Glasklar
Gläser und entfernte sich wieder. »Na, dann – auf diesen aufregenden Sonntag«, hob Alfred das Glas und überlegte, wie sie nachher die Zeche auseinanderdividieren würden.
»Die Frage ist doch, was wir von unserem Klassenkameraden Werner wissen. Doch wohl kaum mehr, als dass er eine, sagen wir mal, ungewöhnliche Karriere hingelegt hat.« Sigge nahm kein Blatt vor den Mund.
»Ungewöhnlich, ja, bei allem, was man so hört«, griff Alfred diese Bemerkung auf. »Und so genau kann man sich von ihm auch kein Bild machen. Hier der Mensch von der Steuerfahndung, dort der rebellierende Eisenbahngegner – und zwischendurch interessiert er sich für UFO s.«
»Was, bitte?«, staunte Sigge. Alfreds Hinweis hatte die erhoffte Wirkung nicht verfehlt. Es war wie immer, wenn das Wort UFO fiel: Die Aufmerksamkeit war demjenigen, der es aussprach, ganz sicher.
Pettrichs Ehefrau warf ihm einen Blick zu. Ihr war es offenbar nicht gelegen, dieses Thema auch noch zu erwähnen. Doch Alfred blieb dabei: »Vor einem Dreivierteljahr war er bei mir im Kiosk und wollte wissen, ob ich aktuelle Veröffentlichungen zum Thema UFO s hätte.«
»Ach«, zeigte sich Monika interessiert. »Da war er ja bei dir genau richtig.«
Alfred grinste stolz übers breite Gesicht. »Was heißt das?«, fragte er schnell zurück, um gleich selbst zu antworten: »Natürlich, wo denn sonst? Außerdem hat das nichts mit Science-Fiction zu tun, wenn man es kritisch und wissenschaftlich angeht. Dass sich selbst die Militärs damit auseinandersetzen, hat man doch erst vor vier Wochen gesehen, als die Briten Einblick in ihr UFO -Archiv gegeben haben.«
»Aber das meiste waren gar keine UFO s«, schnitt ihm Monika das Wort ab. »Nur Hirngespinste oder Fälschungen – oder Meteoriten und Satelliten.«
»Mag sein, und genau deshalb wird dies kritisch untersucht. Trotzdem bleiben am Schluss einige unerklärliche Phänomene übrig.«
Sigge nickte zustimmend und spürte einen wohltuend kühlen Luftzug, der die Schwüle auf dieser Terrasse erträglicher machte. »Und warum darf es keine unerklärlichen Phänomene geben? Wir meinen doch, wir müssten alles mathematisch oder physikalisch erklären können. Dabei, sind wir doch mal ehrlich, wissen wir wahrscheinlich nur einen winzigen Bruchteil von dem, was es in der Welt wirklich gibt.«
»Das sagt Alfred auch immer«, warf Ursula ein.
Sigge wollte es dabei nicht belassen. »Warum sich Werner dafür interessiert hat, hat er nicht gesagt?«
»Doch«, erwiderte Alfred, »er hat damals eine ganze Armada im Formationsflug gesehen, nachts am Himmel auf der Alb – auf Stuttgart zu.«
»Doch wohl ganz schön übergeschnappt, was?«, meinte Monika und machte mit der Handfläche eine entsprechende Bewegung vor den Augen, um anzudeuten, dass sie Werner für leicht verrückt hielt.
»Sag das nicht«, verteidigte ihn Alfred. »Letztes Jahr hat’s nur so gewimmelt von diesen Dingern. In fast allen Wochenendnächten hat man irgendwo solche seltsamen Lichter gesehen.«
»Dann haben wir es ja wohl bald mit einer Invasion aus dem All zu tun«, witzelte Sigge, wohl wissend, dass man bei Alfred über solche Themen nicht spaßen dufte.
»Wenn es denn so wäre, ja«, entgegnete er ihm. »Nur lassen sich die meisten Beobachtungen auf ganz simple Weise erklären.« Er sah seine Zuhörer an, die gespannt auf seine Argumentation warteten. »Schon mal was von Himmelslaternen gehört?«
Kopfschütteln.
»Das ist aus Südostasien zu uns rübergeschwappt«, fuhr Alfred übereifrig und schnell fort. »So eine Art Mini-Heißluftballon. Ein Art Teelichtchen sorgt für Hitze und Auftrieb – und schon fliegen die Papierlaternen davon. Die gibt es übrigens in allen Farben. Und wenn mehrere gleichzeitig gestartet werden, treibt sie der Wind auch alle in die gleiche Richtung.«
»Ach, was?«, staunte Sigge. »Hab ich nie gehört und nie gesehen.«
»Die Dinger«, erklärte Alfred, »steigen bis zu 150 Meter hoch – bis eben das Feuer erlischt. Und sie sind am Nachthimmel meilenweit zu sehen.«
»Und du meinst, Werner hat sich damit befasst?«, kam Monika wieder aufs ursprüngliche Thema zurück.
Alfred zuckte mit den Schultern. »Was weiß ich? Jedenfalls hab ich ihm dies auch erklärt, aber er ist gar nicht darauf eingegangen. Er hat Berichte über UFO -Sichtungen aus jüngster Zeit gesucht.«
»Und was hat er dann getan?«, blieb Sigge hartnäckig.
»Ich hab ihn zur Zeitung geschickt. Zu Georg. Der hat sicher die Möglichkeit,
Weitere Kostenlose Bücher