Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Glaesener Helga

Glaesener Helga

Titel: Glaesener Helga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfe im Olivenhain
Vom Netzwerk:
kosten, die sie in ihren kleinen Porzellandosen aufbewahrte. Als Rossi etwa zwei Stunden später zurückkehrte, war Cecilia übel.
Fiamma beschenkte den Giudice – herrje, wie stinken Sie wieder nach Wein! – mit einem Säckchen Chilischoten und winkte ihnen nach, als sie mit der Vittoria davonzottelten.
Rossi lachte, als er Cecilia mit den Händen wedeln sah. »Jeder Schluck für die gute Sache, und solange ich mir nicht einbilde, einen Zweispänner zu lenken, bitte kein Gekläff.«
»Betrunken für die gute Sache?«
»Nicht betrunken, das sieht anders aus.« Er lachte erneut. Aufgeräumt legte er den Arm hinter sie auf die Lehne der Vittoria. »Vincenzo hat ein Sündenregister, das man Arthur offenbar vorenthalten hat. Genaues weiß keiner, aber Gerüchte gibt es ohne Ende, und wenn man aus dem, was getuschelt wird, das Extrakt zieht, muss man befürchten, dass der Junge sich böse an seiner Schwester vergriffen hat. Er war offenbar ein schrecklicher Bursche von Kindesbeinen an. Einmal hat er den Mops einer Freundin seiner Schwester in Brand gesetzt. Er hat seinem Pony Scherben ins Heu gestreut. Er hat sich überhaupt viel an Tieren vergriffen. Ein verschlagener Bengel, dem die anderen Kinder aus dem Weg gingen, und später auch die Erwachsenen.
Vor zwei Jahren ist er mit einer seiner Schwestern nachts in ein Wäldchen hier in der Nähe verschwunden. Wie er sie dazu überreden konnte, weiß niemand, denn die Mädchen hatten gehörig Respekt vor ihm. Jedenfalls ging die Dienerschaft in heller Panik auf die Suche, als man das Verschwinden der beiden bemerkte, und ein Jagdaufseher, der auf Wilddiebe aus war, sah, wie Signore Camporesi seinen Sohn wenig später mit einer Peitsche vor sich her nach Hause trieb. Das Mädel folgte, in eine Decke gewickelt, und danach waren die Türen des Herrschaftshauses für eine Weile geschlossen.«
»Und was genau …?«
»Konnte mir niemand sagen. Aber zwei Tage später war Vincenzo bei der Armee. Seine Schwester wurde nach Süditalien verschickt, zu einer Tante, wie es heißt, und seitdem hat man von beiden nichts mehr gehört.«
»Das ist übel.«
»Das ist ein Grund, auf den Burschen ein genaueres Auge zu werfen. Obwohl … und das darf man nicht vergessen … Mario bei Tage ermordet wurde, und auch Feretti wurde am Tag entführt. Ich glaube nicht, dass man sich tagsüber aus dem Asyl so einfach fortstehlen kann.«
»Und wenn Vincenzo einen Komplizen hat?« »Wer sollte das sein?«
»Er ist reich«, sagte Cecilia.
Sie fuhren schweigend über die holprigen Wege. Es wurde wieder kühler, und Cecilia mummelte sich in den Mantel. So schön wie der Tag gewesen war, so atemberaubend wurde der Sonnenuntergang. Der weiße Sonnenball lag riesig zwischen den Hügeln, eingebettet in goldene und orange Farben, Hintergrund für den schwarzen Schatten einer Scheune, der sich scharf gegen das Feuermeer abhob.
»Warum Heiligenbilder?«, fragte Cecilia.
»Fiammas seliges Mundwerk?« Rossi lächelte melancholisch.
Cecilia nahm ihm die Zügel ab und versuchte, die Stute zu einem kleinen Trab anzufeuern, was ihr auch gelang, zumindest für einen kurzen Augenblick.
»Heiligenbilder«, sagte Rossi, »weil ich nichts anderes kann. Mein Vater war Maler von Heiligenbildern. Das ist der schöne Teil meiner Erinnerung an ihn: wie er über seinen Farben sitzt und den Kopf des heiligen Johannes auf den Teller malt.«
»Dein Vater war Maler?«
»Heiligenbilder, wie gesagt. Das ist eine eigene Profession. Es gibt eine Zunft mit Zunftordnung und Zunftversammlungen in Hinterzimmern mit billigem Wein.«
»Du erinnerst dich nicht gern an deinen Vater?«
»Und wenn du dem störrischen Vieh jetzt erlaubst, am Gras zu knabbern, wird es dir für den Rest eures gemeinsamen Lebens auf der Nase herumtanzen. Hier … Straff ziehen und ein bisschen rechtschaffenen Ärger in die Stimme.«
Gehorsam las Cecilia dem breiten Hinterteil die Leviten.
»Das ist Ärger? Das? Komm, versuch es noch mal.«
»Sie weiß selbst, dass sie heim will. Es ist gleich, ob man sie treibt oder nicht. Siehst du? Sie zieht an. Lebt dein Vater noch?«
»Ich weiß nicht.«
»Du kannst ihn also nicht leiden.«
»Ist wohl so. Wenn ich es recht bedenke«, sagte er nachdenklich, »war mein ganzes Leben ein Versuch, ihm möglichst unähnlich zu werden.«
    12. Kapitel
    A dolfo legte die Laken über die Möbel des Speisezimmers, misstrauisch überwacht von Irene. Er wirkte niedergeschlagen, während er die Beulen glatt strich und an den Ecken

Weitere Kostenlose Bücher