Glashaus
Feuerwehr.
Panik.
Neben ihm, halb angeleuchtet von den Scheinwerfern seines eigenen Wagens und denjenigen des Mercedes, eine Plakatwand, die mit einem selig grinsenden Baby für Hautcreme warb.
Draußen, außerhalb des Blechbauches des Toyota, die Warnblinker des Benz, die Lichter der Polizei und der Rettungswagen. Hinter ihm weitere vier, fünf Wagen. Vor ihm der Benz und vor dem Benz zwei weitere Wagen. Neben der Straße der schmale Standstreifen und dahinter ein tiefer Graben.
Younas war gefangen.
Der Benz bewegte sich erneut ein paar Meter vorwärts. Das Werbeplakat versank im diffusen Halbdunkel der Nacht.
Die Erinnerung an einen der Gefängniswärter, damals in dem anderen Land. Wie er mit einem bösen Glanz in den Augen vor den Neuankömmlingen am Zellengang gestanden hatte.
„ Ab hier gibt es keine Unschuldigen mehr. Hier gibt es nur Nummern. Jede ist soviel wert, wie die andere: nämlich nix.“
Jahrelang hatte er sich eingeredet, dass jener Wärter ebenso ein Opfer war, wie die Männer, die er verhörte.
Seit dieser Nacht wusste er es besser: Begriffe wie Opfer oder Täter, Schuld und Unschuld hatten in der wirklichen Welt nichts zu suchen.
Alles, worum es tatsächlich ging, war eines Tages eine Entscheidung zu treffen und damit leben zu lernen.
2 Uhr 12. Draußen vorm Club hatten sich die Regenwolken verzogen. Die Nachtluft war diesig und kalt. Boyle hatte vergeblich versucht Tommy Graf im Büro zu erreichen. Eine schwache Hoffnung, trieb ihn dazu, es über die Funkzentrale zu versuchen.
Er öffnete den Opel und griff nach dem Funkgerät.
„ Wagen 1323 Hauptkommissar Lewis Boyle ruft Zentrale.“
Knistern.
„ Hallo, Boyle. Keine Nachrichten für Dich. Tut mir leid.“
Barbie. Seit Monaten ging sie ihn um ein Date an, das er ihr selbst dann nicht gewähren würde, wenn sie das letzte weibliche Wesen auf diesem Planeten gewesen wäre.
„ Mach mir `ne Verbindung zu Tommy Graf. Er muss irgendwo bei der MoKo herumhängen.“
„ Tommy Graf ist vor `ner Viertelstunde gegangen. Sah nicht so aus als ob er heute Nacht noch mal zurückkommt.“
Boyle warf das Handstück des Funkgerätes in den Wagen zurück. Wandte sich zu Teddy Amin, der vom Eingang des Clubs zu ihm herübergeschlendert war.
„ Schlechte Nachrichten?“
Boyle starrte wütend an ihm vorbei auf die Leuchtreklame eines Hotels.
„ Tommy hat es gesteckt. Wieso auch immer. Ich bin allein.“
Teddy schlug die Tür des Opels zu.
„ Sind wir am Ende alle. Außerdem ich hab Dir immer schon gesagt, dass Du dieser Schwuchtel nicht trauen kannst. Überhaupt gar keiner Schwuchtel. Nie. Egal, ob sie Brüste hat oder `nen Schwanz. Falscher Fuffziger bleibt falscher Fuffziger.“
Das übliche Vorurteil eines Zuhälters, den panische Angst davor umtrieb, dass eines seiner Mädchen plötzlich ihre Neigung zum eigenen Geschlecht entdeckte und damit für jeglichen Gebrauch im ältesten Gewerbe der Welt so gut wie verloren war.
„ Oh, immer noch sauer wegen …wie hieß sie noch … Candy?“
Teddy nahm Boyles sarkastische Erwiderung leichter als gewöhnlich.
„ Sie hieß Suzanne Stein. Und tu nicht so, als ob Du es vergessen hättest, Du hast sie genauso gevögelt, wie ich.“
„ Aber Dir ist sie mit einem Deiner Mädchen weggelaufen.“
Teddy war sauer. Auf Candy angesprochen zu werden war seiner Laune noch nie gut bekommen.
„ Tommy Graf ist trotzdem ein Arsch mit Ohren und zuviel Asche auf der Bank. So was sollten sie nicht mal den Asphalt kehren lassen auf dem anständige Männer herumtreten.“
Klar – Tommy musste für die untreue Candy büßen.
„ Du bist ` n intoleranter Idiot, Teddy. “
„ Muss was dran sein – hör ich heute nicht zum ersten Mal.“
Boyle hatte genug von der Plänkelei.
„ Ich brauch Deinen Wagen. Meine Dienstkarre fällt zu sehr auf. Und ich muss wissen wo sich einer von Halif Kahns Dealern Freitagnachts üblicherweise so herumtreibt.“
Teddys Blicke brachen sich in Boyles zu Schlitzen zusammengezogene Augen.
„ Wozu?“
„ Kann sein, dass er weiß weswegen der Kanakenkiller einen Schuljungen nach dem anderen umlegt. Außerdem gut möglich, dass der Killer jetzt auch hinter ihm her ist. Ich bin nicht sicher, aber irgendwas sagt mir, dass wir Stiller erst dann endgültig von den Hacken haben, wenn wir wissen weswegen der Kanakenkiller all diese Jungen umlegt. Es gab schon drei Tote diese Nacht. Müssen schließlich nicht vier werden.“
Teddy schien anderer Meinung zu sein.
„
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