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Glashaus

Glashaus

Titel: Glashaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gray
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Vogel erwachte aus seinem minutenlangen drückenden Schweigen.
    „ Ganz egal was am Ende wirklich dahinter steckt. Du wirst diesen Mörder nicht umlegen, bevor ich nicht weiß, weswegen er in meiner Stadt Leute erschießt, Bulle. Und das war keine Bitte, sondern ein Befehl.“
    „ Sie verwechseln da was, alter Mann: Ich steh nicht auf Ihrer Gehaltsliste. Ich bin keiner Ihrer Laufburschen.“
    Premudas Hand verkrampfte sich angesichts seiner gerade überstandenen Krankheit erstaunlich kräftig, um Boyles Handgelenk.
    „ Du bist, was Du bist, Bulle. Und ich bin, was ich bin. Du wirst tun, was man Dir sagt, kapiert? Du schuldest mir was.“
    „ Ich schulde Ihnen nichts, Premuda. Wir hatten einen Deal. Teddy und ich haben unseren Teil erfüllt. Sie haben Ihren Teil erfüllt. Wir sind sauber auseinander gegangen.“
    Die Hand des dürren Vogels löste ihren Griff um Boyles Handgelenk.
    „ Vor ein paar Stunden hat Bellini von der Abendzeitung jeder Menge Leuten in dieser Stadt jede Menge Gefallen versprochen, um Dir zu geben, worum Du sie gebeten hast. Hast Du wirklich geglaubt, Du kriegst hier irgendwas umsonst?“
    Panik durchzuckte Boyle. Bellini hatte ihn kalt lächelnd belogen.
    „ Was ich geglaubt habe war, dass ich Bellini etwas schulde, wenn ich Bellini um einen Gefallen bitte. Nicht Ihnen.“
    „ Da hast Du Dich geirrt, Bulle.“
    Drückend feindselige Stille, die den Innenraum der Limousine auf Erbsengröße schrumpfen ließ. Und dennoch blieb da etwas, das noch getan werden musste.
    Auf den Revieren, den Straßen und im Präsidium gab es jede Menge Polizisten, die sich mit Informationen an die Presse ein paar Scheine nebenbei verdienten.
    Selbst wenn Bellini ihre Zusage einhielt, nichts über den Kanakenkiller zu bringen, bevor Boyle es bei ihr freigab, wussten mittlerweile einfach schon zu viele Leute Bescheid. Es war nur noch eine Frage von wenigen Stunden, bis irgendetwas zu den Zeitungen oder in die Morgenshows von Radio und Fernsehen durchsickerte.
    Der Mörder, dem Boyle nachjagte, war ein Kanake und am Nachmittag würden ungefähr dreitausend aufgeputschte Neonazis durch die Stadt marschieren.
    Die Story eines Kanaken, der durch die Stadt zog und nacheinander zwei gute weiße Mittelklassejungen umlegte, musste ihnen wie ein Geschenk des Himmels erscheinen, bewies es doch scheinbar einmal mehr die Thesen, die sie vertraten. Nicht schwer sich auszumalen, was sie in ihren Sprechchören schreien würden, nachdem sie von dem Kanakenkiller erfahren hatten. Und ungefähr genauso leicht sich auszumalen was geschah, wenn sie auf die Autonomen trafen, die diesmal vielleicht statt Nazis raus, auch Ausländer rein brüllen würden.
    Doch als sei das noch nicht genug, warteten an den Stadträndern ein paar tausend frustrierte türkische, jugoslawische, russische, nordafrikanische und was sonst noch für Kids, die ganz bestimmt nichts dagegen hatten einem Haufen Nazis die Fressen zu polieren.
    Die Frage war nicht, ob sie draußen in ihren tristen Betonburgen überhaupt still halten würden, denn das würden sie ganz sicher nicht.
    Die Frage war, ob sie mit den Nazis schon genug hatten, oder sich erst einmal ihrer Stärke bewusst geworden, nicht auf die ganz große und längst überfällige Randale verlegten und die City in Brand steckten. Ein paar hundert von ihnen könnten dazu schon genügen. Dem Innensenator würde dann womöglich nichts weiter übrig bleiben als den Notstand auszurufen und Hilfe vom Grenzschutz und der Armee anzufordern.
    Ganz gleich was sich die guten Bürger vor ihren bläulich schimmernden Glotzen auch Abend für Abend vormachten – war es erst einmal soweit gekommen, dass der Notstand ausgerufen wurde, und nach dem BGS auch die Armee zu Hilfe gerufen werden musste, würde es schließlich Tote auf den Straßen geben. Zweifellos würden Polizei, BGS und Armee das Chaos zuletzt wieder in den Griff kriegen. Aber dieses Land würde danach nie wieder dasselbe sein.
    „ Da ist noch etwas: Befehlen Sie Ihren Leuten zu Hause zu bleiben, ganz gleich was bei der Demo morgen Nachmittag geschieht. Es hat genug Blut gegeben. Keiner hat bei Straßenschlachten irgendetwas zu gewinnen.“
    Premudas Hände zuckten heftig aus dem Kamelhaarberg hervor und schnitten scharf durch die aufgeheizte Luft im Inneren des Wagens, bevor sie dann gleich darauf kraftlos wieder herabfielen.
    „ Ihr scheiß Heuchler habt diesen Idioten doch selbst erlaubt ihren Mist auf die Straße zu tragen. Und jetzt kommt ihr

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