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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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abdrücken!
Der Rückschlag war so hart, dass ihr der Schmerz
    bis in die Schulter fuhr. Ihre Ohren summten von dem Knall, und ihr war wacklig in den Knien. Rossi trat hinter sie, schaute über ihre Schulter und bestand darauf, dass sie das Pulver selbst nachfüllte und noch einmal schoss und noch einmal … Er war ihr so nah, dass sie den Puder seiner Perücke roch, die er zu den Gerichtsverhandlungen zu tragen pflegte. Hatte heute das Gericht getagt? Vor oder während Francescas Besuch? Hatte er sie im Haus warten lassen, bis die Urteile gefällt waren?
    »Nicht den Arm krümmen. Gerade durchdrücken. So.« Er stand immer noch hinter ihr. Nun umfing er sie mit seinen Armen und zeigte ihr, wie er es meinte.
    Sie schoss. Ein riesiger Nachtvogel stob aus einer Baumkrone in der Nähe.
Wenn er Francesca gebeten hatte, im Haus zu warten, war sie wahrscheinlich dennoch in den Gerichtssaal gekommen. Diese Frau brachte ihn ständig in Schwierigkeiten. Und das fand er nicht anstrengend) Ich bin wie unsichtbar in seinem Leben, dachte Cecilia. Um die Lektion im Schießen habe ich ihn auch nicht gebeten. Er sollte wirklich einmal darüber nachdenken, was er als anstrengend empfindet!
»Noch einmal.«
»Wir sind zu laut. Man wird sich beschweren«, sagte sie.
»Ich bin der Richter – du darfst auf Milde hoffen.«
»Wenn es dich nur nicht anstrengt .« Sie zog den Kopf zwischen die Schultern und schoss erneut. Dann drückte sie ihm die Waffe in die Hand. »Wenn mich jemand überfällt, Rossi – was ich eher für unwahrscheinlich halte, weil es ja bisher noch nicht geschehen ist –, dann würde er wohl kaum abwarten, bis ich dieses scheußliche kleine Monstrum präpariert habe.«
»Lege es unter dein Kissen.«
»Um Kopfweh zu bekommen?«
»Und trage es in deinem Ridikül, wenn du unterwegs bist. Hast du das Ding bei dir?«
Er hatte sich frisch rasiert, also war tatsächlich Gerichtstag gewesen. Sie sah ihm zu, wie er die Pistole in ihrer Tasche verstaute und die Lampe aufnahm. »Ganz unrecht hast du nicht«, meinte er.
»Womit?«
»Wir gehen zurück.« Er humpelte voran. Allerdings brachte er sie nicht heim, sondern in den Palazzo della Giustizia zurück, wo er sie in die Küche hinabnötigte.
»Ich sollte nicht hier mit dir allein sein«, meinte sie unbehaglich.
»Ist heute egal.« Er kramte in Anitas Schubladen und förderte ein Messer zutage. »Hole ein Kissen aus Dinas Zimmer.«
»Was? O … O nein!«
»O doch.« Er holte das Kissen selbst und verlangte, dass sie hineinstach. Das konnte sie nicht. Ein so schönes Kissen. Rosa Streublumen auf blauem Satin. Das Kissen, in das Dina Nacht für Nacht ihre Nase gesteckt hatte. Und dann diese blinkende Waffe mit der scharfen Schneide … Eine Pistole war etwas anderes. Man feuerte, aber man konnte sich einbilden, nicht wirklich etwas mit dem zu tun zu haben, was danach geschah. Eine saubere Art, sich zu wehren. Nicht einmal die Kleider wurden schmutzig.
Rossi legte das Messer beiseite, setzte sich auf die Tischkante und zog sie mit beiden Händen zu sich heran. »Cecilia Barghini – du fürchtest dich nicht genügend.«
»Das tue ich, wahrhaftig.«
Er schüttelte den Kopf. »Wenn dieser Kerl vor dir stünde – dann würdest du dich fürchten. Du würdest dir wünschen, dich verteidigen zu können, aber es wäre zu spät. Du würdest zögern, nach dem Messer zu greifen. Du würdest zaghaft zustechen. Du würdest wahrscheinlich gar nicht zustechen. Frag mich nicht, warum – aber man muss das Töten üben wie das Kutschieren oder … das Sticken, weiß der Himmel. Der Mensch besitzt eine Hemmung, andere zu verletzen. Die muss überwunden werden. Stich zu.«
»Er hat mir bis jetzt nichts getan.«
»Ich weiß, ich weiß.« Er legte das Kissen neben sich auf die Tischplatte und nickte ihr zu.
Sie holte aus. Federn krochen aus dem Schlitz im Bezug.
»Mit mehr Kraft. Mit Zorn … Der Kerl kennt keine Skrupel. Und du willst leben.«
Sie stach erneut zu. Federn wie Schnee in einem kalten Winter. Anita würde eine Ewigkeit brauchen, ihr Heiligtum wieder zu säubern.
»Das war kein Zorn.« Rossi entdeckte einen Brotlaib. »Hier hinein.« Als sie das Messer hob, um es niedersausen zu lassen, legte er von hinten seine Hand auf ihre Kehle und drückte zu. Nur ganz leicht, keine Schwierigkeit, weiter zu atmen, ein winziger Druck – und doch wurde sie augenblicklich von einem Entsetzen gepackt, dass sie fast losgebrüllt und um sich getreten hätte.
»Stich zu. Dann bist du’s los.«
Sie

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