Glaub an die Liebe, Kit
ihm auszugehen.“
„Vielleicht hast du recht.“ Randall seufzte. „Tut mir leid. Es war eine lange Schicht, da verliert man schon mal die Perspektive. Aber wie geht es dir denn?“
Eine Bewegung im Augenwinkel erregte Kits Aufmerksamkeit. Er wandte den Kopf, eiskalter Schweiß breitete sich auf seinem Körper aus, gleichzeitig begannen seine Hände zu kribbeln. Ein Mann mit einem Metalldetektor schlenderte langsam den Strand entlang. Einen Moment trug Kit wieder seine Uniform und beobachtete die Teams seiner Einheit, wie sie die staubige Straße nach Mienen absuchten.
„Kit?“
Randalls Stimme ließ die albtraumhafte Vision verschwinden. „Entschuldige. Es geht mir gut.“ Er streckte und beugte die Finger seiner linken Hand, um das Taubheitsgefühl zu vertreiben. „Sag Lewis, ich besuche ihn morgen.“
„Falls du mich brauchst, ich bin hier.“
„Ich werde es nicht vergessen. Danke.“
Seine Hand zitterte, als er den Hörer auflegte. Ich will es gar nicht wissen, sagte er sich wütend. Dazu besteht auch überhaupt kein Grund.
Rasch verließ er die Bibliothek und machte sich auf die Suche nach Sophie. Plötzlich überkam ihn das furchtbare Gefühl, jede Stunde, jede Minute mit ihr wäre unendlich kostbar, weil ihm nicht mehr viel Zeit an ihrer Seite vergönnt war.
Vor der geschlossenen Tür zum Schlafzimmer blieb er stehen und lehnte den Kopf dagegen, um seine rasenden Gedanken unter Kontrolle zu bringen. Immer mehr schien es in seinem Leben um Kontrolle zu gehen – sich selbst zu kontrollieren, anderen Befehle erteilen. Sein gesamtes Verhalten gründete auf Rationalität. Nicht auf Emotionen.
Und doch erkannte er sich in dem Mann, der er so lange gewesen war, kaum wieder: ein guter Soldat, ein starker Anführer. Wenig war ihm wichtig gewesen, weil er nicht viel zu verlieren gehabt hatte.
Jetzt bedeutete ihm so vieles etwas, dass es ihn fast umbrachte. Und er hatte eine ganze Menge zu verlieren.
Leise klopfte er an die Tür und öffnete. Sophie saß an ihrem Schminktisch und bürstete ihr Haar. Im warmen Abendlicht sah ihre Haut so weich und verführerisch wie Marshmallows aus.
Er trat hinter sie. Weder unterbrach sie ihre Bürstenstriche, noch schaute sie auf. Der vom Alter schon leicht milchig gewordene Spiegel verlieh ihrem Gesicht eine zeitlose ätherische Schönheit, die sie auf einmal unerreichbar wirken ließ. Er musste sich Gewissheit verschaffen, dass sie tatsächlich hier war, dass sie wirklich zu ihm gehörte. Deshalb schob er ihre Haare beiseite, beugte sich vor und küsste sie auf den Nacken.
Sie war das Einzige, was ihn bei Verstand und seine Dämonen in Zaum hielt. Er atmete den warmen Duft ihrer Haut ein. Das taube Kribbeln in seinen Fingerspitzen verschwand.
„Hast du im Krankenhaus angerufen?“, fragte sie leise.
„Hmm“, murmelte er und widmete sich weiter ihrem Hals.
„Wie geht es Lewis?“
„Besser.“
Sie beugte sich ein wenig vor und entzog sich so seinen Liebkosungen. „Was heißt das? Geht es ihm gut genug, dass er nach Hause gehen kann? Oder befindet er sich nicht mehr in Lebensgefahr?“
Er wollte nicht über Lewis nachdenken. Ihre Haut fühlte sich wie Samt an seinen Lippen an. Er schlang die Arme um ihren Leib.
„Irgendetwas dazwischen.“
Sie hob die Hände und legte sie auf seine. Zunächst glaubte er, sie habe seine Gedanken gelesen, doch dann stand sie auf und schob seine Arme von sich.
„Kit hör auf.“
Sofort zuckte er zusammen und machte einen Schritt rückwärts. Sophie hingegen ließ sich auf einen Sessel in der Nähe sinken. Den Kopf hielt sie gesenkt, sodass er ihr Gesicht nicht sehen konnte.
„Was ist los?“
Sie hob die Schultern, blickte aber immer noch nicht auf. „Sag du es mir.“
Seufzend fuhr er sich mit der Hand über die Augen. „Tut mir leid, ich weiß nicht, worauf du hinaus willst. Wird das eines dieser kryptischen Gespräche, in denen ich erraten muss, was in deinem Kopf vorgeht?“
„Vielleicht. Immerhin würdest du dann wissen, wie es sich für mich anfühlt.“
Ihre Stimme klang weich, doch in ihren Worten schwang auch unverkennbar Bitterkeit mit. In seinem Hinterkopf begannen Alarmglocken zu schrillen.
„Und was soll das wieder bedeuten?“, fragte er kälter als beabsichtigt.
„Es bedeutet, ich halte es nicht mehr aus, dass du mich ständig von dir wegstößt und aus deinem Leben ausschließt.“
Kit lachte barsch auf. „Verzeih mir meine Pedanterie, aber hast du nicht gerade mich
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