waren.
Tom brachte das Gepäck.
»Sie sind wegen Pater Morton nach Seltrick gekommen, nicht wahr?« fragte Debbie.
»Ja«, antwortete der Bischof.
»Er ist ein netter Mensch. Ich mag ihn sehr. Er hat für unsere Probleme sehr viel Verständnis. Vielleicht ist er ein bißchen schwach, aber ich könnte mir für Seltrick keinen besseren Pfarrer als ihn vorstellen. Ich hoffe, Sie holen ihn nicht fort von hier. Er gehört in dieses Dorf wie die Kirche.«
Der Bischof lächelte. »Ich verspreche Ihnen, sowohl die Kirche als auch Pater Morton im Dorf zu lassen.«
»Das wird uns alle freuen, Exzellenz.« Debbie entschuldigte sich und kehrte in den Gastraum zurück.
Bischof Avery packte nicht erst sein Gepäck aus, sondern äußerte die Absicht, Pater Morton gleich aufzusuchen.
Augenblicke später waren Mags und Tom allein. Beide wußten vor Verlegenheit nicht, was sie sagen sollten.
»Gefällt es Ihnen in Seltrick?« erkundigte sich Tom Jessop schließlich.
»O ja, sehr«, sagte Mags hastig.
»Ist Ihr Onkel ein strenger Mann?«
Mags nickte. »Streng, aber gerecht. Ich liebe ihn.«
Und ich liebe dich, dachte Tom, aber er hätte das niemals auszusprechen gewagt. Unbeholfen trat er von einem Bein auf das andere. »Also, dann werde ich mich jetzt zurückziehen. Sie möchten sicher allein sein. Wir sehen uns bestimmt noch öfter. Ich wohne zwei Türen weiter. Scheuen Sie sich nicht, bei mir anzuklopfen, wenn Sie Hilfe brauchen, ja? Egal, was ich für Sie tun kann, ich bin für Sie jederzeit verfügbar. Ich möchte, daß Sie das wissen.« Er senkte den Blick. »Über unser Dorf hat sich ein Schatten gelegt. Vielleicht sollte ich nicht mit Ihnen darüber sprechen, andererseits aber muß man den Dingen ins Auge sehen…«
»Was ist mit dem Dorf?« fragte Mags aufhorchend.
Tom zuckte mit den Schultern. »Irgend etwas stimmt nicht. In letzter Zeit sind vier Männer spurlos verschwunden. Aber Sie brauchen keine Angst zu haben. Was immer passieren wird, ich werde da sein, um Sie zu beschützen.«
***
Clytie Wyngard konnte es nicht fassen. Martin - zu Stein geworden!
Dennoch konnte er sich bewegen. Martin lebte!
Clytie starrte ihn entgeistert an. »Martin, Himmel, was ist passiert? Wieso bist
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