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Glasklar

Glasklar

Titel: Glasklar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Wasserberg rauf – zum Gairenbuckel, wo sich jener Parkplatz befand, von dem aus der kürzeste Fußweg zur Anhöhe hinaufführte. Was, verdammt noch mal, bewog den Kerl, zum Wasserberg hinaufzufahren?

20.
    August Häberle war hundemüde. Er hatte seine Frau Susanne angerufen und ihr erklärt, dass es später werden würde. Es war einer jener Momente, in denen er ihr für ihr Verständnis unendlich dankbar war. Nie hatte sie ihm in den langen Ehejahren Vorwürfe gemacht, wenn er wegen seines Berufs nicht heimkam. Ohne ihre Toleranz hätte er sich wohl kaum mit aller Kraft auf seine Fälle konzentrieren können. Der Rückhalt in der Familie war wichtig. Das brachte ihm den inneren Ausgleich und die Energie, die notwendig war, um diesen stressigen Job bewältigen zu können. Einen Job, der nicht nur darin bestand, die richtigen Schlüsse zu ziehen, sondern auch, mannigfaches Elend zu verkraften und es nicht an sich heranzulassen. Jeder Fall barg ein Schicksal – für das Opfer genauso wie für den Täter, der meist zwei Leben zerstört hatte: Ein fremdes durch Mord und sein eigenes durch die Folgen seiner Tat.
    Die Sonderkommission hatte sich Pizzen bringen lassen, um den abendlichen Hunger zu stillen. Keiner aus der Mannschaft wollte jetzt nach Hause gehen, obwohl sich einige von ihnen auf das Fußballspiel gefreut hatten.
    Doch im Laufe des Tages war eine Fülle von Informationen gesammelt worden, die es nun zu sichten galt. Vor allem aber musste das weitere Vorgehen für Montagvormittag geplant werden. Häberle hatte sich mit Chefin Manuela Maller und Direktionsleiter Kauderer abgestimmt.
    »Kollegen«, begann er, während er noch eine halbe Pizzaschnitte in der Hand hielt und es draußen bereits dunkel war, »wir sind ein gutes Stück vorangekommen. Es zeichnen sich einige Ansatzpunkte ab, vor allem am Persönlichkeitsbild von Heidenreich. Vieles deutet auf eine enge Täter-Opfer-Beziehung hin. Die Frage stellt sich nur, in welche Richtung. Das kann mit seinem Beruf zu tun haben oder mit seinem Engagement gegen die Eisenbahn – und natürlich mit seinen Schulfreunden.« Er verschlang den Rest der Pizza und lehnte sich gegen den Türrahmen.
    »Damit gehst du davon aus, dass es keine Zufallsbegegnung dort oben war«, warf ein älterer Kollege ein, der an einem der weißen Tische saß, die aneinandergeschoben worden waren und auf denen sich inzwischen Notizzettel und Aktenordner stapelten.
    »Das würde ich ausschließen, ja«, bestätigte Häberle und wischte sich den Mund mit einer Serviette ab. »Eine Zufallsbegegnung mitten in der Nacht und dann dort oben – das halte ich für unwahrscheinlich.«
    »Dann meinst du, der Täter hat sein Opfer abgepasst?«, fragte ein anderer.
    »Abgepasst oder er ist ihm nachgegangen und hat eine günstige Gelegenheit abgewartet.«
    »Und die bot sich auf dieser Lichtung beim Mammutbaum?«, hakte ein junger Kriminalist nach, der neben Linkohr am Sims eines geöffneten Fensters lehnte.
    Häberle zuckte mit den Schultern. »Kann Zufall sein, kann aber auch etwas anderes bedeuten. Jedenfalls hat sich die Tat an diesem Drahtgitterkäfig abgespielt. Die Kollegen der Spurensicherung …«, er deutete zu drei Männern an der seitlichen Wand, »sie haben festgestellt, dass das Opfer zum Waldrand hinübergeschleppt wurde. Vermutlich rückwärts gezogen. Darauf deuten Gras- und Erdspuren an den hinteren Kanten der Schuhabsätze hin.« Er griff zu einem Plastikbeutel und hob ihn hoch. Ein schmaler, etwa vier Zentimeter langer Gegenstand zeichnete sich ab. »Und das haben sie auch noch gefunden. Vermutlich Teil eines Brillenbügels.«
    Die Spurensicherer nickten stolz in die Runde. »Das Ding wird uns morgen beschäftigen«, fuhr der Chefermittler fort.
    Ein anderer warf nach kurzer Stille ein: »Diese Clique der Alt-68er – sind die denn alle hasenrein?«
    »Nicht Alt-68er«, stellte Häberle klar und verschränkte seine Arme jetzt vor der Brust. »Dazu waren die damals noch ein bisschen zu jung. Es sind ganz normale Schulfreunde, die sich jährlich dort oben treffen. Das hat nichts mit einer gemeinsamen politischen Vergangenheit zu tun. Kollege Speckinger …«, er drehte sich zu ihm, »er hat die meisten davon heut aufgesucht.«
    »Eigentlich ganz normale Typen«, griff Speckinger den Hinweis auf und musste ein Gähnen unterdrücken. »Schulmeister, Finanzheini und Kioskbetreiber, der irgendwas von UFO -Büchern gefaselt hat, nach denen sich Heidenreich angeblich kürzlich erkundigt

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