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Glaub nicht es sei vorbei

Glaub nicht es sei vorbei

Titel: Glaub nicht es sei vorbei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carlene Thompson
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verfallen und hatte zwei Tage lang kein Wort mehr gesprochen, bis man sie aus dem Krankenhaus entlassen hatte. Die Schwestern gaben sich enttäuscht. Sie hatten sie für ein liebes, tapferes Mädchen gehalten. Aber sie hatte sich weder lieb noch tapfer gefühlt. Sie war zornig und entsetzt gewesen, weil sie gestorben und zurückgekommen war wie eines dieser gruseligen, abscheulichen Geschöpfe aus einem Horrorfilm.
    Ungefähr einen Monat nach dem Unfall hatte sie ihre ersten Visionen erlebt. Sie hatten ihr ein wenig Angst gemacht, obwohl nichts Unheimliches an ihnen war. Als Erstes hatte sie einen Ohrring ihrer Mutter, den diese seit einem Monat vermisst hatte, in der Spitze eines ihrer Abendschuhe entdeckt. Von nun an hatte sie oft verlorene Gegenstände lokalisieren können. Sie hatte sogar Mollys Katze Taffy gefunden. Als sie zwölf war, hatte sie einen Mann »gesehen«, der wankend in einer schlecht erleuchteten Straße gestanden und mit einer Person namens Slim gesprochen hatte. Rebekka hatte weder den Mann noch diese Slim gekannt. Sie hatte nur gewusst, dass Slim eine Frau war, die »Ich hasse dich, Earl« gefaucht hatte, bevor sie ein Messer aus der Handtasche zog und wie von Sinnen auf den Mann eingestochen hatte. Das war der Fall Earl Tanner gewesen. Manche Leute hatten sie eine Heldin genannt, weil sie den unschuldigen Mann gerettet hatte, den man für Earls Mörder gehalten und eingesperrt hatte. Andere hatten Angst vor ihr gehabt, sogar sie selbst.
    Rebekka schlug die Augen auf und kehrte in die Gegenwart zurück, in ihr warmes, schönes Zimmer im Ryan-Haus. Sean war irgendwann nachts auf ihr Bett gesprungen. Jetzt berührte er mit seiner schlanken Pfote ihren Arm. Sie streichelte sie und wandte dann behutsam den Kopf, um auf die Uhr zu sehen. Neun Uhr dreißig. Warum hatte man sie ausgerechnet heute, da Molly sie so dringend brauchte, nicht geweckt?
    Wie auf ein Stichwort klopfte es leise an ihre Tür. Wahrscheinlich Betty, die Haushälterin, die sie letzte Nacht begrüßt und zu Bett gebracht hatte. »Herein«, rief Rebekka mit belegter Stimme.
    Ihre Mutter Suzanne stand in der Tür und musste ein Stöhnen unterdrücken. »Tut mir Leid, dass der Hund auf dem Bett liegt«, sagte Rebekka schnell.
    »Das ist doch egal.« Suzanne kam näher. Sie trug einen blassblauen Morgenmantel aus Seide, und der Gürtel, den sie um die Taille geschlungen hatte, verriet, wie entsetzlich dünn sie geworden war. Ihr seidiges blondes Haar war mit silbernen Strähnen durchzogen und ihre Augen wirkten verloren in den violetten Höhlen. »Warum um alles in der Welt hast du mich letzte Nacht nicht geweckt?«
    Als Clay Rebekka gestern nach Hause gebracht hatte, war ihre Mutter schon zu Bett gegangen. Wie konnte sie schlafen, wenn Todd vermisst wurde?, hatte Rebekka sich gewundert. Dann hatte sie sich daran erinnert, dass ihre Mutter ja nicht ganz »auf der Höhe« war. Suzanne hatte zweifellos zur Flasche gegriffen, als sie von Todds Entführung erfahren hatte, und war daher um Mitternacht wahrscheinlich nicht mehr in der Lage gewesen, sich auf den Beinen zu halten. »Ich wollte dich nicht stören«, antwortete Rebekka.
    »Aber du hattest einen Unfall. Betty hat's mir gesagt. Dein Kopf ...«
    »Nur ein paar Kratzer, Mutter, und blaue Flecke. Nichts gebrochen.«
    »Du hättest tot sein können!«
    Rebekka wunderte sich über die Leidenschaft in ihrer Stimme. Der Hauptgrund, weswegen sie damals nach New Orleans geflüchtet war, war die frostige Abneigung ihrer Mutter gewesen, die es ihr verübelt hatte, dass sie Jonnie nicht hatte finden können. Ihr Verhältnis war noch nie ein besonders inniges gewesen, aber Rebekkas außersinnliche Fähigkeiten hatten es gänzlich zerstört. In den Jahren danach hatte sich Suzanne immer mehr dem Alkohol zu- und von ihrer Tochter abgewandt. Sie hatten sich so sehr auseinander gelebt, dass Rebekka angenommen hatte, Suzanne denke nicht mehr groß über sie nach.
    »Wirklich, es geht mir gut.«
    Suzanne sah plötzlich wütend drein. »Man hätte mir das letzte Nacht sagen müssen! Niemand sagt mir etwas. Alle in diesem Haus wollen mich schonen.«
    »Es gab überhaupt keinen Grund, dich auch noch mit meinem Missgeschick zu belasten. Das mit Todd ist schon schlimm genug«, sagte Rebekka.
    »Todd! Guter Gott.« Suzanne kam näher und setzte sich auf die Bettkante. Aus der Nähe sah ihre Haut durchscheinend und angegriffen aus. »Ich kann es einfach nicht glauben, dass er entführt worden ist, Rebekka.

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