Glashaus
Menge Leute würden für so `n Angebot ihre Mutter verkaufen, aber Du pisst einfach drauf.“
Boyle stemmte sich aus dem Bürostuhl, griff nach dem Scotch und füllte sein Glas höchst selbst wieder nach.
„ Unter anderem weil ich seit dem Tag, als wir Deinen Alten auf dem Zentralfriedhof verscharrt haben, alles bin, was Du noch hast, wenn sie irgendwann an Deine Tür klopfen, um Dich ein für alle Mal fertig zu machen.“
Boyle trank, stellte das Glas auf den Tisch zurück.
„ Am Sonntag um acht, sag ihr das.“
Boyle stand auf und ging zur Tür.
„ Hat der große, böse Schwarze Mann auch nur mal `ne einzige Sekunde drüber nachgedacht, dass genauso gut auch irgendwer zuerst an seine Tür klopfen könnte, bevor er auf die Idee kommt es auch mal an meiner zu versuchen?“
„ Ja.“
Boyle blieb an der Tür stehen, sah sich nicht nach Teddy um.
„ Und zu welchem Schluss ist der große schwarze Massa dabei gekommen?“
„ Das ihm das nie passieren wird.“
Hinter der Bar drehte Löckchen sich einen Joint.
Draußen nieselte es.
Boyle schlug den Jackenkragen auf.
Boyle trieb den Alfa mit knapp hundertdreißig über die Stadtautobahn in Richtung Hafen. Vielleicht sollte er das Flugticket sausen lassen und hier bleiben. Seit Monaten war er nicht mehr in einem Kino oder einem guten Restaurant gewesen. Alles, was er zu tun hatte war Sascha anzurufen und ihr mitzuteilen, dass er blieb.
Vor dem Alfa fuhr ein silberner Benz, aus dessen Fenster plötzlich eine Polizeikelle ragte. Boyle dachte an den Scotch in Teddy Amins Büro und fragte sich, ob er den Dienstausweis dabei hatte. Nur für den Fall, dass die beiden Kollegen in dem Benz die einzigen Bullen im Land sein sollten, die sein Gesicht noch nicht auf einem Plakat oder in irgendeiner Talkshow gesehen hatten.
Boyle erinnerte sich: Der Dienstausweis lag zu Hause auf dem Tisch im Flur.
Mist.
Der Benz bremste ein paar Meter vor ihm auf dem Standstreifen scharf ab.
Ein Kollege kam durch den Nieselregen auf ihn zu. Er hatte den Kopf tief im Jackenkragen versenkt, aber die Hand am Pistolenholster.
Der Kollege klopfte an Boyles Wagenfenster. Immer noch war sein Gesicht nicht zu erkennen. Boyle ließ das Fenster herunter und lächelte dem Kollegen freundlich entgegen.
„ Legen Sie Ihre Hände gut sichtbar aufs Lenkrad.“
Boyle war verwundert, tat aber was der Kollege verlangte.
„ Ich bin Polizist. Lewis Boyle, Fachkommissariat 1. Ich bin im Urlaub und hab deswegen meinen Ausweis nicht dabei. Meine Dienstnummer lautet: BE2214587. Checkt einfach meine Autonummer, wenn ihr mir nicht glaubt.“
Der Unbekannte öffnete Boyles Wagentür.
„ Steigen Sie aus. Legen Sie Ihre Hände aufs Wagendach.“
Irgendwas stimmte nicht. Boyle beschlich ein unbehagliches Gefühl. Der Typ hätte ihn zuerst nach dem Führerschein und den Wagenpapieren fragen sollen. Ganz abgesehen davon, dass es ihm offenbar scheißegal war, einen Kollegen von der Straße gefischt zu haben.
„ Noch mal: Mein Name ist Lewis Boyle. Ich bin Hauptkommissar. Meine Dienstnummer lautet …“
Ein Pistolenlauf an Boyles Schläfe.
„ Aussteigen!“
Boyle stieg aus.
„ Kannst Du beten Nigger?“
Boyle war steif vor Angst. Von all dem Verkehrslärm blieb nur sein Atem, der ihn in den Ohren trommelte.
„ Dann bete!“
Schritte. Der zweite Mann war aus dem Benz gestiegen und herübergekommen.
„ Schönen Gruß von Färber und Saleki.“
Eine Hand, die sich in Boyles kurze Haare verbiss, seinen Kopf nach hinten riss, ihn anschließend kräftig auf das Hardtop des Alfa knallte. Schmerz, der schwarz-rot in Boyles Hirn explodierte.
Boyle ging zu Boden.
Die Stimme des ersten Mannes ganz nah an Boyles rechtem Ohr.
„ Tschüss Nigger!“
Dann der Pistolenlauf an Boyles Hinterkopf. Etwas Heißes, das ihm zwischen den Schenkeln entlanglief.
Das weich-goldene Licht des Sonnenuntergangs auf der Straße - so weit weg.
19 Uhr 02. Halif war nicht allein gekommen. Ein Fremder lehnte bei ihm an Younas Küchentür. Der Fremde war jung, schlank und seine Haut zu dunkel, als dass er sich die Farbe an irgendeinem Strand geholt haben konnte. Halif wirkte wie immer: Fünfundfünfzig Jahre alt und merklich rund um die Hüften. Seine Augen waren braun mit einem guten Schuss schwarz darin. Und seine Hände so gepflegt, wie die eines Mannes, der längst nicht mehr in die Verlegenheit geriet damit mehr als nur Papier und Kugelschreiber zu greifen.
„ Wo ist sie?“
Aus Younas Stimme klang ein
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