Glaesener Helga
Er hat ihn gefunden, und dann hat Mario etwas gesagt, was ihn reizte, … etwas über Marzia …«
»Das ließe sich nicht beweisen.«
»Warum unternimmt sie nichts?«
»Wer?«
»Signora Feretti. Ich kann mir vorstellen, dass sie ein Auge zudrückt, wenn ihr Mann und Marzia, … ich meine im Stall … Darüber kann man vielleicht hinwegsehen. Aber eine Wohnung mieten? Sicher weiß halb Montecatini Bescheid. Feretti gibt seine Frau der Lächerlichkeit preis. Und sie ist stolz. Warum lässt sie sich das gefallen?«
»Was kann sie tun? Ein zeterndes Eheweib ist noch lächerlicher als ein betrogenes.«
»Sie kann ihn verklagen«, schlug Cecilia vor.
»Kann sie nicht.«
»Kann sie nicht?«
»Nein. Ein Mann kann seine untreue Ehefrau verklagen, umgekehrt ist das nicht möglich.«
»Warum?«
Rossi zuckte die Achseln.
»Wird die Compilations-Kommission etwas daran ändern?«
»Nein.«
»Und ist das nicht ärgerlich?«
»Darüber müsste man nachdenken, Cousine Cecilia.« Er hob abbittend die Hände. »Es gibt so viel, über das nachgedacht werden muss. Darüber sicher auch. Irgendwann.«
»Wenn alles andere erledigt ist?«
Er lächelte so ergeben, dass sie es nicht fertigbrachte, ihm länger böse zu sein. Aber man sollte darüber in den Meinungen der Babette schreiben, dachte Cecilia. Gekettet an den Ehebrecher … Sie war sicher, dass die Damen, die die Babette lasen, sich für diese Löchlein im Prachtteppich der toskanischen Justizreform interessieren würden.
Ein kleiner, wichtig dreinblickender Junge, den seine Mutter in einen dicken Mantel gepackt hatte, kam auf einem Esel aus Buggiano geritten und überbrachte Cecilia die Nachricht, dass die Tapeten gedruckt seien und die Signora bitte kommen und sie anschauen möge.
Dieses Mal wurde Cecilia von Bruno gefahren, und Dina kam ebenfalls mit. So verging die Reise wie im Flug.
»Und wenn es mir nicht gefällt?«
»Natürlich wird es dir im Kloster gefallen, Herzchen. Achtundsechzig Mädchen – achtundsechzig
Freundschaften, die du schließen kannst.«
»Und wenn sie mich nicht mögen?«
»Das kann ich mir gar nicht vorstellen.«
»Ich bin ein dürres Gerippe.«
»Wer sagt das?« Dumme Frage.
»Mein Vater.«
»Du bist hübsch, und die Mädchen werden dich gut
leiden können, und es wird wunderbar werden.« Cecilia legte dem Kind den Arm um die zarten Schultern. »Und wenn nicht?«
»Wenn was nicht?«
»Wenn sie mich trotzdem nicht mögen?«
»Die Kinder hier in Montecatini haben dich auch gemocht.«
»Nein, nur Domizio.«
Cecilia seufzte. Rossi hatte seine Tochter in den Monaten vor Cecilias Ankunft in ihren Seidenroben durch die Stadt streunen lassen, in zerrissenen Seidenroben. Natürlich war ihr Häme und Spott entgegengeschlagen, außer von Domizio, dessen kleine schwarze Seele von größeren Sünden wusste. In Marliana würde Dina die richtigen Kleider tragen. Und das würde helfen? Ja, sagte sich Cecilia, ja, ja, ja … So ging es zu in der Welt.
»Sie werden dich mögen, weil du tapfer und freundlich und eine wirklich gute Kameradin bist …« Die sogar mutig genug gewesen ist, ihrem toten Freund eine Puppe aufs Grab zu legen. Dich muss man doch mögen.
Dina lächelte zaghaft. Sie zog die Hand aus dem Muff und schob sie in die von Cecilia. »Dort ist ein Fest!«
Sie hatte recht. Vor den Mauern von Buggiano standen Buden am Straßenrand, und Männer, Frauen und Kinder, die in der tristen Winterlandschaft wie Farbkleckse wirkten, tummelten sich in den provisorischen Gassen. Einige Burschen errichteten ein Podest, vielleicht für ein Gauklerspiel. Eine alte Frau stopfte Säcke mit Stroh. Vor einer Schubkarre, die zur Seite gekippt war, fauchte eine Katze, die ihr Territorium verteidigte. Ein kleiner Junge versuchte sie zu streicheln. Ob er sie besänftigen konnte oder sich einen Tatzenhieb einfing, konnte Cecilia nicht mehr erkennen.
Nachdem sie das Stadttor passiert hatten, wurde es still. Der Freitag war kein Markttag, und sie fuhren über eine fast menschenleere Hauptstraße. Bruno setzte die Damen vor dem Tapetengeschäft ab, mit der Absicht, den Lando in eine Ecke zu kutschieren, wo es ein bisschen mehr Platz gab. Wozu mehr Platz? fragte sich Cecilia. Die gesamte Marktfläche stand ihm offen. Wahrscheinlich wollte der Sbirro in eine Schenke, aber sie fand, dass sie das nichts anging.
Eine Stunde später wischte sich ein erschöpfter Signore Redi den Schweiß von der Stirn und versprach, zwei der Bahnen neu zu drucken und alle zusammen Mitte Februar zu
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