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Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
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betrat. Sie hob es auf. Inghiramo bat darin um ein Treffen in Gedenken an die Leidenschaft , die uns verband . Er drückte sich schwülstig aus, und eine Welle der Abneigung durchfloss Cecilia, als sie das Gestammel las, mit dem er um die Gunst eines Abschieds bat, der ihrer unmöglich gewordenen Liebe würdig sei. Er wagte es sogar, einen Termin zu nennen. Den würde sie gewiss nicht wahrnehmen!
    Es war Donnerstag. Er hatte sich gedacht, dass sie einander nach der Auffuhrung in den Ruinen sehen könnten. In zwei Tagen also. Nie im Leben! Wer von einer Viper gebissen wird und ein zweites Mal die Hand ausstreckt, gehört in den Narrenturm gesteckt. Sie zerriss das Billett. Zum Teufel mit Inghiramo.
    Rossi hatte in der folgenden Zeit so viel zu tun, dass sie ihn kaum sah. Er hatte sich wieder einmal bei Goffredo ein Pferd ausgeliehen und besprach sich mit seinen Assessori und seinem Kollegen aus Monsummano, und was er sonst noch tat, wusste sie nicht. Die Zeit saß ihm im Nacken. Der vierte Tag von Brunos Frist verstrich, der fünfte brach an.
    Cecilia paukte mit Dina französische Vokabeln und beaufsichtigte sie beim Violinespielen. Sie würde nicht zu der Aufführung gehen, denn das würde beweisen, dass Inghiramo noch immer ein Stück ihres Herzens besaß, und genauso würde er es auch auffassen, der dreimal verfluchte Kerl.
    »Warum runzeln Sie die Stirn, Cecilia?«, wollte Dina wissen.
»Aber das tu ich nicht.«
»Doch. Die ganze Zeit. Sind Sie böse mit mir?« Cecilia lächelte und strich über die rosigen Kinderwangen.
Adolfo war zurückgekehrt. Er suchte den Palazzo auf und erzählte, wie er den Mann, den er verfolgte, rasch aus den Augen verloren hatte. Eine Weile war er noch durch Florenz gestreift und hatte sich bei den Gasthäusern und Pferdewechselstellen nach einem Reiter auf einem Fuchs erkundigt, doch fundig geworden war er nicht. Ein Babylon, murmelte er. Ein Babylon. Wie der Mann aussah, den er fast erwischt hätte, konnte er auch nicht sagen. Ein schwarzer Mantel, ein schwarzer Filzhut.
Cecilia gestand Adolfo, dass sie Irene entlassen hatte, was ihm nicht gefiel, und noch weniger gefiel es ihm, dass der Giudice davon nichts wusste. Er beschwor sie, ihm ein Zimmerchen in ihrer Wohnung zu überlassen, damit er über sie wachen könne. Aber das wollte wiederum sie nicht. Vielleicht war diese Furcht, sich zu kompromittieren, ja inzwischen krankhaft. Dennoch – ein Mann in der Wohnung? Sie war allerdings zutiefst erleichtert, als er darauf beharrte, sich mit seiner Decke in einem leer stehenden Gartenpavillon auf dem Grundstück ihrer Wohnung gegenüber niederzulassen. Die Eigentümer waren verreist, es würde niemanden stören.
»Ist das nachts nicht sehr kalt?«
Er lachte, aber seine Altmänneraugen blickten weiter grimmig.
In dieser Nacht schlief sie schlecht. Alle Augenblicke wurde sie von Traumfetzen geweckt, in denen Sergio Feretti sie um Hilfe anbettelte. Ihre Glieder waren gelähmt, ihre Hände wie mit Steinen beschwert. Er weinte … Schlag fester …
Als sie schließlich hellwach im Bett saß und in die Dunkelheit starrte, huschten Szenarien durch ihren Kopf, die geeignet waren, ihr den Rest der Fassung zu rauben. Vincenzo, der sich an Adolfo heranschlich und ihn ermordete, quasi als Amuse-Gueule vor dem eigentlichen Mord, den er plante. Wauwau … Vincenzo in ihrem Flur, in ihrer Kammer …
War da ein Geräusch?
Nein.
Oder doch?
Cecilia befand sich allein im Gebäude, nachdem Secci am Abend zuvor sein Kontor geschlossen hatte. Und dennoch schien das Haus von Geistern bevölkert zu sein, die die Dielen zum Knarren und die Fensterläden zum Klappern brachten. Wenn es denn Geister waren.
Und nun? Im Bett sitzen und bis zum Morgengrauen zittern?
Cecilia nahm allen Mut zusammen und schlüpfte in ihre Pantöffelchen. Mit pochendem Herzen verharrte sie vor der Tür ihrer Abstellkammer – dem einzigen Raum, dessen Fenster zur Straße hinausging. Es dauerte Ewigkeiten, ehe sie sich traute, einzutreten und mit dem Nachdicht die Finsternis auszuleuchten. Der schwarze, ägyptische Lampenmann blickte ihr von einem Stuhl aus entgegen, und sie hätte schwören können, dass er ihr mit dem grünen Glasauge zublinzelte. Sie lauschte.
War dort etwas im Salon? Kleine Trippelschritte und Geraschel – sicher von den Mäusen, die man niemals wirklich loswurde, selbst wenn man keine Küche besaß. Sie ging zum Fenster, wischte die Scheibe sauber und starrte in die Nacht. Von Adolfo war zwischen den Bäumen mit

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